Geplantes Angeln auf Graskarpfen kann für Kopfzerbrechen sorgen – vor allem an spärlich besetzten und sehr nahrungsreichen, sprich krautreichen Gewässern, denn im Gegensatz zu Spiegel- oder Schuppenkarpfen gehört der Amur zu den überzeugten Vegetariern. In glasklaren und damit auch oftmals extrem pflanzenreichen Gewässern leben diese Fische wie im Schlaraffenland. Häufig wurden sie nur aus einem Grund in diese Gewässertypen integriert: Sie sollten den starken Pflanzenwuchs im Zaum halten. In der Regel ging dieser Plan nicht so perfekt auf. Grasfische mögen zwar äußerst effiziente Fressmaschinen sein, doch leider sind sie extrem schlechte Nahrungsverwerter. Nur ein sehr kleiner Anteil ihrer Nahrung (etwa 10 Prozent) wird von ihnen wirklich komplett verwertet. Das Gros des Grünzeugs scheiden sie wieder aus. Dadurch fördern sie vielmehr den erneuten Pflanzenwuchs, als ihn auf Dauer zu verringern.
Graskarpfen angeln: Nutzt das Sommerloch!
Grasfische sind unheimlich Wärme liebende Kreaturen. Je heißer der Sommer ist, desto aktiver werden diese Fische. Sommerliche Hochdruckphasen und entsprechend hohe Wassertemperaturen sind für sie – im Gegensatz zu vielen anderen Fischarten – absolut kein Problem. Ganz im Gegenteil: Mit jedem einzelnen Grad Celsius Wassertemperatur mehr, schnellt auch ihr Appetit weiter in die Höhe. Von wegen Sommerloch – jetzt ist Graskarpfen angeln angesagt! Sofern ich meinen Ansitz im Voraus planen kann, lege ich großzügige Futterplätze an. Hierzu koche ich Hartmais ab und lasse ihn in einem großen Eimer im Garten oder auf der Terrasse reifen. Bedenken Sie bitte, dass die Partikel noch deutlich aufquellen werden. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass die gelben Körner vollständig mit dem Kochwasser bedeckt werden. Die direkte Sonneneinstrahlung und ein bis zwei Tage Zeit sind hierfür genau richtig gewählt. Ein leicht säuerlicher Geruch ist der Garant für den perfekten Reifegrad, denn exakt hierauf fahren die Fische ab.
Da Grasfische liebend gern in größeren Gruppen patrouillieren, füttere ich meist etwas reichlicher vor. Ein mehrere Quadratmeter großer Futterplatz hat sich in den meisten Fällen als äußerst probates Mittel herausgestellt. Je nach Gewässergröße reichen zwei bis drei Vorfütterungen vollkommen aus, um die Fische konzentriert auf einen Platz zu locken.
Graskarpfen „picken“ ihre Nahrung vom Grund
Im Gegensatz zum herkömmlichen Karpfenfischen fallen die Bisse beim Graserangeln meist sehr zaghaft aus. Hintergrund: Graser saugen ihre Nahrung nicht ein, wie wir es von normalen Karpfen her gewohnt sind, sondern sammeln sie vielmehr auf. Im Falle eines Teppichs aus Hartmais „picken“ sie fortwährend und leicht nach vorne gebeugt am Grund herum. Nahrungsaufnahme und deren Zerkleinerung laufen in einem einzigen Arbeitsgang ab. Gleichzeitig bedeutet dieser Umstand auch, dass Graser daher oftmals keinerlei „Schluckpausen“ einlegen, sich beim Fressen also sehr viel seltener wieder aufrichten. Bemerken sie hierbei allerdings den Widerstand unserer Selbsthakmontage und des dazugehörigen Bleigewichtes, spucken sie das aufgenommene Futter samt Hakenmontage sofort wieder aus. Ein zaghaftes, kurzes Ruckeln unserer Rutenspitze ist gewöhnlich alles, was wir davon mitbekommen. Nur selten können Sie mit einem rasanten Fluchtbiss rechnen. Die Grasermäuler sind zu hart, als dass hierbei ein Haken gut und sicher eindringen könnte.
FC-Rig und einfache Bleimontage
Hierauf abgestimmte Montagen erleichtern die Bisserkennung und erhöhen die Ausbeute. Ich verwende beim Angeln auf Graskarpfen ein Fluorocarbon-Rig, das ich mit einer sehr einfachen Bleimontage kombiniere. Das Hakenvorfach aus Fluorocarbon ist unter Wasser nahezu unsichtbar. Ich knote es an einen hochwertigen Wirbel der Standardgröße 8. Mein deutlich über 100 Gramm schweres Blei befestige ich an einem etwa 20 Zentimeter langen Stück Fluorocarbon eines schwächeren Durchmessers. An die zweite Seite des Wirbels knote ich dann sowohl meine Hauptschnur als auch meine Bleimontage. Der Seitenarm des Bleies bewirkt, dass der Amur beim Anbiss mehr Bewegungsspielraum erhält – ohne dabei direkt mit dem Gegengewicht des Bleies konfrontiert zu werden. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ist der Anbiss für mich klar und deutlich erkennbar.
Zur Bisserkennung verwende ich sehr leichte optische sowie sensible elektronische Bissanzeiger. Die optischen Anzeiger, sogenannte Bobbins, hänge ich in meine abgesenkte und nur leicht gespannte Hauptschnur ein.
Trickreich angeln an der Oberfläche
Während der heißen Zeit des Tages sonnen sich die Graser häufig an der Oberfläche. Das Angeln am Gewässergrund macht somit nur wenig Sinn. Mein Hauptaugenmerk gilt den Fischen, die sich nicht nur träge sonnen, sondern an der Oberfläche hin und her patrouillieren.
Aber Achtung, Graser können sehr gut sehen. Verhalten Sie sich so unauffällig wie möglich. Insbesondere, wenn die Fische schon häufig beangelt wurden, sind sie zudem auch noch extrem vorfachscheu. Fluorocarbon kann in diesen Fällen leider auch nicht für eine echte Abhilfe sorgen. Sofern das Vorfach auf der Oberfläche liegt, nehmen es die Graser scheinbar trotzdem wahr. Hier hilft nur ein Vorfach, das die Wasseroberfläche gar nicht berührt. Immens zweckdienlich ist ein spezieller Oberflächenpilot, der sogenannte Kruiser. Er bewirkt, dass das Schnurende, das zum Haken führt, nach oben austritt und mit der Wasseroberfläche zunächst nicht in Kontakt kommt. Wenn Sie zudem eine schwimmende Hauptschnur verwenden und diese leicht gekringelt in Klangen auf der Oberfläche liegt, schöpft selbst das schärfste Grasfischauge keinen Verdacht mehr.
Zum Oberflächenangeln verwende ich am liebsten die Krusten von Brötchen oder Weißbrot. Diese Köder sind nicht nur zäh genug, um einen kräftigen Wurf zu überstehen, sie schwimmen auch sehr gut und lange. Zudem werden sie von den Fischen ohne längere Gewöhnungsphasen direkt als Nahrung akzeptiert.
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Mein geheimer Favorit zum Angeln auf Graskarpfen: Dill!
Ein guter Freund hat mir in Sachen Oberflächenangelei einen tollen Tipp gegeben: „Du musst unbedingt mal Dill ausprobieren.“ Dieser pflanzliche Attraktor hat sich als äußerst Fang fördernd herausgestellt. Mithilfe von Zahnseide wickle ich ihn ganz einfach in meine Brötchenköder ein. Zur Tarnung ziehe ich noch ein kleines Stückchen direkt auf den Haken – und der Topköder für die Oberflächenfischerei ist perfekt.
Durch seine enorme Anziehungskraft verwende ich Dill mittlerweile auch als Attraktor an meinen Bodenködern. Ich schneide den frischen Dill zuerst in kleine Stückchen. Dann zermahle ich ihn mit einem kleinen Mörser. Mit der Dillmasse präpariere ich schon im Vorfeld eine kleinere Portion des gelben Saatguts. Den zerriebenen Dill gebe ich ganz einfach zum bereits zubereiteten Futtermais. In einer Köderdose abgefüllt, mische ich das Ganze gut durch und lasse den Dill über Nacht einwirken. Am nächsten Tag ist der fängige Dill-Mais angelfertig. Beim Angeln selbst verwende ich ihn als Hakenköder, dem ich dann noch eine kleine Extraportion dieses besonderen Köders – in einem PVA-Beutel verpackt – mit auf den Weg gebe.
Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 08/2012. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!