Neun Millionen fehlende Rotlachse

In den Zuflüssen des Fraser Rivers wimmelt es zu dieser Jahreszeit normalerweise von Rotlachsen. Jetzt sind die Flüsse wie tot.

British Columbia: „Salmon
Run Disaster“ („Desaströser Lachsaufstieg“) titelte die Globe and Mail
am 13. August auf der Titelseite ihrer nationalen Ausgabe. Wenn sich die
renommierteste Zeitung Kanadas, die auf Seite eins in der Regel über Politik
und Wirtschaft berichtet, mit dem Thema befasst, musste etwas wirklich
Außergewöhnliches vorgefallen sein: mindestens neun Millionen Rotlachse
(„Sockeye“) sind verschwunden. Hendrik Breuer berichtet live aus Kanada!

Die Zeitung berichtet, dass in diesem Jahr nur 1,7 Millionen Rotlachse in den Fraser River, der bei Vancouver in den Pazifik mündet, aufgestiegen seien. Noch vor wenigen Wochen hätte das Department of Fisheries and Oceans einen Aufstieg von 10,6 Millionen bis zu 13 Millionen Rotlachsen vorausgesagt. Demnach fehlten mindestens neun Millionen Lachse, über deren Verbleib momentan nur spekuliert werden könne. Die Globe and Mail bezeichnet das Ausbleiben der Lachse als größtes Lachsdesaster der moderneren Geschichte, zudem sei es unerklärlich. Experten wissen, dass im Jahr 2005 fast neun Millionen Rotlachse im Fraser gelaicht haben und eine Rekordzahl an Smolts zwei Jahre später aus den Seen der Region ins Meer abgewandert waren. Allein in den Flusssystemen des Chilko und des Quesnel waren 130 Millionen Smolts herangewachsen. 2009 hätte es dem Lebenszyklus der Rotlachse nach zu einem Rekordaufstieg kommen müssen. Der ist offensichtlich ausgeblieben. Einige Experten hielten es für möglich, dass sich die Smolts in der Straße von Georgia, in der es viele Lachszuchtanlagen gibt, mit der Lachslaus infiziert haben könnten. Der Parasit ist in der Vergangenheit schon mehrfach von Zucht- auf Wildlachse übergesprungen. Brian Riddell, Präsident der Pacific Salmon Federation, hält es zwar für möglich, dass der Parasit ein Grund für den Ausfall vieler Lachse sei, gibt aber auch zu bedenken, dass es diese Farmen dort schon seit Jahren gibt und dass sie bislang keine Auswirkung auf die Überlebensraten der Lachse im Fraser gehabt haben. Die Wissenschaftlerin Alexandra Morton hält dagegen. Sie behauptet, dass genetische Untersuchungen ergeben hätten, dass die Fraser-Rotlachse in der Straße von Georgia mit Lachsläusen infiziert worden seien. Die an den Lachsen gefundenen Läuse waren alle jung, was bedeutet, dass sie aus der Gegend stammen mussten, wo wir sie fanden, was in der Nähe von Fischfarmen bei den Discovery Islands (in der Straße von Georgia) war. Angelführer Brian McKinley gibt Morton recht: Ich denke, es ist ziemlich klar, dass Lachse überall dort gut überleben, wo es keine Fischfarmen gibt. Mit Wehmut erinnert er sich an frühere Aufstiege: Ich erinnere mich daran, dass Rotlachse den Fluss im August und September zum Kochen brachten. Es war der Wahnsinn jetzt ist der Fluss wie tot. Es werden in diesem Jahr noch weitere Lachsaufstiege am Fraser erwartet, insbesondere sollen 17 Millionen Buckellachse aufsteigen. Ob es dazu aber auch wirklich kommt, kann niemand vorhersagen. Jetzt soll ein internationaler Lachsgipfel klären, was mit den Rotlachsen des Fraser River geschehen ist. Weitere Informationen findet man in den Artikeln, die seit letzter Woche in der Globe and Mail erschienen sind.


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