Fragen Sie einen Angelkollegen, warum er nichts gefangen hat, und er wird Ihnen die Geschichte vom Pferd erzählen. Mal hat der Ostwind den Appetit der Fische verdorben, dann schlug ihnen ein Wetterwechsel auf den Magen. Mal war das Wasser so trüb, dass sie den Köder nicht gesehen haben, dann so klar, dass sie die Montage durchschauen mussten. Wenn der Aal nicht läuft, liegt’s am Vollmond. Wenn keine Forelle steigt, fehlt der Insektenschlupf. Und zur Not klagen wir über den schlechten Fischbestand.
Wer nichts fängt, hat tausend Ausreden. Schluss damit! Suchen wir die Verantwortung endlich bei uns selbst. Ein Angler, der Schneidertage für unvermeidlich erklärt, erinnert mich an einen Fußballstürmer, der behauptet: „Der Torwart war unbezwingbar.“ Quatsch!
Wie der Ball immer drin ist, wenn der Stürmer alles richtig macht, so ist der große Fang beim Angeln immer drin, wenn wir alles richtig machen.
Anfang der 1980er Jahre war ich dabei, als der Schluchsee abgelassen wurde. Wie oft hatte ich dort erfolglos geangelt, überzeugt davon, es läge am Fischbestand. Dann tauchten Hunderte von Meterhechten und Riesenzandern, Unmengen kapitaler Forellen und fetter Karpfen auf. Ich war beschämt.
Neue Wege zum Fisch
In den meisten Gewässern gibt es mehr Kapitale, als wir das für möglich halten. Glauben Sie ernsthaft, dass alle zur gleichen Zeit in den Hungerstreik treten? Dass nicht ein großer Hecht, Zander oder Barsch darunter ist, der zuschnappen würde, wenn Ihr Wobbler zur richtigen Sekunde des Tages an seinem Maul entlang rasiert?
Ist es wahr, dass die Fische bei Hochwasser das Fressen einstellen? Nein, sie fressen an anderen Plätzen – und die müssten wir finden!
Ist es wahr, dass der Aal bei Vollmond keine Kalorie zu sich nimmt? Unfug – nur frisst er oft direkt unter der Oberfläche, wo wir gerade nicht angeln. Und auch an einem Tag, an dem die Insekten nicht schlüpfen, ließe sich eine große Forelle fangen – dann eben nicht mit Trockenfliege, sondern mit Streamer.
Jedes Mal, wenn wir nichts fangen, heißt das nur: Die Fische sprechen heute nicht auf unser übliches Vorgehen an. Jetzt liegt es an Ihnen, wie Sie drauf reagieren. Gehen Sie neue Wege. Probieren Sie neue Plätze. Wechseln Sie Ihren Köder. Versuchen Sie eine neue Angeltiefe. Angeln Sie nachts statt tags, dicht am Ufer statt weit draußen. Je experimentierfreudiger Sie an schwierigen Tagen sind, desto mehr können Sie lernen – und am Ende doch noch fangen.
Schneidertage sind (theoretisch) immer vermeidbar. Und wenn sie doch eintreten, bieten sie die große Chance, das eigene Angeln zu hinterfragen – statt mit Ausreden um sich zu werfen. Wer zu sich selber ehrlich ist, fängt am meisten.
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