An der Ostsee ist in den vergangenen Jahren Unterwasser etwas Drastisches passiert. Früher waren Dorsche die Hauptbeute der Brandungsangler – nun gelten die Bestände des ehemaligen Königs des Baltikums als zusammengebrochen und extrem schützenswert. Dieser Platz in der Nahrungskette wurde nach dem Rückgang der Fische durch andere besetzt. Ich gehe jetzt Plattfische angeln, denn die flachen Vertreter haben das Ruder übernommen und kommen teilweise massenhaft vor.
Dorsch adieu
An die Ostseeküste fahre ich schon seit ich ein kleiner Junge war. Früher waren wirklich überall Dorsche, ob man vom kleinen Boot, vom Kutter, aber auch von den Molen, Hafeneinfahrten und Seebrücken geangelt hat. Klar, gab es immer Jahreszeiten bedingte Phasen, in denen es vom Strand oder Ufer aus besser war. Auch war mal ein Angeljahr besser als das andere und die Bestände haben häufiger mal geschwankt. Trotzdem war es im Verhältnis immer so, dass die Dorsche meist deutlich die Überhand hatten. Insbesondere in den Herbstmonaten gab es bei auflandigem Wind vom Strand aus fast ausschließlich Dorsche zu fangen. Doch das ist derzeit alles vorbei und die Zeit wird zeigen, wie sie die Bestände in Zukunft entwickeln werden. Ich hoffe nur das Beste und würde es mir sehr wünschen, dass meine Kinder in Zukunft wieder Dorsche in der gesamten westlichen Ostsee fangen können. Aktuell ist das nicht möglich, deshalb mein Rat: Lassen Sie die Rute nicht zu Hause und gehen Sie Plattfische angeln.
Bild: W. Krause
Wer Plattfische angeln will, schnappt sich zwei schwere Grundruten und ein Dreibein – und wirft zwei Grundmontagen mit Watt- oder Seeringelwurm an einem Sandstrand aus.
Jetzt kann man überall Plattfische angeln!
Die Plattfischbestände sind in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Flundern, Klieschen und Schollen sind nun wirklich stark vertreten und kommen nahezu an jedem Strandabschnitt vor. Selbst beim Meerforellenangeln mit Fliege habe ich einige Flundern gefangen. Das war früher wirklich nahezu undenkbar und absolut die Ausnahme. Doch irgendwo müssen die Massen an Fischen hin, und dann besetzten sie eben auch die Lebensräume im Seegras oder Tangwald. Wer möglichst viele Plattfische angeln will, sollte die Sand- oder Kiesflächen der klassischen Sandstrände anpeilen, das sind die erfolgversprechendsten Stellen. Meist ist die Sandbank das Zuhause der flachen Fische. Hier liegen sie teils im Sand vergraben und warten auf Beute, wie Würmer, Garnelen, kleine Fische, aber auch Krabben. Alles auch potenzielle Beute von Dorschen. Diese Nahrung haben jetzt die Plattfische ganz für sich alleine. Zudem müssen sie den Dorsch als Fressfeind nicht mehr fürchten.
Heute beißt es auch tagsüber
Das hat sogar zur Verlagerung der Beißzeiten geführt. Wer kennt sie nicht, die beeindruckenden Bilder von atemberaubenden Sonnenuntergängen am Strand mit Anglern im Vordergrund. Man ging erst zum Brandungsangeln, wenn die Sonne tiefer stand und wenn die Dämmerung nahte – war die Sonne weg, gab es teilweise Biss auf Biss. Im Hellen gingen meist Flundern an die Haken und im Dunkeln kamen dann die Dorsche in Wurfweite. Aber auch hier konnte man im Dunkeln schon Platten fangen. Insbesondere Klieschen – die fressen häufig nachts gerne in Strandnähe. Doch heute kann man am hellichten Tag Plattfische angeln. Das ist wirklich sehr angenehm. Die Zeiten, in denen man sich die Nächte um die Ohren schlagen musste, sind vorbei. Nun kann man beispielsweise einen gemütlichen Tag mit seiner Familie am Strand verbringen und nebenbei ganz entspannt einige leckere Plattfische für die Pfanne fangen, denn Flunder und Co. sind bekanntlich wirklich gute Speisefische. Wenn sie dann noch leicht zu fangen sind, ist das natürlich für uns Angler richtig gut.
Bild: W. Krause
Solche extrem langschenkligen Aberdeen-Haken passen am besten ins schmale Buttmaul.
Dadurch das Plattfische meist auf den Sandbänken lauern, müssen auch keine exorbitanten Wurfweiten erzielt werden, um erfolgreich zu sein. Selbst für ungeübte Werfer sind die Plattfische an den meisten Stränden in einer Entfernung von 40 – 100 m zu errei-chen, manchmal sind sie sogar noch dichter in Strandnähe anzutreffen. Plattfische laichen im Frühjahr und sind nach der Laichzeit massenhaft an der Küste. Wer viele fangen will, kann das genau jetzt tun – doch meine Lieblingszeit beginnt ehrlich gesagt ab Juli, wenn die Fische etwas Zeit hatten, sich Speck anzufressen. Also: Wer Menge machen will, geht jetzt los. Wer die beste Fleischqualität will, wartet bis zum Spätsommer und kann bis in den Winter „ernten“.
Am meisten profitiert die Scholle vom Dorsch
Die Scholle ist wohl der bekannteste unter den Plattfischen. Die auffälligen, rotleuchtenden Punkte erkennen sogar die meisten Nichtangler sofort. Flundern und Klieschen waren an der Ostseeküste vom Strand aus immer zu fangen. Doch Schollen habe ich tatsächlich eher selten gefangen und wenn meist nur Exemplare bis max. 30cm. Vom Boot aus sah das ganze schon anders aus. Insbesondere, wenn ich mit Naturködern vom Boot aus gefischt habe, gab es im Tiefenwasser um die 18 bis 20 m immer schöne, große Schollen. Heute kann man Plattfische auch vermehrt vom Strand aus angeln. Sie scheinen wirklich von allen Arten prozentual am meisten von dem Rückgang des Dorsches profitiert zu haben. An einigen Strandabschnitten sind sie sogar die Plattfischart, die am häufigsten gefangen wird. Teilweise in richtig kapitalen Größen von über 50cm. Schollen sind wirklich Fische der Spitzenklasse für die Küche. Ich mag es einfach, dass diese Plattfische ganz kleine Schuppen haben, die fast glatt wirken und beim Braten in der Pfanne kann deshalb die Haut gerne dranbleiben. Kross gebraten ein Gedicht!
Wer Plattfische angeln will, muss eins wissen: Sie sind neugierig!
Alle Schollen, Flundern und Klieschen haben eins gemeinsam. Sie sind extrem neugierig. Diese Erkenntnis macht es uns deutlich leichter, Plattfische zu angeln. Wichtig sind hierbei zwei Faktoren: Bewegung und Perlen. Plattfische haben ein feines Näschen und finden unseren Köder selbst im Dunkeln oder bei trübem Wasser. Ich setzte meist auf Watt- oder Seeringelwürmer als Hakenköder. Diese haben sich beim Plattenangeln bewährt und sind in den meisten Angelgeschäften an der Küste zu erwerben. Allerdings bekommt man, insbesondere bei wenig Strömung einen Biss viel schneller, wenn man den Köder bewegt und den Wurm ins Sichtfeld der Fische bringt. Deswegen ist es ratsam, hin und wieder an der Spule zu drehen und die Schnur ein wenig einzuholen. Am Besten zieht man mit Daumen und Zeigefinder die Schnur nach unten und dreht dann die Schnur wieder auf. „Zupfen“ wird diese Technik bei Brandungsanglern genannt. Somit hat man richtig viel Gefühl und man kann gleichzeitig die Bodenstruktur erkennen. Oft kommen die Bisse, wenn man den Vorgang gerade abgeschlossen hat. Zupfen kann man gerne über viele Meter durchführen und die Sandbank somit abangeln.
Bild: W. Krause
Ein oder zwei Würmer werden auf spezielle Wattwurmnadeln aufgezogen (rechts). Die Nadel hat eine Einkerbung am Ende, in welcher die Hakenspitze Platz findet, dann wird der Wurm einfach aufgefädelt. Nur so übersteht er den gewaltsamen Wurf.
Für mehr Bisse können auch auffällige Perlen sorgen. Plattfische liegen im Sand und können daher nicht nach unten gucken. Nach oben hingegen schon, gerade wenn man den Köder für die Fische besser sichtbar macht und präsentiert. Das kann ganz einfach durch schwimmende Attraktoren erfolgen. Beispielsweise auftreibenden Perlen oder Schaum, die den Wurm anheben und über dem Grund schweben lassen. Manchmal dagegen sind kleinere auffällige Perlen der wahre Bringer. Schockfarben wie rot, gelb oder perlmutt sind bei den Plattfischen aus meiner Sicht die erfolgversprechendsten Farben. Hier gilt es immer ein wenig auszuprobieren und dem Fressverhalten der Fische anzupassen.
Bei einem Biss darf man gerne ein wenig warten, bis der Fisch den Köder aufgenommen hat. Der Drill von Plattfischen am Brandungsgerät ist meist nicht spektakulär. Viel mehr geht es hierbei um das Erlebnis Brandungsangeln in einem einzigartigem Panorama. Die Bisse sind toll und lassen das Herz eines jeden Anglers höherschlagen – wenn am Ende ein leckerer Fisch die Ostseewellen durchbricht und auf den Strand gleitet, ist die Freude garantiert groß. Versprochen – Plattfischangeln macht einfach Spaß!
Bild: W. Krause
Doubletten sind keine Seltenheit. Wer noch kein erfahrener Brandungsangler ist, kauft sich am besten zwei einfache Brandungsmontagen mit Seitenarm und bunten Perlen.