Die Giftstoffbelastung des Spöls geht auf das Jahr 2016 zurück. Damals gelangten bei Wartungsarbeiten an der Staumauer Punt dal Gall PCB-haltige Stoffe in den Fluss. Auf rund fünf Kilometern wurde das Bachbett kontaminiert. PCB – Polychlorierte Biphenyle – wurden früher in Farben, Dichtungsmaterialien und Kunststoffen verwendet und gelten als krebserregend sowie langlebig in der Umwelt.
Helikopter-Evakuierung von rund 12.000 Bachforellen
Mehr als ein Dutzend Spezialisten ist seit Wochen damit beschäftigt, die Forellen mit Netzen und Keschern zu fangen. Anschließend werden die Tiere in Wasserbehältern verladen, die an Helikoptern hängen, und mehrere Kilometer flussabwärts transportiert. Dort setzt man sie wieder in den Spöl ein. Diese spektakuläre Rettungsaktion soll, abhängig vom Wetter, rund zwei Wochen dauern.
„Wir haben den Wasserspiegel bereits gesenkt, um das Fangen zu ermöglichen. Wenn es fertig ist, werden wir das Wasser vollständig ablassen und dann mit der Reinigung des Sediments beginnen“, erklärte Giacum Krüger, Direktor der Engadiner Elektrizitätswerke, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort.
Bild: Fadrina Hofmann
Seit Mitte August wird der Bauplatz unterhalb des Stauwerks Punt dal Gall eingerichtet.
Uhus noch stärker betroffen als Forellen
Andere Fischarten gibt es im alpinen Fluss kaum. Die Bachforelle ist damit, was die Fischwelt angeht, die Hauptbetroffene. Doch im Nationalpark ist sie auch zentral für das Ökosystem. Die Fische überlebten zwar, doch „das System ist sehr stark zerstört“, so Ruedi Haller, Direktor des Schweizerischen Nationalparks.
Besonders betroffen sind Tiere, die sich von Forellen ernähren: Uhus wurden mit extrem hohen PCB-Werten gefunden. Ein Uhu sei tot mit der höchsten je gemessenen PCB-Belastung gefunden worden. Es habe keinen Uhu-Nachwuchs mehr gegeben. Auch Wasseramseln litten unter der Vergiftung. Da im Nationalpark ein Angelverbot gilt, gelangt das Gift nicht in die menschliche Nahrungskette.
Bild: Hans Lozza / Schweizerischer Nationalpark
Im betroffenen Spöl-Abschnitt kommen fast ausschließlich Bachforellen vor.
Start der Spöl-Sanierung Anfang 2026
Die eigentliche Sanierung beginnt im März 2026. Dann wird das Wasser an der Staumauer zurückgehalten, das Flussbett trockengelegt und das belastete Sediment Schicht für Schicht abgetragen. Besonders das feine Material, in dem sich PCB in hohen Konzentrationen abgelagert hat, heben die Arbeiter aus.
„Wir hoffen, 90 bis 95 Prozent des PCB entfernen zu können, die im Sediment vorhanden sind, besonders im feinen Material“, erklärt Nationalparkdirektor Haller. Ein Teil der Sedimente wird gereinigt, die feinsten davon in den Kanton Aargau transportiert und dort verbrannt. Bis Oktober 2026 soll die Dekontaminierung abgeschlossen sein.
Eingriff im Herzen des Nationalparks
Für den Nationalpark ist die Sanierung ein massiver, aber notwendiger Eingriff. Haller betont jedoch, dass es in den 111-jährigen Geschichte des Parks schon tiefgreifendere Eingriffe gegeben habe – etwa den Bau des Damms in den 1960er-Jahren oder die Passstraße zum Ofenpass. Mit der aktuellen Maßnahme wollen die Beteiligten das ökologische Gleichgewicht im Spöl wiederherstellen.
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