Aal verwicklungsfrei – mit dem John-Sidley-Rig

Für viele Angler ist das Aalangeln im Fluss einfaches „Plumpsangeln“: Dicke Schnur, dickes Sargblei, dicker Haken mit dickem Köder. Klar, damit fängt man Aale. Man muss sich aber nicht wundern, wenn der Nachbar mehr fängt, weil der einfach raffinierter angelt und sein Gewässer anders liest!

Bild: Adobe Stock / Piotr Wawrzyniuk

Wer das richtige Rig benutzt und mehr Wert auf die Stellenwahl legt, kann sich meist auch über bessere Aal-Erfolge freuen!

Viele Aal-Angler suchen in Flüssen ruhige und tiefe Bereiche auf, wo sie ihre Köder anbieten. Das ist grundsätzlich nicht falsch. Allerdings sind das eher Abschnitte, in denen Aale den Tag verdämmern. Und selbstverständlich können Sie in solchen Bereichen vor allem im Hochsommer sehr gut tagsüber auf Aal gehen: Die Tiefe ist dunkler, und wenn dann noch Bäume und Büsche am und im Wasser für Schatten und Deckung sorgen – umso besser. Trübt dann noch ein Sommer-Hochwasser den Fluss, brauchen Sie sich wirklich keine Nächte um die Ohren schlagen, denn die Aale sind dann den ganzen Tag aktiv. Vorzugsweise in den ufernahen Randbereichen des Flusses, wo ihnen Würmer, Schnecken und Insekten und deren Larven buchstäblich ins Maul schwimmen.

Ab in die Strömung

In der Dunkelheit aber suchen die Schlängler gerne stärker strömende, hindernisreiche bzw. steinige Strecken auf. Wer in der Nacht in den Rauschen angelt, hat gute Chancen auf große Aale. Wobei die sich wiederum eher nicht in der Hauptströmung aufhalten, sondern an deren Rändern, z. B. in Rundläufen. Dort finden sie jede Menge Nahrung, seien es kleine Krebschen, Insektenlarven oder auch Brutfischchen. Ganz nebenher ist das Wasser in den Rauschen natürlich auch sauerstoffreicher, was dem Aal-Stoffwechsel zugute kommt. Und gerade im Sommer finden die Aale in den Flachwasserzonen auch für sie höchst angenehme Temperaturen.

Bild: Th. Pruß

Ungewöhnliche Plätze am Fluss sind oft top zum Aale-Angeln: Suchen Sie nach Rauschen, Rieselstrecken, Ufervegetation und Flachwasser.

Der Horror erwacht!

Machen Sie mal einen Versuch: Wenn Sie das Glück haben, an einem Mittelgebirgsfluss zu leben, der sich weitgehend ungestört durch die Landschaft windet, sollten Sie nachts einmal mit dem Rotlicht Ihrer Kopflampe die Uferbereiche der Rauschen ableuchten: Was dort an Leben wimmelt und krabbelt, sieht man tagsüber nicht: Die meisten Kleintiere verstecken sich dann unter den Steinen. Aber der „Horror“ wartet in der Nacht – für diese kleinen Lebewesen: Denn wenn Sie Glück haben, entdecken Sie vielleicht sogar einen Aal bei der Nahrungssuche! Seien Sie nicht überrascht, wenn der Schleicher dabei fast über Land geht. Und seien Sie noch weniger überrascht, wenn Sie feststellen, wie schnell ein Aal sein kann. Ich habe jahrelang Aale im Aqua­rium gehalten. Wenn ich denen als ­„Leckerli“ kleine Brutfischchen ins Aquarium gab, jagten sie die mit einer Geschwindigkeit wie der „Teufel die arme Seele“.

Unerwartete ­„Wurzelmonster“

In den großen Strömen, deren Ufer oft mit Steinpackungen stabilisiert sind, gehört der Köder zu deren Füßen an den Übergang zum Flussgrund. Ihre Körperform erlaubt es den Aalen ja gerade, sich in jede kleine Ritze zu zwängen auf der Suche nach Nahrung. Aber auch dort, wo keine Steinpackungen die Flussufer verunstalten, wo Schilf, Erlen und Weiden die Ufer begleiten und der Fluss flach und ruhig fließt, wo der Grund nicht steinig ist sondern sandig, ist in der Nacht höchste Aalzeit. Ich hatte im Studium einem Kommilitonen geholfen, einen kleinen Fluss elektrisch zu befischen. Die gewählte Strecke war knapp hüfttief, bewachsen mit wenigen Inseln Wasserhahnenfuß, jedoch mit üppigem Erlenbestand am Ufer.

Bild: Adobe Stock / RLS Photo

Nicht immer sind Aale dort, wo man sie zunächst vermuten würde! Führen altbekannte Plätze nicht zum Erfolg, müssen eben Alternativen her.

Alles in allem ein langweiliger Flussabschnitt für Aalangler. Aber nur solange, bis wir die Strecke unter Strom setzten: Zu Dutzenden kamen plötzlich Aale aus dem Wurzelwerk der Erlen geschossen und getrieben. Ein „Wurzelmonster“ nach dem anderen, manche unterarmdick. Wir und die Mitglieder des Angelvereins an dieser Strecke waren sprachlos! Hier hatte noch nie jemand auf Aal geangelt, eben, weil die Strecke so unergiebig schien! Die Lehre, die wir aus diesen Beobachtungen zogen: Sucht ungewöhnliche Plätze am Fluss zum Aale-Angeln: Rauschen, Rieselstrecken, Ufervegetation, Flachwasser! Wenn an den altbekannten Plätzen nichts beißt, muss man halt neue suchen. Und zum Erfolg trägt dann auch bei, eine Montage zu verwenden, die nicht nur faktisch verwicklungssicher ist, sondern auch noch enorm sensibel – die Montage, die den Namen ihres Erfinders trägt: John Sidley!

15/20/15: der John-Sidley-Rig-Code für mehr Aal

Aalspezialisten kennen den Code: Er bezeichnet die Schnurlängen in einer der besten Aalmontagen, nein: in der besten überhaupt – das John-Sidley-Rig! John Sidley war bestimmt der beste Aalangler in Großbritannien; auf jeden Fall hat er dem Aal-Angeln in seinem Heimatland zu einem Kultstatus verholfen. Nicht zuletzt hat die von ihm ausgetüftelte Montage zu seinen Fangerfolgen beigetragen. 15–20–15 bedeutet: das Blei hängt an einem 15 cm langen Seitenarm. Zwischen Hauptschnur und Vorfach wird ein 20 cm langes Zwischenvorfach geschaltet. Das Vorfach selbst ist wieder 15 cm lang. Das Rig (s. Zeichnung) ist dermaßen flexibel, dass es von einem Aal in bestimmt 98 % aller Fälle nicht vertüdelt werden kann. Die restlichen 2 % sind falsch ausgeführte Montagen und ganz besonders diese kleinen, bleistiftdünnen Miniaale, die gerade in die Flüsse aufsteigen …

Bild: Rainer Jahnke/Th. Pruß

Das John-Sidley-Rig im Überblick:

Ein „stahlhartes“ Rig

Beim Aal-Angeln mit Köderfisch schaltete John Sidley aber ein 30 cm langes Stahlvorfach ein: 1. weil der Köder auch Hechte anlockt, 2. weil große Breitkopf-Aale mit ihren Raspelzähnen eine Monofile durchaus schwer beschädigen können, was zu Fischverlusten führen kann. Das längere Stahlvorfach mag auf den ersten Blick merkwürdig sein, denn um das Rig verwicklungsfrei zu halten, sollte man sich schon an die Maße halten. Aber ein Stahlvorfach ist steifer als Monofile und verwickelt sich deshalb nicht.

Bild: Th. Pruß

Selbst große Wurfweiten sind mit dem genialen Rig von John Sidley kein Problem!

John-Sidley-Rig: Immer gut angepasst

Selbstredend kann man das Rig aber auch modifizieren – der „Code“ ist nicht in Stein gemeißelt. Doch immer – und das ist extrem wichtig – sollte das Zwischenvorfach mindestens 5 cm länger sein als der Blei-Seitenarm und das Hakenvorfach! „Mein“ John-Sidley-Rig ist auf die Bedingungen in den norddeutschen Flüssen abgestimmt, was bedeutet, dass es den Attacken von Wollhandkrabben widerstehen muss: Der Haken ist an ein geflochtenes Karpfen-Vorfach geknüpft, und auch das Zwischen-Vorfach und der Blei-Seitenarm sind aus einer 16er Geflochtener.

Bild: Th. Pruß

Das John-Sidley-Rig eignet sich für viele Situationen, sogar mit dem Sog großer Schiffe wird es fertig.

Das Blei wähle ich bei schwacher Strömung bis 30 g, bei starker Strömung (Gezeitenfluss) bis 150 g. Beim Angeln im Nord-Ostseekanal, wo es darauf ankommt, den Köder am 11 m tiefen Grund in der Kanalmitte anzubieten, gehe ich auf 80 bis 100 g Gewicht. John Sidley selbst fischte im Stillwasser mit 45 g schweren Bleien. Machen Sie sich keine Gedanken, wenn Sie feststellen, dass sich das Rig vor dem Auswerfen umeinander wickelt: Im Wurf wird es sich unweigerlich wieder entwickeln, weil das schwere Blei voraus fliegt und die leichteren Bestandteile des Rigs (Haken und Köder) hinter sich her zieht.

John-Sidley-Rig: für Fluss und Kanal

Große Flüsse und Tidengewässer erreichen erhebliche Strömungsgeschwindigkeiten. Hier muss selbst das John-Sidley-Rig natürlich gewichtsmäßig angepasst werden. Es ist bekannt, dass John Sidley seine dicksten Aale nicht in Flüssen fing, sondern in Baggerseen ohne Abfluss. Dennoch ist sein Rig absolut ideal fürs Aal-Angeln in Flüssen. Selbst in stärkster Strömung, wenn das Blei über den Grund kullern sollte, wird es sich nicht verwickeln. Das Aalangeln im Nord-Ostseekanal ist der Härtetest für dieses Rig: Wenn die dicken Pötte die Angelstelle passieren, ­erzeugen sie so viel Sog und Strömung, dass die Montage am Grund bis zu 50 m weit versetzt werden kann – trotz der 80 oder 100 g schweren Bleie. Es mag den Wurm vom Haken reißen, aber das Rig bleibt heil! Da die Herstellung des John-Sidley-Rigs ein wenig Fummelarbeit ist, sollten Sie ein wenig Zeit opfern und sich zuhause ein paar Rigs auf Vorrat binden. Und wenn Sie das nächste Mal einen Aalansitz planen, denken Sie auch ihren Angelplatz einfach mal neu: Weg von den einge­fahrenen alten Stellen und hin zu neuen Ufern!

Bild: Th. Pruß

Herrscht starke Strömung, werden die Ruten nach oben gestellt, das nimmt den Druck aus der Schnur und verbessert die Bissanzeige.

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