Schnüre. Ein Thema weit am Rande unseres emotionalen Orbits. Auf der Prioritätsliste für Serotoninausschüttung stehen Schnüre ganz knapp vor „Wasserkocher“ auf Platz 87 und distanzieren sich lediglich deshalb von Haushaltsgegenständen, weil sie als notwendiges Übel für den Fischfang in der „Spiel, Spaß und Hobby“-Abteilung unseres Hirns abgespeichert werden müssen.
Dennoch ist die Bereitschaft, einen Fuffi für zwei neue Wobbler – Anglers LEGO – auszugeben, exorbitant größer, als denselben Betrag in eine neue Schnur zu stecken. Logisch betrachtet ist das unlogisch. Eine gute geflochtene Angelschnur kann unsere Angelei enorm verbessern. Je dünner und stärker, desto weniger Widerstand in den Ringen und im Wasser. Desto weiter werfen wir und desto leichtere Bleigewichte können wir wählen. Nur ist „Logik“ das falsche Leitmotiv im bauchgefühlgetriebenen Hobbybereich. Das weiß jeder, der wegen gestiegener Gurkenpreise gemüselos aus dem Aldi spaziert, um die gesparte Kohle dann für 15 Euro-Karpfenkugeln im Angelshop um die Ecke zu verpulvern.
Bild: Florian Pippardt
Besonders beim Meeresangeln – hier eine Rolle fürs Tiefseeangeln auf Leng und Lumb – ist der Schnurdurchmesser entscheidend. Kleine Abweichungen führen dazu, dass wir ein halbes Kilo Blei mehr montieren müssen.
Test geflochtene Angelschnur: Tragkraft? Passt! Durchmesser? Oh Gott…
Wer sich dennoch entscheidet, Geld für eine hochwertige Schnur auszugeben, hat schon den ersten Schritt gemacht. Eine Frage liegt auf der Hand: Was genau ist eine „hochwertige“ Schnur überhaupt – und wie in aller Welt soll man die Spreu vom Weizen trennen, wenn das Angebot im Angelladen so abnorm groß ist? Das ist wirklich schwer und dazu kommen wir später. Zuerst sage ich Ihnen mal, woran man sie nicht erkennt: An der Verpackung. Denn der kann man häufig nicht glauben. Manche Firmen sind bezüglich der Schnurdurchmesser nicht so ganz ehrlich zu uns – höflich formuliert.
Deshalb weise ich Sie mal dezent darauf hin: Wenn eine geflochtene Angelschnur auf der Verpackung exorbitant hohe Tragkraftwerte erreicht, dann vergessen Sie den angegebenen Durchmesser. Lassen Sie sich nicht verarschen. 10 kg bei einer echten 0,10 mm-Schnur sind einfach nicht realistisch! Bisher hat es kein Hersteller geschafft, das momentan technisch Machbare signifikant zu verbessern. Steht auf einer 0,10 mm Schnur etwas von 10 kg Tragkraft, dann stimmt ein Wert wahrscheinlich: Die Tragkraft. Und einer garantiert nicht: Der Durchmesser.
Bild: Ockert
Im Gegensatz zum Durchmesser stimmen die Tragkräfte geflochtener Schnüre häufig – denn sie werden an Zugmaschinen gemessen.
Wenn Fäden einfach addiert werden
Wieso stimmt die Tragkraft, aber nicht der Durchmesser? Tragkräfte werden an Zugmaschinen gemessen. Das geht schnell und ist genau. Bei den Durchmessern hingegen ist das nicht so leicht, denn Geflechtschnüre werden aus Einzelfäden verwoben. Mikroskopisch betrachtet weisen sie gar keinen runden Querschnitt auf, sondern sind ungleichförmig, haben kleine Berge und Krater. Um die Sache einfacher zu gestalten, wird der Durchmesser von Geflechtschnüren anhand der Durchmesser der Einzelfäden bestimmt. Die Fäden werden dann einfach addiert, um auf den Durchmesserwert zu kommen.
Bild: Claas Grube
Zanderangeln mit Gummifisch: Wer hier eine zu dicke Schnur fischt, muss einen schwereren Bleikopf wählen.
Doppelt so dick wie auf der Verpackung
Dass dieser Schätzwert – Rechnung kann man es nicht nennen – stark fehleranfällig ist, brauche ich Ihnen wahrscheinlich nicht zu erzählen. Besonders günstige Geflechtschnüre sind locker verwoben, sodass sich Luft in den Zwischenräumen einschließen kann, was die Schnur dicker macht. Unabhängig dieser Hochrechnung unterstelle ich teilweise sogar absichtliches Abrunden (Hey, hey, hey – wer hat hier gerade „Fälschen“ gesagt?) von Durchmesserwerten. Anders kann ich mir manche Entgleisungen von über 200 Prozent gegenüber dem Angegebenem auf der Verpackung überhaupt nicht erklären.
Als Daumenregel können Sie bei teuren Schnüren 10 bis 20 Prozent zum Durchmesser auf der Verpackung addieren (0,16 mm auf der Verpackung, ca. 0,18 bis 0,20 mm in Realität). Je billiger, desto eher nähern wir uns 40 bis 50 Prozent Abweichung, häufig bei 4-fach-Flechtungen ist das der Fall (0,16 mm auf der Verpackung, 0,25 mm in Realität). Und in Ausnahmen sogar 100 Prozent (0,16 mm auf der Verpackung, 0,32 mm in Realität). Das tritt am ehesten bei No-Name-Schnüren auf.
Bild: Line Laboratory
Eine sehr empfehlenswerte Adresse für alle, die auf der Suche nach der allerbesten Schnur auf dem Markt sind, ist das „Line Laboratory“. Die Betreiber kaufen geflochtene und monofile Schnüre – sind also in keinster Weise gesponsert – und testen Zugkräfte, Durchmesser und Abriebfestigkeit. Die Ergebnisse werden ungeschönt dargestellt. Hier gut zu sehen: Eine Abweichung von 169 Prozent (!) ggü. dem angegebenem Durchmesser.
Geflochtene Angelschnur im Test: Je teurer die Marke, desto besser
Was für ein Thema, oder? Fassen wir mal zusammen: Bei manchen Schnüren stimmen die Durchmesser überhaupt nicht. Die Spreu vom Weizen trennt man am einfachsten über den Preis. Wer billig kauft, kauft zwar nicht zwingend doppelt – muss aber zwei Nummern schwerer fischen, weil die 0,16er in Wahrheit eine 0,30er ist und von der Strömung so sehr erfasst wird, dass der Gummifisch nicht mehr am Grund hält. Also lassen Sie sich nicht von bunten Verpackungen täuschen! Die Industrie ist clever, aber das sind wir auch.
Bild: Johannes Müller
Wer den Seelachs auf 100 m Tiefe findet, kann sich glücklich schätzen, eine hochwertige, dünne Schnur zu fischen, die uns den Einsatz eines leichten Pilkers ermöglicht.
Superdünn und superstark: Die besten geflochtenen Angelschnüre
Wenn es um geflochtene Angelschnur geht, hat Blinker-Redakteur Florian Pippardt fünf Favoriten, bei denen er im Test nur sehr schwache Durchmesserabweichungen und realistische Tragkräfte feststellen konnte:
- WFT Gliss
- Sunline Siglon PE X8
- Sufix 91 G-Core X9 Braid
- Stroft GTP Typ E/ Typ S
- Daiwa J-Braid (fällt etwas dicker aus, dafür sehr günstig)
Bild: Stroft; André Pawlitzki
Ganz weit vorn stehen die Schnüre von Stroft, deren Tragkräfte extrem realistisch angegeben werden. Das hat seinen Preis. Daiwas J-Braid ist zwar etwas dicker als angegeben – ist aber schön weich und preislich sehr erschwinglich. Ein guter Allrounder.
Geflochtene Angelschnur im Test: Fünf Hersteller, fünf feine Leinen
Eigentlich könnte die Welt ganz einfach sein: Die Spule der Rolle verrät die Schnurfassung und auf der Schnurspule stehen Durchmesser und Tragkraft. So sollte sich doch ganz leicht die passende Schnur in der entsprechenden Lauflänge im Handel finden lassen. Vielleicht haben Sie aber auch schon einmal erlebt, dass es in der Praxis leider oft etwas komplizierter ist. Die Spule der Rolle sagt „200 m/0,20 mm“, sie spulen, laut Verpackung, eine „0,15er“ Geflochtene auf, aber nach 150 m ist die Rolle bereits bis zum Anschlag voll.
Verdutzt starren Sie auf den üppigen Rest auf der Schnurspule – da müssten logischerweise doch mehr als 200 m auf die Rolle passen! Und nein, das Problem sind nicht ihre Mathematik-Kenntnisse! Dieses Beispiel veranschaulicht viel mehr deutlich, dass die Durchmesser (und teils auch die Tragkräfte), die auf den Schnurspulen im Handel aufgedruckt sind, meist nur sehr wenig mit der Realität zu tun haben.
Bild: Waldemar Krause
Für unseren Test haben wir 5 geflochtene Schnüre zufällig ausgewählt, alle haben laut Hersteller einen Durchmesser von 0,08 mm.
Fünf 0,08 mm Geflochtene im Test
Beobachtungen wie eingangs beschrieben haben uns zur Entscheidung bewogen, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Das Ziel war, verschiedene Schnüre aus dem Handel mit „Hausfrauen-Methoden für zu Hause“ nachzumessen, die aber nach unserer Erfahrung recht präzise Ergebnisse liefern. Wer hat schon Zugriff auf ein Hightech-Labor mit Laser-Messgeräten oder ein Mikroskop mit Mikrometer? Für unseren Test haben wir uns für folgende geflochtenen Schnüre entschieden:
- Stroft GTP R3
- Power Pro
- FTM Omura Braid
- Balzer Iron Line 8
- Daiwa Tournament 8 EVO+
Der Durchmesser aller getesteten Angelschnüre liegt (laut Packung bzw. Hersteller) bei 0,08 mm. Vorher muss man sich einmal vor Augen führen, wie dünn echte (!) 0,08 mm eigentlich sind: Etwa so dünn wie ein menschliches Haar (durchschnittlich zwischen 0,05 und 0,08 mm). Mit Schnüren in diesem Durchmesser haben wir typische Finesse-Schnüre für Barsch, Forelle und andere leichte Anwendungen vor uns. Neben relevanten Kriterien, nämlich dem tatsächlichen Durchmesser und der echten Tragkraft der Schnüre, haben wir auch wertvolle Eigenschaften wie Flechtung und Oberflächenbeschaffenheit der Schnüre beurteilt. Alle Messwerte sind Mittelwerte aus drei Messungen.
Bild: Waldemar Krause
Die Makro-Aufnahme zeigt, dass fast alle Schnüre einen ähnlichen realen Durchmesser haben. Zusätzlich fällt die deutlich gröbere Flechtung der 4-fach geflochtenen Power Pro auf. Von oben nach unten: Daiwa Tournament 8 EVO+, FTM Omura Braid, Power Pro, Balzer Iron Line 8 und Stroft GTP R3.
Geflochtene Angelschnur im Test: Der Durchmesser
Bei den Durchmessern gab es einen klaren Sieger: Stroft. Schon optisch wirkte die GTP R3 deutlich dünner als die anderen Schnüre. Das wurde im Test mit gemessenen 0,09 mm ebenfalls bestätigt, was in Anbetracht der Messabweichung der Schublehre von 0,01 mm ein wirklich gutes Ergebnis darstellt; der echte Durchmesser könnte also zwischen 0,08 und 0,10 mm liegen. Das spricht für eine (ausnahmsweise) realitätsnahe Durchmesserangabe.
Alle anderen Schnüre bewegten sich unserer Messung zufolge im Bereich von 0,12–0,14 mm. Hier darf man sich nichts vormachen: Das sind immer noch wirklich dünne Schnüre – aber gleichzeitig eben doch mit einer Abweichung von satten 50–75 % von den angegebenen Durchmessern!
Geflochtene Angelschnur | Tragkraft in kg (Hersteller) | Tragkraft in kg (Messung) | Abweichung |
Stroft GTP R3 | 2,5 | 2,9 | +15 % |
Power Pro | 4 | 4,9 | +22 % |
Omura Braid | 3,62 | 3,6 | -1 % |
Balzer Iron Line 8 | 7,2 | 4,5 | -38 % |
Daiwa Tournament 8 EVO+ | 4,9 | 3,9 | -21 % |
Geflochtene Angelschnur im Test: Die Tragkraft
Auch bei den Tragkräften gab es deutliche Unterschiede zu den Werten auf der Spule. Hier lagen die Stroft GTP R3 und die Power Pro überraschenderweise sogar über den angegebenen Werten (Stroft R3 2,9 kg, statt angegebene 2,5 kg; Power Pro 4,9 kg statt 4 kg).
Wirklich präzise schien die Tragkraftangabe bei der FTM Omura Braid zu sein. Bereits auf der Spule war die Tragkraft mit 3,62 kg enorm präzise angegeben und dieser Wert wurde im Test mit 3,6 kg auch sehr genau erreicht. Die anderen Schnüre erreichten die angegeben Tragkräfte nicht ganz, wobei die Abweichung der Tragkraft bei der Balzer Iron Line 8 beinahe 40 % betrug.
Geflochtene Angelschnur | Durchmesser in mm (Hersteller) | Durchmesser in mm (Messung) | Abweichung |
Stroft GTP R3 | 0,08 | 0,09 | +13 % |
Power Pro | 0,08 | 0,12 | +50 % |
Omura Braid | 0,08 | 0,14 | +75 % |
Balzer Iron Line 8 | 0,08 | 0,14 | +75 % |
Daiwa Tournament 8 EVO+ | 0,08 | 0,13 | +63 % |
Bild: Waldemar Krause
Um die Tragkraft nicht durch Knoten zu schwächen, wurden für die Messungen Knotenlosverbinder verwendet.
Die Kriterien Flechtung und Oberfläche
Alle getesteten Schnüre waren, wie man es von einer geflochtenen Angelschnur von bekannten Herstellern erwartet, sauber, und relativ rund verflochten. Die Oberfläche der Power Pro fühlte sich aufgrund der Vierfach-Flechtung etwas rauer an als die 8-fach geflochtenen Vergleichsschnüre. Besonders auffällig war hier die Daiwa Tournament 8 EVO+, die über eine wirklich enorm glatte Oberfläche verfügt. Verantwortlich hierfür ist eine spezielle Teflon-Oberflächenbeschichtung.
Geflochtene-Angelschnur-Test: Das Fazit
Mit Ausnahme der Stroft GTP R3 lagen alle Schnüre unseren Messungen zufolge in einem ähnlichen Durchmesserbereich von ca. 0,12–0,14 mm und wichen entsprechend deutlich von den auf der Spule angegebenen 0,08 mm ab. Diese Abweichung von ca. 0,05 mm fällt natürlich bei so feinen Schnüren mehr ins Gewicht als bei größeren Schnurstärken, ist aber insgesamt betrachtet eine akzeptable Abweichung.
Die Stroft GPT R3 ist die beste geflochtene Angelschnur im Test
Die echten Tragkräfte der Schnüre bewegten sich – analog zum Durchmesser – in einem vergleichbaren Bereich. Es zeigte sich: Schnüre mit dem selben echten Durchmesser haben auch eine ähnliche echte Tragkraft. Der klare Sieger bei unserem Test war die Stroft GTP R3 – wirklich ehrliche Durchmesserangaben und eine Tragkraft, die sogar höher liegt als die Herstellerangabe. Das ist eine echte Ausnahme und selten auf dem Schnurmarkt.
Bild: Waldemar Krause
Die geflochtene Angelschnur Stroft GTP R3 hat im Test vollkommen überzeugt.
Die Power Pro war die zweitdünnste Schnur in unserem Test und hielt ebenfalls mehr als die angegebene Tragkraft, was positiv hervorzuheben ist. Eher negativ fiel hier jedoch die vergleichsweise sehr raue Oberfläche ins Auge, dagegen sind 8-fach geflochtene Schnüre aus dem gleichen Preissegment um ein Vielfaches glatter.
Daiwa Tournament 8 EVO+: Pluspunkt für glatte Oberfläche
Interessant war diesbezüglich die Daiwa Tournament 8 EVO+. Hier lag der Durchmesser zwar wie bei den anderen Schnüren über der Angabe und die Tragkraft lag etwa 20 % unter dem Wert des Herstellers, das Verhältnis vom wirklichen Durchmesser zur tatsächlichen Tragkraft bewegte sich aber im selben Bereich wie die anderen Test-Schnüre. Besonders ins Auge fiel hier die enorm glatte Oberfläche der Schnur, diese dürfte sich gerade beim feinen Fischen sehr positiv bemerkbar machen und fast lautlos durch die Rutenringe gleiten, was gerade bei intensiv beangelten Gewässern einen Unterschied machen kann.
Der Geflochtene-Angelschnur-Test für zu Hause
Durchmesserbestimmung
Mit einem digitalen Messschieber (erhältlich ab ca. 10 €) mit einer Messabweichung von nur 0,01 mm ist das Bestimmen des Schnurdurchmessers überraschend gut machbar. Dabei wird die Schnur im Messschieber platziert und etwas unter Spannung gebracht. Im Anschluss wird der Messschieber mit Fingerspitzengefühl so weit geschlossen, bis die Schnur noch gerade so ohne größeren Widerstand zwischen den beiden Backen des Messschiebers durchgezogen werden kann. Der Messschieber liegt dann gerade so noch an, komprimiert die Schnur aber nicht.
Bild: Waldemar Krause
Die Durchmesserbestimmung bei Geflecht ist eine komplizierte Angelegenheit – richtig eingesetzt ergeben sich aber schon mit einem gewöhnlichen Messschieber brauchbare Messwerte.
An diesem Punkt zeigt der Messschieber erstaunlich präzise den (echten) Durchmesser der Schnur. Bei monofiler Schnur hat man noch leichteres Spiel und kann den Messschieber einfach zusammenschieben, bis er anliegt. Da Mono anders als Geflecht nicht nennenswert zusammengedrückt werden kann, wird so der reale Durchmesser der Schnur sofort bestimmt.
Tragkraftbestimmung
Im Vergleich zum Durchmesser ist die Tragkraft von Geflecht relativ einfach zu bestimmen. Wir haben hierfür eine spezielle Waage verwendet: In dem Moment, in dem die Schnur reißt, bleibt die Waage auf dem größten gemessenen Wert stehen. Die Schnur wurde dabei mit einem Knotenlosverbinder an der Waage befestigt, damit die volle Tragkraft erhalten bleibt und nicht durch Knoten geschwächt wird.
Bild: Waldemar Krause
Bei der Tragkraftmessung kam diese präzise Spezial-Federwaage zum Einsatz. Der Messschieber bleibt auf dem höchsten ermittelten Wert stehen – am Zerreißpunkt der Schnur.
Geflochtene Angelschnur kaufen: Das musst Du beachten!
Egal ob Karpfen-, Spinn-, Meeres– oder Welsangler, ob mit Feeder– oder Fliegenrute oder womit auch immer, eines haben alle gemeinsam: Sie fischen mit einer Schnur. Und fast jeder Angler hat zumindest auf einigen Rollen Geflecht. Im Schnur-Dschungel des Gerätemarktes erwartet den Angler von heute ein riesiges Angebot an geflochtener Angelschnur, dabei kann es schonmal unübersichtlich werden.
Deshalb gibt es jetzt nach dem Test noch nützliches Wissen über geflochtene Angelschnur – das wichtigste Ausrüstungsteil zwischen Rolle und Köder. Diese Fakten und Praxistipps helfen sicher beim nächsten Schnurkauf oder Angelausflug am Wasser.
Bild: Frank Schlichting
Die (geflochtene) Angelschnur ist die direkte Verbindung zwischen Angler und Fisch – mehr als Grund genug, sich diesem Ausrüstungsgegenstand ein wenig zu widmen.
Verwendete Fasern und deren Flechtung
Neben Tragkraft, Durchmesser und der Anzahl der Einzelfäden gibt es noch ein paar mehr Eigenschaften, die eine geflochtene Angelschnur charakterisieren. Relevant für die Qualität der Schnur sind die Einzelfasern, aus denen die Schnur besteht. Hochwertige Schnurhersteller beziehen diese Fasern dabei von namhaften Produzenten wie Izanas, Dyneema oder Spectra.
Wichtig ist aber auch, wie viele Flechtungen pro cm die Schnur hat. Je mehr Flechtungen pro cm, desto enger ist die Schnur verflochten, desto aufwendiger ist aber auch die Fertigung und das schlägt sich im Preis nieder. Nicht alle Hersteller geben diesen Wert an. Die Sufix 832, welche zu meinen Lieblingsschnüren gehört, hat beispielsweise ganze 12 Flechtungen pro cm und ist damit bereits sehr eng verflochten.
Bild: AngelWoche
Geflecht ist in vielen verschiedenen Farben erhältlich, gerade für das Meeresangeln sind geflochtene Schnüre in multicolor oft von Vorteil.
Die Oberfläche geflochtener Schnüre
Zusätzlich ist auch die Oberfläche der Schnur wichtig. Neben der Farbe (auffällig, unauffällig oder gar multicolor), die nach Einsatzzweck und persönlichem Geschmack ausgewählt wird, spielt eine mögliche Beschichtung der Schnur eine Rolle.
Mit Beschichtungen, beispielsweise aus Teflon oder Silikon, wird allerdings nicht die Tragkraft nennenswert erhöht. Durch eine Beschichtung kann die Oberfläche einerseits glatter wirken, andererseits fühlen sich viele beschichtete Schnüre etwas „drahtiger“ und steifer an. Dafür neigen beschichtete Schnüre weniger zu Wasser- und Schmutzaufnahme. Ob die Schnur beschichtet ist oder nicht, ist aber per se kein Qualitätsmerkmal. Die Entscheidung bleibt hier am Ende den persönlichen Vorlieben des Anglers überlassen.
Bild: Frank Schlichting
Mit günstigem Mono unterspulen schont nicht nur den Geldbeutel, sondern verhindert auch, dass das Geflecht auf dem Spulenkern rutscht.
Mono als Vergleich: Hier stimmt der Durchmesser
Wer die Echtheit des Durchmessers einer geflochtenen Schnur im Laden testen will, kann sie mit einer Mono vergleichen. Monofile Schnur besteht nicht aus vielen verwobenen Fäden, sondern aus einem Stück. Für die Herstellung monofiler Schnüre wird Granulat eingeschmolzen, und dieses wird zu Fäden gestreckt. Der Durchmesser dieser festen Granulatfäden ist viel besser zu messen als der von Geflechtschnüren. Deshalb können Sie sich bei Mono (halbwegs) auf die Durchmesserangaben verlassen. Auch hier gilt: Je teurer die Schnur und je bekannter die Marke, desto eher passt die Angabe.
Was geflochtene Angelschnur im Test aushält
So gut wie alle geflochtenen Schnüre bestehen aus demselben Material, UHMWPE – ultrahochmolekulargewichtiges Polyethylen (Was für ein Wort!). Dabei handelt es sich im Grunde aber nur um eine leistungsfähigere Form desselben Kunststoffes, der auch in jeder PET-Flasche steckt: Polyethylen. Die derzeit stärkste UHMWPE-Einzelfaser, also die unverflochtene Rohfaser aus der später die Angelschnur entsteht, hat eine Reißfestigkeit von etwa 450 kg/mm². Das bedeutet, bei einem Durchmesser von ca. 1,12 mm läge die lineare Tragkraft dieser Faser bei eben diesen 450 kg!
Bild: Christoph Niemann
Geflochtene PE-Schnüre sind enorm tragfähig und selbst in heftigen Drills kaum über die Rute zu zerreißen.
Höchstmögliche Tragkraft von Geflecht errechnen
Aus diesen Werten lässt sich relativ einfach berechnen, welche maximalen Tragkräfte eine geflochtene Schnur haben könnte: Die Querschnittsfläche einer Schnur (bei rundem Querschnitt), beträgt 0,785×Durchmesser², das multipliziert mit den 450 kg ergibt die höchste mögliche Tragkraft. Dabei handelt es sich selbstverständlich nur um rein theoretische Werte. In der Realität sind Schnüre niemals ganz rund verflochten.
Da bei geflochtener Schnur zwischen den Einzelfasern immer Luft mit eingeschlossen wird, durch die Krümmung der Fasern beim Flechten Tragkraft verlorengeht und mit Beschichtungen die Durchmesser der Schnüre erhöht werden, können solche Wahnsinnstragkräfte in der Praxis niemals erreicht werden. Diese errechneten Maximalwerte zeigen aber auch deutlich, dass eine „0,10er Schnur mit 10 kg Tragkraft“ in Wahrheit wirklich nicht mehr sein kann als ein Marketing-Gag.
Geflochtene Schnur Tragkraft-Tabelle
Durchmesser in mm | Maximal mögliche Tragkraft in kg |
0,05 | 0,88 |
0,10 | 3,53 |
0,12 | 5,08 |
0,15 | 7,95 |
0,20 | 14,13 |
0,25 | 22,08 |
0,30 | 31,79 |
Reicht 4-fädige geflochtene Angelschnur oder besser mehr?
Geflochtene Schnüre sind aus einer variablen Anzahl an Einzelsträngen geflochten. 4 bis 16 einzelne Fäden verschmelzen dabei während der Herstellung zu einer Schnur. Je mehr Fäden in der Schnur stecken, desto glatter und runder wird das Geflecht. Während 4-fädige Schnüre gut hörbar an den Ringeinlagen unserer Ruten sägen, sind Achtfache dagegen schon sehr glatt.
Bild: awrs
Vier- und Achtfach-Geflecht im Vergleich. Die Anzahl der Einzelfäden schlägt sich vor allem bei zwei Dingen nieder: Bei der Oberflächenbeschaffenheit und beim Preis.
Was kostet eine gute geflochtene Angelschnur?
Bei noch mehr Fäden wird die Oberfläche entsprechend noch etwas glatter, jedoch steigt mit der Anzahl der Fäden auch der Preis erheblich. Eine 12- oder 16-fädige Schnur kann schon einmal 30 €/100 m kosten. Achtfach geflochtene Schnüre gibt es dagegen bereits ab etwa 8 €/100 m. Eine achtfach Geflochtene bildet bei den meisten Anwendungen entsprechend den besten Kompromiss zwischen Weichheit und Preis und gerade beim Spinnfischen ist die glattere Oberfläche im Vergleich zur Vierfachen deutlich spürbar.
Vierfach geflochtene Schnüre haben dagegen eine etwas bessere Abriebfestigkeit. Wenn die Schnur nur zum passiven Angeln genutzt wird, etwa als Hauptschnur beim Karpfenangeln, eignet sich also auch eine günstigere 4-fädige Schnur gut.
Auch interessant
- Angeln allgemeinNo-Knot: der knotenlose Verbinder mit top Tragkraft
- RaubfischangelnShimano Max 8: Die Geflochtene für den großen Wurf
- Angeln allgemeinWoran erkenne ich eine gute Angelschnur?