Wer beißt denn da? Bissige Fische im Süßwasser

Im fränkischen Brombachsee werden einige Badegäste von einem Waller attackiert, der sein Nest verteidigt. Daraufhin wird der Fisch von einem Polizisten erschossen, und in den (sozialen) Medien fängt es im Sommerloch an zu brodeln. Wie bissig sind unsere Süßwasserfische?

Bild: Frank Schlichting

Mediales „Unwetter“

Von Hamburg  bis Bayern rollt der Mediendonner, der durch einen „beißwütigen“ Wels im Brombachsee losgetreten wurde. Selbst die ehrwürdige „National Geographic“ donnert verhalten mit.

Google findet unter den Begriffen „Wels“ und Brombachsee“ fast 110.000 Hinweise zu dem Geschehen.

Was man aber in all’ dem medialen Donnerwettter anerkennen muss: Die allermeisten Medien versuchten sich nach den ersten Aufregungen in einer mäßigenden Aufarbeitung des Vorfalls. So wurde recht schnell dargestellt, dass der Wels aus einem ganz bestimmten Grund Badende angegriffen hatte: Er hatte sein Nest mit dem Gelege bewacht!

 

Panik im Wasser

 Brombachsee

Bild: CC BY 2.0

Der Große Brombachsee, ein Stausee und Herzstück der Fränkischen Seenplatte. Hier sorgte ein Wels für Aufregung.

Nun sind Welse zweifellos sehr große Fische, deren Auftauchen so manchen ahnungslosen Mitmenschen oder wissensbefreiten Redakteur (wohlige) Schauer über den Rücken laufen lässt – zumindest so lange wie man so einem Urian nicht persönlich begegnet. Aber für Badegäste – die meisten sind sehr unsichere Schwimmer, die vielleicht höchstens einmal das „Seepferdchen“ als Kind gemacht haben – kann die Begegnung mit einem Wels schon zu Panikreaktionen führen. Insofern sei hier Verständnis angebracht!

 

Fünf Fischarten, die beißen können!

In europäischen Seen und Flüssen kommen in der Tat einige Fischarten vor, die sehr groß werden können. Aber sind sie auch deshalb gleich gefährlich?

Hier stellen wir 5 Arten vor und klopfen sie auf mögliche Gefährlichkeit ab.

1. Aal

Bild: W. Hauer

Der Aal hat ziemlich bisskräftige Kiefer, was vor allem beim Abhaken großer Aale schmerzhaft sein kann. Aber mit seinen kleinen Bürstenzähnen richtet er keinen Schaden an.

Dass Aalblut giftig ist, lernt man als Angler in der Sportfischerprüfung. Bei Kontakt mit Schleimhäuten (Auge!) treten Entzündungen auf. Nach Verzehr löst es u.a. Brechdurchfall aus. Das wirksame Agens heißt „Dinogunellin“ und wirkt blutzersetzend.

Der Verzehr von Aalblut ist auch die größte Gefahr, die von einem Aal ausgeht. Zwar können die Fische laut „Fishbase“ über 1,30 m lang werden, aber ansonsten ist die Gefahr, von einem Aal gebissen zu werden, verschwindend gering. Das passiert vor allem beim Angeln, wenn man den Haken aus dem Aalmaul entfernen will. Die Kraft der Aalkiefer ist schon beeindruckend! Doch viel eher als gebissen zu werden, kann man auf einen solchen Fisch treten, so wie es AngelWoche-Redakteur Thomas Pruß passiert ist: Beim Aussteigen aus einem Kanu trat er barfüßig auf den Fisch. Balancierend, mit einem Bein im Kanu, mit dem anderen schon im Wasser und auf dem Aal stehend, schlängelte sich letzterer über die gesamte Länge der Fußsohle davon. Gefühlt maß der Aal mindestens zwei Meter, und wer an den Füßen kitzelig ist, weiß, wie sich das anfühlt! Vor allem dann, wenn man den Fuß nicht anheben darf, weil man dann sofort ins Wasser fällt …

Aal-Horror nur im Film

Von unserem Aal geht sonst keine Gefahr aus. Glauben Sie nicht? Nun, vielleicht: „The Eel“ (jap. „Anko: Kampai!“) ist ein japanischer Horrorfilm von 1997, in dem ein Mann einen Aal als Haustier hält und es zu einem blutigen Ende kommt. Oder auch „Angiralus – Es reißt dich in Stücke!“,  ein Horrorfilm aus dem Jahr 2006. Die riesigen, gentechnisch modifizierten Aale, welche den umfangreichen Cast bei lebendigem Leib verspeisen, lassen bei Liebhabern schleimig-blutrünstiger Kreaturen keine Wünsche mehr offen.

Bild: Steve Kaufmann

Nur in Horrorfilmen landen Menschen auf dem Speiseplan von Aalen. Normalerweise ist es umgekehrt!

Kleiner Ausflug ins Meer: Die mit den Aalen nah verwandten Muränen können dagegen sehr schmerzhaft zubeißen, wenn man sie reizt (und nur dann!!!). Die Bisswunde kann sich schnell infizieren, weil sich Muränen ja nicht die Zähne putzen, welche deshalb mit Bakterien bedeckt sind. Im Gegensatz zum Volkswissen haben die Muränen aber keine Giftdrüsen im Maul!

Bild: Tiger-Muräne_Zähne_Philippe Guillaume CC BY 2.0

Muränen sind mit den Aale verwandt, aber selbst die mit beeindruckenden Beißerchen ausgestattete Tiger-Muräne benutzt diese nur zum Nahrungserwerb und evtl. zur Verteidigung gegenüber nervenden Tauchern.

2. Hecht

Bild: Rainer Korn

Die Wildheit der Hechte im Drill und bei der Jagd nach Futterfischen ist legendär. Das furchterregende Gebiss ebenfalls.

Obwohl Hechte bei Weitem nicht die Größe von Welsen erreichen, sind sie viel bekannter, selbst bei absoluten Nichtanglern. Die Liste der Anekdoten über ihre Wildheit und Kampfkraft ist ellenlang und teils Jahrhunderte alt. Sie jagen tagsüber, oft sehr geräuschvoll und dramatisch an der Wasseroberfläche, während Wels eher nachts und unauffällig auf Nahrungssuche gehen.

Berichte über Hechtbisse sind gar nicht so selten: Google findet zum Thema „Hecht-Attacken“ über 600.000 Hinweise. Darunter auch die hier.

Bild: Florian Pippardt

Mehr als 600 Zähne im Hechtmaul lassen der Beute (und der Hand des Anglers) kaum eine Chance, zu entkommen. Die Fangzähne sind rasiermesserscharf, ebenso die Bürstenzähne im Oberkiefer, auf der Zunge und den Kiemenbögen. Bisse können dann zu stark blutenden und sich leicht entzündenen Wunden führen.

Nun ist ein Mensch als Beute für den Hecht natürlich viel zu groß, weshalb es zunächst schwer begreifbar ist, warum ein Hecht angreifen mag. Dazu muss man aber wissen, dass Hechte Reviere bilden und ein Mensch, wenn er dieses Revier durchschwimmt, durchaus als „Konkurrent“ wahr genommen wird. Meistens sind es dann Rammstöße, die der Fisch ausführt, selten beißt er zu. Da die über 600 Zähne im Hechtmaul rasiermesserscharf sind, können aber heftig blutende Wunden daraus resultieren. Auch Attacken auf Hände und Füße kommen vor. Aber da muss man auch beachten unter welchen Umständen: Ein Hecht wird im Wasser „spaddelnde“ Hände oder Füße nicht in Verbindung bringen mit deren Besitzer im Boot oder auf dem Steg. Der Hecht sieht nur die Bewegung einer passend erscheinenden Beute und packt zu – und schon hat die „Yellow Press“ wieder ein gruseliges Sommerloch-Thema …

 

3. Zander

Würde ein Zander von der Größe dieses 105 cm langen Fanges von Veit Wilde sein Gelege gegen menschliche Eindringlinge verteidigen, käme das einem Erdbeben in der Medienlandschaft gleich.

Gar gruselig sieht der Zander aus, wenn er seine Zähne zeigt: Die 4 „Hundszähne“ vorne im Maul verleihen dem Fisch im Zusammenspiel mit seinen schillernden Augen etwas dämonisches. Und in der Tat: Wenn er sein Maul über der Hand zuklappt, während man den Haken löst, kann das ganz schön schmerzhaft sein. Das Thema ist aber nur für Angler relevant.

Dass der Zander auch Menschen angreift, ist allgemein eher unbekannt. Aber er betreibt wie der Wels Brutpflege, und es sind die männlichen Fische, die das Gelege bewachen. Kommt ihnen nun ein Mensch zu nahe, starten sie den Angriff. Allerdings ist eine Zanderattacke außerordentlich selten. Immerhin findet man bei Google anderthalbtausend Hinweise auf beißende Zander, einige stammen vom Lago Maggiore, wo ein 70 cm langer „Monster“-Zander Badegäste in Panik versetzte. Auch mit diesem Fisch wurde kurzer Prozess gemacht und getötet. Wer diesen Beitrag aus der Schweizer „Blick“ liest, weiß nicht, ob er weinen oder lachen soll. Allein die Gewichtsangabe von 8 kg (!) für einen 70-cm-Zander verleiht der Story schon einen massiven Anstrich wahrhaftiger Unglaubwürdigkeit! Kleiner Hinweis: Die „Blick“ ist das schweizer Pendant zur „Bild“ und genauso „seriös“…

Bild: Veit Wilde

Die „Hundszähne“ des Zander sind eher kegelförmig und längst nicht so scharf wie die des Hechtes. Etwaige Beißattacken dürften eher zu blauen Flecken führen.

Die Seltenheit von gemeldeten Zanderattacken mag daran liegen, dass seine Laich- und Brutzeit ins Frühjahr fällt, und zu dieser Zeit sind noch kaum Badegäste im Wasser. Allerdings gibt es Berichte von Tauchern, die von brütenden Zandern attackiert und auch herzhaft gebissen wurden. Hier das Video einer „Zander-Attacke“ auf einen Taucher.

Allerdings bekommt man beim Betrachten des Clips eher den Eindruck, der Zander versuche verzweifelt, dem ihm auf die Schuppen rückenden Taucher zu entkommen als umgekehrt!

4. Wels

 Wels im Brombachsee

Bild: Herbert Frei

Der Wels hat zugegebenermaßen eine „große Klappe“. Aber die braucht er auch, um genügend Sog zu erzeugen, mit dem er seine Beute einsaugt.

Der Oberbösewicht, das Monster in Flüssen und Seen, immer darauf bedacht, Dackel und kleine Kinder zu fressen – die Klimax dessen, was deutsche Gewässer an Grusel zu bieten haben, kurz: Das Beste, was dem Boulevard zum Füllen des Sommerlochs passieren kann. So füllt der Wels die unbekannten Tiefen von Stadtteichen und die Zeilen der „Yellow Press“. Und vor allem: Seine Angriffe hinterlassen Spuren! Panische Dackelbesitzer und Badegäste mit Bissspuren an den Beinen, die auch noch bluten (was bei einer Welsattacke an einem FKK-Strand unter den männlichen Badegästen los gewesen sein könnte, mag man sich gar nicht ausdenken…)! Wenn dann noch ein schießwütiger Dorfschupo dazu kommt, der das blutrünstige Ungeheuer mit mehreren Schüssen aus seiner „9-Millimeter“ zur Strecke bringt, ist die deutsche Volksseele ganz weit weg von wahnsinnigen Dumpfbacken aus Moskau oder blonden Cowboys aus USA.

Genug der Polemik, halten wir uns an die Fakten: Ein Wels hatte im Brombachsee Badende attackiert. Der Fisch hatte wohl unterhalb der Badeinsel, an der das Geschehen stattfand, sein Nest angelegt, dass er logischerweise verteidigte gegen die menschlichen „Eindringlinge“ – eine ganz natürliche Reaktion! Dies wurde auch von den allermeisten Medien auch korrekt dargestellt, nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte. In der Regel finden Wels-Attacken als Rammstöße mit dem Kopf statt. Da dort aber auch das Maul sitzt, bestückt mit mehreren Reihen so genannter Hechelzähne, sind Verletzungen natürlich nicht auszuschließen. Diese ähneln Abschürfungen durch ganz grobes Schmirgelpapier und gehören wie eben diese behandelt!

Bild: A. Bischof

Großmaul: Da passt eine Menge rein, aber kein Dackel! Die Hechel- oder Bürstenzähne, die man sehr gut erkennen kann, können bei Bissen zu Abschürfungen führen.

 

Wie bei allen Angriffen von Süßwasserfischen auf Menschen, sind auch solche von Welsen außerordentlich selten. Wie selten, mag dadurch verdeutlich werden, dass die Journaille tief in den Archiven wühlen musste, um eine angebliche Attacke auf einen Dackel zu finden, die 20 Jahre her ist. Der 1,60 m lange „Kuno, der Killer“-Wels wurde später tot gefunden. Wahrscheinlich hat er sich angesichts der Aufregung um ihn totgelacht …!

Der Wels ist natürlich ein Raubfisch, der alles frisst, was ihm vor das breite Maul kommt: Fische, zuallererst, aber auch Enten(-Küken) und Kleinsäuger wie Ratten oder Mäuse. Und die Welse, die in der Rhone Jagd auf Tauben machen, sind schon legendär.

Aber selbst ein 2-m-Wels würde sich an einem Dackel mehr als verschlucken. Der Hund wäre einfach zu groß für den Fisch.

6. Gefährlicher Winzling

Bild: Thomas Pruß

Bei diesem Stichling (Fisch im Schlichtkleid) sieht man gut die Namensgebenden 3 Rückenflossenstacheln.

In der Aufregung um all’ die „Monsterfische“ in unseren Gewässern, wird eine Kreatur oft einfach übersehen, obwohl sie ebenfalls äußerst aggressiv reagiert und dazu noch extrem stark bewaffnet und gepanzert ist. Dieser Fisch greift zwar auch nur an, um sein Gelege zu beschützten, aber das tut er mit äußerster Konsequenz und Brutalität, bei der ihm kein Gegner zu groß und gefährlich ist. Nur wenige Menschen haben die Gefährlichkeit dieses Fisches erkannt. So wie jener Besitzer eines kleinen Baggersees, der die Scharen von Badegästen im Sommer nicht los wurde. Bis er sich des Fisches entsann und Schilder aufstellte:

„Achtung! Gasterosteus aculeatus im See – Baden auf eigene Gefahr!“

Von Stund’ an versank der kleine Baggersee wieder in den Dornröschenschlaf, den sein Besitzer so herbei sehnte …

Der deutsche Name dieses „Monsters“?

Dreistacheliger Stichling!


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