Fischbestand in der Elbmündung um über 90 % gesunken!

Bis 2010 gab es für den Fischbestand in der Mündung der Elbe eine Erholungsphase. Seitdem ist jedoch ein dramatischer Abwärtstrend zu beobachten.

Elbe: Schlamm als Grund für sinkenden Fischbestand

Bild: NDR

Der Schlick an Laichplätzen in der Elbe wird zum Problem. Fischeier versinken darin und bekommen keinen Sauerstoff mehr.

Eine aktuelle Langzeitstudie des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels in Kooperation mit der Universität Hamburg zeigt dramatische Verluste in der Fischfauna der Elbmündung: Im Vergleich zu 2010 ist die durchschnittliche Dichte der Fische dort um über 90 Prozent gesunken. Insbesondere für Angler ein alarmierendes Signal.

Kipppunkt 2010: Dramatischer Abwärtstrend folgt auf Erholungsphase

Die Untersuchung basiert auf über 40 Jahren standardisierter Probennahmen an fünf Stationen entlang des Elbe-Ästuars, von Hamburg-Finkenwerder bis Cuxhaven. Dabei wurden alle Jahreszeiten abgedeckt, um saisonale Schwankungen der Fischgemeinschaften zu erfassen. In der Analyse wurden Zeittrends und Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren und Artenzusammensetzung statistisch ausgewertet.

Karte der Elbe, in die Messstationen eingezeichnet sind

Bild: Estuarine, Coastal and Shelf Science / NextGIS / CartoDB

Die weißen Kreise auf der Karte markieren die für die Langzeitstudie beprobten Stellnetzstationen. Stationen, von denen die Umweltdaten stammen, sind mit Dreiecken gekennzeichnet.

In den ersten Dekaden – von den 1980er­ bis etwa 2010er Jahren – war eine Erholungsphase zu beobachten, als sich die Wasserqualität verbesserte. Doch seit etwa 2010 setzt ein dramatischer Abwärtstrend ein. Der Gesamtfischbestand reduzierte sich um über 90 % gegenüber dem Höchststand um 2010.

Betroffen sind nicht nur seltene Arten, sondern auch ehemals häufige Arten wie Stint und Finte, Flunder und Kaulbarsch. Besonders deutlich waren Verluste in den Larven- und Jungfischstadien, etwa durch Verschlickung wichtiger Aufwuchsflächen. Beim Kaulbarsch etwa litten auch subadulte und adulte Stadien unter eingeschränktem Wachstum. Gleichzeitig legte die Studie dar, dass Arten wie Hering oder Wittling in manchen Abschnitten zunehmen — ein Hinweis auf strukturelle Verschiebungen in der Fischgemeinschaft.

Bestandsrückgang in der Elbe: Mögliche Ursachen

Die Studie stellt Umweltveränderungen als zentralen Treiber für den Rückgang heraus. Insbesondere werden drei Faktoren als problematisch identifiziert:

  1. Steigende Schwebstoffbelastung: Die regelmäßigen Ausbaggerungen und Elbvertiefungen haben zu mehr Sedimentaufwirbelung geführt, wodurch Aufwuchsflächen verschlammt und Futteraufnahme für Fische erschwert wird.
  2. Geringere Wassermengen: In Trockenperioden ist der Abfluss der Elbe schwächer — dies verstärkt die Sedimentproblematik und reduziert den Frischwassereintrag, mit Folgen für die ökologischen Bedingungen.
  3. Salzgehalt und Sauerstoffstress: Eine Ausweitung salzhaltiger Wasseranteile und geringere Sauerstoffkonzentrationen in Sommermonaten beeinträchtigen die Lebensbedingungen für viele Süß- oder Brackwasserfische.

Die Elbvertiefungen, insbesondere Maßnahmen bis 2022, werden explizit als mögliche Auslöser diskutiert. Bereits in der Vergangenheit sind Elbvertiefungen kritisiert worden, da sie die Hydrodynamik verändern und Erosion wie Sedimenttransport fördern. In Kombination mit anderen Belastungen könnten diese Eingriffe die ökologischen Puffer der Fauna überfordert haben.

„Das ist wirklich ein großer und herber Schlag für das Thema Biodiversität“, resümiert Malte Siegert, Vorsitzender des Hamburger Naturschutzbundes (NABU).

Bedeutung für Angler und das Gewässermanagement

Für Angler und Elbfischer ist diese Entwicklung besonders bedeutsam: Arten, die früher regelmäßig gefangen wurden – etwa Stint oder Brassen – sind massiv zurückgegangen. Die Larven- und Jungfischverluste weisen darauf hin, dass kaum mehr Nachwuchs heranwächst. Die strukturelle Änderung des Bestands (Zunahme mariner Arten, Rückgang traditioneller Süß-/Brackwasserarten) deutet auf langfristige Verschiebungen hin.

Gleichzeitig liefert die Studie einen Hoffnungsschimmer: In Perioden verbesserter Umweltbedingungen zeigten sich schon positive Reaktionen bei Fischbeständen. Es liegt also nicht zwingend ein kompletter Kollaps vor. Die Forschenden betonen, dass gezielte Bewirtschaftungs- und Schutzmaßnahmen noch greifen könnten. Die nächsten Jahre sind kritisch – sowohl für Fangchancen als auch für die Akzeptanz und Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen und Schutzprojekten.

Der drastische Rückgang des Fischbestands um über 90 % im Elbmündungsbereich ist ein deutliches Warnsignal – und eine Aufforderung an Politik, Wasser- und Gewässerschutz sowie die anglerische Gemeinschaft, gemeinsam Wege aus dieser Krise zu finden.

Hier finden Sie die gesamte Studie: Environmental factors shaping fish fauna structure in a temperate mesotidal estuary: Periodic insights from the Elbe estuary across four decades

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