Multirolle: Kraftpakete im Einsatz

Gerade, wenn hohe Belastungen auf das Angelgerät zukommen, ist die Multirolle prädestiniert. Wir zeigen, worauf es bei diesen Rollen ankommt.

Multirolle

Bild: R. Korn

Gerade im Meer, oder wo sonst starke Belastung auf das Material wartet, punktet die Multirolle.

Was ist eine Multirolle?

Neben Stationär- und Fliegenrollen ist die Multirolle der dritte, häufig verwendete Rollentyp beim Angeln. Im Gegensatz zur Stationärrolle, bei der die Spule fixiert ist und der Schnurfangbügel die Schnur darauf aufwickelt, dreht sich bei Multirollen die Spule selbst und spult so die Schnur auf. Multirollen sind durch ihre kompakte Bauweise und die beidseitige Lagerung der Spule robuster und kraftvoller als Stationärrollen.

Charakteristika von Multirollen

Eine Multirolle besteht aus mehreren wichtigen Komponenten:

  • Spule: Hier findet die Schnur Platz. Dadurch, dass sich die Spule durch das Kurbeln des Anglers dreht, wird Schnur aufgespult.
  • Getriebe: Verantwortlich für die Übersetzung der Kraft, die beim Kurbeln auf die Schnur wirkt. Eine geringere Übersetzung wickelt die Schnur langsamer, aber kraftvoller auf die Spule auf. Manche Multirollen haben auch zwei Gänge, sodass der Angler zwischen 2 verschiedenen Übersetzungen wechseln kann.
  • Bremsmechanismus: Zum Regulieren des Abzugswiderstandes der Schnur von der Spule. Multirollen haben in der Regel entweder eine Sternbremse (Sternrad) oder eine Schiebebremse (Schieberegler) zum Einstellen der Bremskraft. Bei der Schiebebremse wird über ein kleines Rädchen die Bremse voreingestellt, und kann dann über den Schieberegler verstellt werden.
  • Klicker/Ratsche: Kleiner Schalter, zum Einschalten der Ratsche. Ist sie eingeschaltet, ertönt ein lauter Ton, wenn sich die Spule dreht.
  • Korpus: Der Hauptkörper, der die Teile der Rolle zusammenhält. Er besteht entweder aus Kunststoff oder Metall.
  • Schnurführung: Über ein Schneckengetriebe von links nach rechts laufende Konstruktion, die die Schnur beim Kurbeln automatisch auf der Spule verlegt. Bei Multirollen ohne Schnurverlegung wird die Schnur mit den Händen/Fingern auf der Spule verlegt.
  • Tiefenzähler: Nicht bei allen Multirollen vorhanden; zeigt an, wieviel Schnur abgelaufen ist.
Star + Lever Drag

Bild: R. Korn

Links: Multirolle mit Sternbremse, rechts: Schiebebremse.

Einsatzzwecke der Multirolle

Multirollen eignen sich vor allem für folgende Angeltechniken:

1. Spinnfischen

Gewöhnliche Multirollen sind nicht zum Auswerfen ausgelegt. Beim Spinnfischen kommt daher die speziell entwickelte Baitcaster- Multirolle zum Einsatz. Diese Rollen haben eine Magnet- oder Fliehkraft-gebremste Spule, die ein Überschlagen während des Werfens verhindern soll und erlaubt damit präzise Würfe und Köderführung. Eine Baitcaster-Multirolle muss immer zum vorgesehenen Einsatzzweck (insb. Ködergewicht) passen.

Werfen Multi

Bild: F. Pippardt

Gerade Hechtangler schätzen die Baitcaster-Multi für schwere Köder.

2. Trolling

Beim Trolling ist die Multirolle sehr beliebt – sowohl im Süß- als auch Salzwasser. Durch die robuste Bauweise hält eine Multirolle großen Belastungen beim Schleppangeln besser stand als eine Stationärrolle. Große Köder, und insbesondere Wobbler entwickeln beim Schleppen einen großen Zug, der dabei auf die Rolle wirkt. Bei großen Fischen ist auch die hohe Schnurfassung von Multirollen ein entscheidender Faktor beim Schleppangeln. Der verbaute Klicker in einer Multirolle dient beim Schleppangeln zudem auch als Bissanzeiger. Nicht zuletzt erlaubt die Multirolle auch ein kontrollierteres Ablaufen der Schnur, wenn der Köder vom fahrenden Boot ausgelegt wird. Dadurch, dass die Schnur nicht wie bei einer Stationärrolle am Schnurlaufröllchen umgelenkt wird, haben Multirollen auch einen kraftvolleren Einzug, was beim Einholen vom fahrenden Boot oder auch im Drill starker Fische relevant wird.

Multirollen Big Game

Bild: Adobe Stock / lunamarina

Meeresangeln und Schleppen: Hier wird das Material stark belastet und hohe Schnurreserven sind nötig, daher sind dies ideale Einsatzgebiete für eine Multirolle.

3. Meeresangeln

Vor allem beim Angeln vom Boot ist die Multirolle beim Meeresangeln oft die beste Wahl, sofern nicht ausgeworfen werden muss. Sei es in Norwegen oder in tropischen Gefilden. Multirollen haben die nötige Schnurfassung zum Angeln in großen Tiefen oder auf große Zielfische, sie erlauben ein kontrolliertes Ablassen der Schnur, haben einen kraftvollen Einzug, der auch schwere Montagen, Gewichte oder Fische sicher an die Oberfläche befördert und sie halten den harten Belastungen beim Meeresangeln besser stand als die meisten Stationärrollen.

4. Welsangeln

Beim Angeln auf die Uriane werden die Montagen meist ohnehin mit dem Boot ausgebracht, sodass eine Multrolle sich hier perfekt anbietet. Multirollen fassen ausreichend Schnur zum Welsangeln und halten den Belastungen beim Drill der kampfstarken Fische stand.

Wels Rolle Angeln

Bild: W. Krause

Auch beim Welsangeln ist die Multirolle perfekt aufgehoben.

Wie wählt man die richtige Multirolle aus?

1. Schnurfassung

Je nach Revier und Zielfisch benötigen Sie andere Lauflängen an Schnur auf der Rolle. Während man im Süßwasser meist mit einem überschaubaren Schnurvorrat zurechtkommt, benötigt man gerade beim Meeresangeln oft entschieden mehr Schnur. 300 Meter dürfen es da in der Regel auf jeden Fall sein. Wer in besonders großen Tiefen oder auf extrem kampfstarke Hochseefische angelt, sollte eher in Richtung 500 Meter Schnur (oder mehr) auf der Rolle haben.

2. Übersetzung

Die Übersetzung einer Multirolle gibt an, wie oft die Spule sich dreht, wenn man die Kurbel einmal dreht. Eine hohe Übersetzung ermöglicht eine schnellere Schnuraufnahme, bietet jedoch einen weniger kraftvollen Einzug. Baitcaster-Multis haben nicht selten recht hohe Übersetzungen (oft 6:1 oder 7:1), diese Rollen sind aber zum einen für das aktive Fischen konzipiert und zum anderen eher klein, sodass die hohe Übersetzung notwendig wird, um einen ausreichenden Einzug zu erreichen. Viele Meeresmultirollen bewegen sich im Bereich von ca. 4:1, was ein gute Mittelmaß bedeutet. Gerade sehr große Multirollen für den Big Game Bereich (ab ca. 30lb oder 50lb-Schnurklasse) gibt es wahlweise auch mit Zweigang-Getriebe.

Jig Rolle HB

Bild: R. Korn

In den letzten Jahren sind auch in Norwegen kleine, hoch übersetzte Vollmetall-Multirollen voll im Trend. Diese Rollen stammen ursprünglich aus der Angelei im warmen Salzwasser, punkten aber auch im Norden!

3. Bremse

Im Regelfall sollte die eingestellte Bremskraft an der Rolle 1/3 der Schnurtragkraft nicht übersteigen, damit auch bei schnellen Spannungsspitzen durch plötzliche Fluchten oder Kopfschläge des Fisches Schnur freigegeben wird, bevor diese reißt. Die meisten Multirollen haben mehr als genug Bremskraft, um mit den üblichen Zielfischen fertig zu werden. Die maximale Bremskraft (bei manchen Multirollen bis 30 kg und mehr) stellt äußerst selten einen Bremskraftbereich dar, der beim Angeln tatsächlich genutzt wird, auch bei sehr großen Fischen. Wichtiger als die reine Bremskraft in Kilogramm ist, dass die Bremse ruckfrei läuft und schnell anspricht ohne zu blockieren. Das wird vor allem durch hochwertige Bremsscheiben (Carbon/Kohlefaser) erreicht.

Bei Multirollen findet man vorwiegend 2 verschiedene Bremssysteme: Die Sternbremse (Star Drag) und die Schiebebremse (Lever Drag). Bei der Sternbremse wird durch Drehen am Sternrad (zwischen Kurbel und Rollengehäuse) die Bremskraft eingestellt. Durch ein Ritzel wird die Bremskraft auf die Spule übertragen. Bei Schiebebremsen befindet sich das Bremssystem im Inneren der Rolle/Spule. Durch das Verschieben des Bremshebels (Lever) wird die über ein Einstellrad voreingestellte Bremseinstellung bei diesen Rollen verändert. Da Schiebebremsen auf beiden Seiten der Spule bremsen können, sich bei starken Fluchten weniger leicht erhitzen und das Handling dieses Brems-Typen insgesamt einfacher ist, haben sich Lever-Drag-Bremsen vor allem bei den hochwertigen und Großfisch-Multirollen etabliert. Günstigere Multirollen, aber auch Baitcaster sind in der Regel mit einer Sternbremse ausgestattet.

Schiebebremse Multi

Bild: R. Korn

Die Schiebebremse bietet ein einfacheres Handling als Sternbremsen und weniger Risiko, dass man die Bremse aus Versehen verstellt. Die Voreinstellung erfolgt über das kleine Drehrad neben dem Bremshebel.

4. Weitere Austattung

Viele Multirollen sind mit weiteren Features ausgestattet, etwa einer automatischen Schnurführung. Diese verlegt die Leine automatisch durch ein Schneckengetriebe auf der Spule. Während eine Schnurführung die Schnurverlegung auf der Multirolle automatisiert und das Angeln so angenehmer macht, ist eine Schnurführung immer auch eine Schwachstelle. Rollen mit Schnurführung sind daher nur für das leichtere Angeln und nicht für schwere Belastungen (wie etwa schweres Tiefsee- oder Big Game Angeln) geeignet. Daneben gibt es auch Multirollen mit einem Schnurzähler, was gerade beim Angeln vom Boot sinnvoll sein kann. Wer in extremen Tiefen angeln möchte, kann sich auch den Kauf einer elektrischen Multirolle überlegen. Insbesondere das Einholen der Montage zur Köderkontrolle usw. aus großen Tiefen geht damit sehr schnell und komfortabel. Elektrische Multirollen liegen preislich bei etwa 500€ und aufwärts.

Multirolle Schnurzähler

Bild: Adobe Stock / Yuliya

Schnurzähler können ein sinnvolles Feature an einer Multirolle sein, um zu bestimmen, wieviel Schnur ausgelegt wurde. Diese Multirolle hier besitzt außerdem eine automatische Schnurführung.

Elektro Multi

Bild: R. Korn

Für das Angeln in besonders großen Tiefen könnte auch eine Elektro-Multi eine Überlegung wert sein. Das Hochholen der Montage ist damit um ein Vielfaches einfacher und schneller als mit einer manuellen Multirolle.

Multirollen linkshand vs. rechtshand

Linkshand (LH) Multirolle

Linkshändige Multirollen sind so konzipiert, dass sie mit der linken Hand bedient werden. Die Handhabung dieser Multirollen ist somit identisch zu der von Stationärrollen. Das heißt: Hier befindet sich die Rute in der rechten Hand und die Kurbel der Rolle in der linken Hand.

Rechtshand (RH) Multirolle

Sie werden mit der rechten Hand bedient, wobei sich die Rute in der linken Hand befindet. Diese Art von Multirolle ist insbesondere im Big Game Bereich beliebt, da Rechtshänder hier die kräftigere Rechte Hand zum Kurbeln verwenden können. Zum Beispiel in den USA ist der Einsatz von Rechtshand-Multirollen sehr gebräuchlich, auch abseits vom Hochseeangeln.

Big Game Drill

Bild: R. Korn

Gerade im Big-Game-Bereich sind die meisten Multirollen Rechtshand-Modelle.

Häufige Fragen zur Multirolle

Was kostet eine gute Multirolle?

Die Preise für Multirollen können stark variieren, von etwa 50 Euro für Einstiegsmodelle bis hin zu mehreren hundert Euro für High-End-Modelle. Hochwertige Modelle halten den Belastungen, insbesondere beim Meeresangeln jedoch meist viel besser und länger stand als günstige Modelle und können den Angler über Jahre begleiten. Allerdings gibt es auch recht preiswerte Multirollen-Modelle (z.B. Shimano TLD-Serie), die schon bei einem überschaubaren Preis eine wirklich gute Performance liefern.

Sind Multirollen besser als Spinnrollen?

Das hängt von Ihrer Angeltechnik ab. Spinn- bzw. Stationärrollen sind für die meisten Angler einfacher zu bedienen und sie erlauben weite Würfe. Wird das Gerät jedoch stark belastet oder ist eine große Schnurreserve nötig, ohne, dass ausgeworfen werden muss, ist die Multirolle meist die bessere Wahl.

Was muss ich bei einer Multirolle noch beachten?

Wichtig ist bei der Multirolle insbesondere, dass auch die Rute, die damit gefischt werden soll, für Multirollen ausgelegt ist. Anders als die Stationärrolle, die an der Rute hängt, sitzt die Multirolle oben auf der Rute. Die Beringung der Rute muss hier entsprechend für Multirollen ausgelegt sein. Multirollen-beringte Ruten haben in der Regel eine engere, niedriger sitzende Beringung, die verhindert, dass die Schnur im Drill Kontakt mit dem Rutenblank bekommen kann und auch meist einen speziellen Rollenhalter (T- oder Trigger-Griff).

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