Angeln am Romsdalsfjord: Norwegens fischreiches Angelparadies

Um brachiale Bisse und beinharte Drills mit rasanten Fluchten zu erleben, die Gerät und Nerven auf eine harte Probe stellen, muss man nicht in ferne Länder nahe des Äquators reisen – all das kann man auch in Norwegen erleben. Zum Beispiel beim Angeln am Romsdalsfjord. Matze Wendt und Waldo Krause machten sich im Sommer auf den Weg an diesen fischreichen Fjord, der unter Norwegen-Kennern einen legendären Ruf genießt.

Das Angeln am Romsdalfjord beeindruckt mit landschaftlichem Reiz und großem Fischreichtum. Foto: M. Wendt

Das Angeln am Romsdalfjord beeindruckt mit landschaftlichem Reiz und großem Fischreichtum. Foto: M. Wendt

Bereits die gut sechsstündige Autofahrt von Oslo nach Åndalsnes am Romsdalsfjord ist schon ein Erlebnis für sich. Spätestens als wir in den Bergen bei Dombås die E6 verlassen und auf die nach Nordwesten führende E136 abbiegen, wird uns klar, weshalb diese Gegend bei Norwegen-Fans so beliebt ist: Je weiter wir nach Westen gelangen, desto spektakulärer erscheint uns die Landschaft, die uns hier umgibt. Und obwohl wir es eigentlich gar nicht erwarten können, endlich das Abenteuer Angeln am Romsdalsfjord zu starten, fahren wir so langsam wie möglich, um die Eindrücke aufsaugen zu können. Deshalb erreichen wir auch etwas später als geplant unser Ziel am Südufer des Fjords.

Gleich nach unserer Ankunft auf dem Campingplatz Måna Camping am Südufer des Fjords beziehen wir eilig unsere gemütliche Hütte und tuckern kurz darauf mit dem Boot eines einheimischen Fischers auf den Fjord hinaus, der in diesem Bereich nur etwa drei Kilometer breit ist. Mit an Bord ist unser norwegischer Gastgeber Odd, der mit etwas mitleidigem Blick unser Angelgerät begutachtet, das heute aus 80-Gramm-Spinnruten, 4000er Stationärollen und 0,15er Geflochtener besteht.

Zuhause verwenden wir diese Gerätekombination für das Angeln mit Gummifisch auf Zander in Flüssen wie der Elbe. Doch für norwegische Verhältnisse kann dieses Gerät als ausgesprochen leicht bezeichnet werden, zumal wir im Salzwasser angeln und es hier – wie sich schon bald herausstellen wird – mit ausgesprochen kampfstarken Gegnern zu tun bekommen werden.

Angeln am Romsdalsfjord – Irgendwo im Mittelwasser

Mitten auf dem Fjord stoppt unser Skipper plötzlich den Motor. Ein kurzer Blick auf das Echolot verrät: Unter uns ist das Wasser knapp 250 Meter tief. Und irgendwo dort unten im Mittelwasser sollen sie also ihr Unwesen treiben – die Köhler, oder auch Seelachse genannt, die diesen Fjord besonders unter deutschen Anglern so berühmt gemacht haben.

Das Meeresangeln in Norwegen ist eigentlich immer etwas Besonderes – ganz gleich, wo, wann und welchen Köder man dort zu Wasser lässt. Unsere Köderwahl fällt heute auf 75 Gramm schwere Pilker, deren Aussehen an Sprotten oder kleine Heringe erinnert, die sich vom Frühsommer bis zum Herbst in großen Mengen im Fjord befinden. Wie wir später noch erfahren werden, ist das reiche Vorkommen dieser Futterfische auch der Grund dafür, dass die Köhler hier in solch beachtlichen Mengen und Größen vertreten sind.

In Kombination mit der relativ dünnen Geflochtenen lassen sich diese Köder bei wenig Winddrift und Strömung problemlos auf Tiefen von über 60 oder 80 Meter bringen – also genau dorthin, wo die Romsdal-Köhler auf der Suche nach Beute zurzeit umherziehen sollen.

Fischesser schätzen sein Filet, Angler auch die Kampfkraft des Seelachses. Foto: BLINKER/L. Berding

Fischesser schätzen sein Filet, Angler auch die Kampfkraft des Seelachses. Foto: BLINKER/L. Berding

Als ich meinen Pilker zum ersten Mal ins Rennen schicke, bin ich etwas verwirrt, als die Schnur nach etwa 15 Sekunden nicht mehr von der Rolle läuft. Seltsam, dabei ist es hier doch über 200 Meter tief. Was ist da los? Nachdem ich den Rollenbügel umgeklappt und hastig etwas Schnur aufgenommen habe, wird plötzlich die Rutenspitze nach unten gerissen – nein, eigentlich die ganze Rute! Obwohl die Bremse nahezu geschlossen ist, zerrt mir dort unten etwas mit unglaublicher Kraft und überraschend hoher Geschwindigkeit meterweise Schnur von der Spule. Ehe ich nach den ersten Schrecksekunden wirklich realisiert habe was gerade passiert, sind sicher 30 oder 40 Meter weg.

Der Fisch ist nicht zu bremsen, ich kann nur gegenhalten und hoffen, dass mir nicht die Rute aus den Händen gerissen wird. Kurz darauf, inzwischen sind von meiner Rollenspule bestimmt gut 60 Meter Schnur in den Tiefen des Fjords verschwunden, stoppt der Fisch und lässt sich anschließend ein ganzes Stück nach oben zwingen. Doch die vermeintliche Verschnaufpause findet Sekunden später ein jähes Ende. Die mühsam gewonnenen Meter werden wieder von der Rolle gerissen und müssen anschließend erneut erkämpft werden. Doch etwa 15 Minuten und einige weitere Fluchten später hat der Fisch sein Pulver verschossen und lässt sich schließlich bis an die Wasseroberfläche holen. Mein erster Romsdal-Köhler – und mit etwa 12 Kilo auch ein relativ großes Exemplar, deutlich über dem Durchschnitt!

Wo ein Köhler ist, da sind auch mehrere und versprechen tolle Fänge. Foto: M. Wendt

Wo ein Köhler ist, da sind auch mehrere und versprechen tolle Fänge. Foto: M. Wendt

Tempo, Tempo!

Zugegeben, den ersten Fisch unserer Tour an den Romsdalsfjord haben wir eher zufällig gefangen. Aber es geht auch gezielt. Da Köhler hauptsächlich pelagisch leben, sich also im Freiwasser aufhalten, ist es jedoch nicht immer ganz leicht, die Fische zu lokalisieren. Ein Echolot kann dabei natürlich gute Dienste leisten, jedoch sind besonders die großen Exemplare auch mit diesem meist recht schwer zu erkennen, da sie häufig in nicht allzu großen Schwärmen unterwegs sind. Hinzu kommt, dass große Köhler eine Vorliebe für tiefes Wasser haben. Um sie dort aufzuspüren, muss man nahezu alle Wasserschichten mit seinem Köder absuchen.

Eine sehr effektive Methode ist deshalb das so genannte Speedpilken, bei dem es sich um eine abgeleitete Form des Speed Jiggings handelt. Letzteres wird gerne beim Angeln auf in südlichen Gefilden vorkommende „Heißsporne“ wie Tunfisch oder Giant Trevally eingesetzt, die jedoch noch wesentlich mehr Geschwindigkeit bei der Köderführung brauchen, als es bei Köhlern der Fall ist. Das Prinzip ist aber grob gesehen dasselbe: der Pilker wird mehr oder weniger weit abgelassen, meist auf eine Tiefe von 50 bis 100 Metern. Anschließend holt man ihn möglichst schnell wieder ein – und mit „schnell“ meine ich auch schnell. Dass hierfür eine Rolle mit relativ hoher Übersetzung erforderlich ist, dürfte klar sein. Gleichzeitig sollte sie aber auch stabil sein und über eine sauber arbeitende Bremse verfügen. Die Bisse kommen bei dieser Methode nämlich grundsätzlich brachial und aus heiterem Himmel, verhaltene Bisse und kurze Anfasser sind eher die Ausnahme.

Schlanke Speedpilker sind die richtigen Köder für einen erfolgreichen Köhlertag. Foto: M. Wendt

Schlanke Speedpilker sind die richtigen Köder für einen erfolgreichen Köhlertag. Foto: M. Wendt

Raubfische reagieren häufig sehr gut auf Spinnstopps, sowie auf anschließendes Beschleunigen des Köders. Und genau darauf baut auch das Prinzip des Speedpilkens auf, denn der Versuch, Köhler mit einem langsam geführten Köder aus der Reserve zu locken, wird in der Regel nicht zum Erfolg führen. Die Fische werden auf den schnell geführten Köder zunächst wahrscheinlich gerade deshalb aufmerksam, weil er auf sie wie ein rasant flüchtender Beutefisch wirkt, der sich aus dem Schwarm entfernt. Der Beißreflex wird jedoch vor allem dann ausgelöst, wenn sich an der schnellen Fluchtbewegung schlagartig etwas ändert. Der Köder stellt dann für einen kurzen Augenblick die perfekte Zielscheibe für einen Angriff dar und es wird schnell zugepackt!

Der Romsdalsfjord ist wunderschön und artenreich

Beim Angeln im Romsdalsfjord wird Ihr Köder mit hoher Wahrscheinlich recht häufig zu einer solchen Zielscheibe werden. Wir fangen an diesem Tag eine ganze Reihe dieser temperamentvollen Fische, die allesamt zwischen 5 und 12 Kilo wiegen – und die wir größtenteils wieder zurücksetzen. Die vielen Erlebnisberichte von begeisterten Romsdalsfjord-Fans haben sich bestätigt. Auch wir haben jetzt am eigenen Leib erfahren, weshalb das Angeln in diesem Fjord zum Aufregendsten gehört, was man als Meeresangler in Norwegen erleben kann – und das alles ganz ohne meterhohe Wellen oder lange Ausfahrten zu weit vor der Küste gelegenen Fischgründen. Denn der Romsdalsfjord ist ein relativ geschütztes Revier, das auch bei hartem Wind und Wetter noch beangelt werden kann.

Der Romsdalfjord in West-Norwegen ist bekannt für seine kapitalen Köhler. Die Hauptsaison für diese Fische sind die warmen und sonnigen Sommermonate. Aber auch das Angeln in der Nebensaison lohnt ungemein – und ist billiger als in der Hauptsaison. Foto: M. Wendt

Der Romsdalfjord in West-Norwegen ist bekannt für seine kapitalen Köhler. Die Hauptsaison für diese Fische sind die warmen und sonnigen Sommermonate. Aber auch das Angeln in der Nebensaison lohnt ungemein – und ist billiger als in der Hauptsaison. Foto: M. Wendt

Am Abend schmerzen unsere Arme so sehr, dass wir uns vornehmen, am nächsten Tag erstmal auf andere Fischarten zu angeln. Denn auch dazu bietet der Romsdalsfjord reichlich Möglichkeiten: Arten wie Dorsch, Pollack, Heilbutt, Leng, Lumb, Rotbarsch, Makrele, sowie Meerforelle und Lachs sind in diesem Traumrevier nahezu überall und jederzeit möglich. Und auf keinen Fall sollten Sie vergessen, die einzigartige Landschaft zu genießen, die diesen wunderschönen und beeindruckenden Fjord im Herzen Norwegens säumt.


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