Wir sind keine Randgruppe

Fishing Ladies gehen im Traum auf Fischfang, wenn die fehlende Zeit keinen realen Angelausflug zulässt. Sie sind Mitglieder in Angelvereinen, packen bei Arbeitseinsätzen mit an und sagen schlagfertig ihre Meinung – auch wenn sie manchmal beäugt werden wie sprechende Frettchen.

Dieser Meterhecht steht in Michaela Brandts Fangbuch. privat

Im vierten Teil unserer blinker.de-Serie berichtet Michaela Brandt von den Anfängen und der Gegenwart ihrer Angelleidenschaft. Sie bedauert, dass es nur wenige angelnde Frauen gibt, geht aber auch gerne mit männlichen Kollegen auf Fischfang. Michaela beweist, dass sich Anglerinnen den nötigen Respekt mit Fischen und Schlagfertigkeit einholen können.

Wir sind keine Randgruppe

Für Michaela Brandt sind angelnde Frauen längst nichts Ungewöhnliches mehr, aber leider immer noch die Seltenheit: Der Angelsport gilt in erster Linie als Männersache und Frauen werden oftmals als Randgruppe betrachtet. Meiner Erfahrung nach sind Frauen durchaus willkommen in der Männerrunde, und die Integration als Frau in einem weltweit verbreiteten Hobby lässt die Bezeichnung Randgruppe nicht zu.

Dass das Angeln für die Herrschaften eine Möglichkeit ist, Abstand vom Alltag zu gewinnen, den Berufsstress zu vergessen und die Natur zu genießen, ist bekannt. Anglerinnen haben die gleichen Beweggründe ans Wasser zu fahren und demnach muss ein Angelausflug nicht unbedingt eine Männerrunde darstellen.

Angeln ist nicht nur Männersache

Dass viele Frauen mit dem Angelsport nichts anfangen können, liegt nicht an quirligen Köder und den schleimigen Fischen, glaubt Michaela: Wie Frauen letztendlich auf den Geschmack des Angelsports kommen, kann viele Gründe haben. Vielleicht ist es der eigene Wunsch, gewecktes Interesse durch Medien oder aber die Neugier am Hobby des Partners, die Frauen oftmals nicht nur einmalig ans Wasser lockt.

Michaela geht seit nunmehr 13 Jahren angeln und hat in dieser Zeit keine andere Anglerin kennengelernt. Die weibliche Fraktion meines Freundeskreises kann mein Hobby nicht nachvollziehen. Stundenlanges Warten auf den ersehnten Biss ist für Nichtanglerinnen nicht nachvollziehbar, ebenso Übernachtungen in der Wildnis, waschen im See oder Fluss sowie schmutzige Hände und Kleidung. Für den Großteil der Frauen sind diese Gegebenheiten der reinste Albtraum im Gegensatz zum neuesten Nagellack im Drogeriemarkt.

Eine Rotfeder weckt die Faszination

Untypischerweise gibt es in Michaelas Familie keine Angler. Von Kindesbeinen an hegte sie große Begeisterung an der Welt unter Wasser. Während sich andere Kinder einen Hund wünschten, bekam Michaela den Wunsch nach einem Aquarium erfüllt. Sie studierte stundenlang das Verhalten ihrer Flossen tragenden Mitbewohner. Zu dieser Zeit luden sie Kinder aus der Nachbarschaft zu einem Angelausflug ein. Sie wollten Opas neue Kniffe ausprobieren und Michaela freute sich, dabei sein zu dürfen.

Stolz zeigten sie mir ihre Angelausrüstung und erklärten mir die Funktionen der jeweiligen Geräte. Umso größer war die Faszination als eines der Kinder ein recht großes Rotauge fing. Ich war wie gefesselt, wollte es unbedingt selbst ausprobieren und fing prompt eine schöne Rotfeder. Das Rucken in der Rute, die Ungewissheit darüber welcher Fisch sich an meinem Köder zu schaffen gemacht hat und der anschließende Erfolg haben mich gefesselt. Von diesem Tag an opferte ich den Großteil meiner Freizeit dem Angelsport. Michaela verkaufte ihr Aquarium und schaffte sich von dem Geld die erste kleine Angelausrüstung an.

Dicke Karpfen haben es Michaela angetan. privat

Dicke Karpfen haben es Michaela angetan.

Bild: privat

Dicke Karpfen haben es Michaela angetan.

Im Traum auf Fischjagd

Michaelas Angleralltag läuft ziemlich genauso ab, wie bei jedem anderen Sportsfreund auch. Wenn sie keine Zeit oder Möglichkeit hat, ans Wasser zu kommen, zieht sie zumindest in ihren Gedanken die prächtigsten Karpfen und die größten und grimmigsten Welse an Land oder beobachtet einen kleinen Hecht bei der Jagd nach Beutefischen. Sie durchdenkt neue Strategien, studiert neue Methoden in Büchern und Zeitschriften oder putzt und sortiert die Angelausrüstung.

Am Wasser setzt sie dann die Theorie in die Praxis um. Dabei arbeitet Michaela vor jedem Angeltrip eine gedankliche Checkliste ab: Welche Fischart möchte ich beangeln? Habe ich die passende Ausrüstung verstaut? Welche Köder brauche ich? Dann werden auch schon mal Termine oder Verabredungen abgesagt, wenn meiner Meinung nach besonders gute Wettereinflüsse für einen Angeltrip sprechen.

Keine Rute im Hello-Kitty-Style

Wenn es um die Wahl der Ausrüstung geht, hat sich Michaelas Einstellung in den vergangenen Jahren geändert. Um ehrlich zu sein, haben mich zu Beginn meines Hobbys durchaus die Farbgebungen von Ruten interessiert. Da wurde eher zur metallisch schimmernden, mitternachtsblauen Rute gegriffen als zur qualitativ hochwertigeren aber langweilig schwarz lackierten.

Diese Ansicht änderte sich jedoch sehr schnell, als ich begann, mich mit der Funktionalität von Rute, Rolle und Co. auseinanderzusetzen. Jetzt legt die Anglerin viel Wert auf das Preis-Leistungs-Verhältnis, auf die Verarbeitung und die eigentliche Qualität und Belastbarkeit des Produkts. Spezielles Frauen-Equipment ist ihr nicht bekannt und für ihr Empfinden auch nicht notwendig, bis auf vernünftige Angelbekleidung, z.B. Wathosen oder Thermobekleidung. Eines steht inzwischen für sie fest: Eine Rute im Hello Kitty-Style würde meinen Geldbeutel jedenfalls nicht belasten.

Angestarrt wie ein sprechendes Frettchen

Im vergangenen Jahr ist Michaela von Bremen nach Nordrhein-Westfalen umgezogen. Hier hat sie den Rhein fast vor der Haustür und einige interessante Vereinsgewässer in der Nähe. Sicher wird sie auch hier einen passenden Angelverein finden, um ihre Angelmöglichkeiten zu vervielfältigen. In Bremen war Michaela zeitgleich in zwei Vereinen Mitglied und zudem aktiv in den Gewässerschutzgruppen der jeweiligen Vereine tätig.

Hierbei besuchte sie monatliche Meetings und Arbeitseinsätze wie Fischbesatz, Wasseruntersuchungen, Baumschnitt und Reparaturen an Bootsstegen. Es gibt tatsächlich nicht nur Anglerinnen, sondern auch Frauen, die zudem mit Hammer, Säge und Bohrer umgehen können. Die Aufnahme und Akzeptanz als Anglerin in einem Sportfischerverein war für Michaela immer sehr gut und herzlich, auch wenn sie als mitdiskutierende Frau auf Jahreshauptversammlungen schon mal angestarrt wird wie ein sprechendes Frettchen. Dass Anglerinnen freiwillig Würmer und Maden im Kühlschrank aufbewahren, macht sie umso akzeptabler.

Auch beim Watangeln auf Hornhechte machte Michaela tolle Fänge.

Bild: privat

Auch beim Watangeln auf Hornhechte machte Michaela tolle Fänge.

Am Wasser häufig angesprochen

Wie Männer auf angelnde Frauen reagieren, ist für Michaela ein eigenes Thema: Ohne Begleitung wird man sehr schnell von anderen Anglern angesprochen. Das kann zum Teil auch mal unangenehme Eindrücke hinterlassen. Glücklicherweise ist es die Seltenheit. Es werden Sprüche geklopft wie: Ich dachte Anglerinnen sehen aus wie Kerle! Da muss man als Frau hin und wieder durch und sollte es als Kompliment betrachten.

Hauptsächlich traf sie aber auf männliche Kollegen, die neugierig Fragen stellten, wie es unter Anglern üblich ist: Worauf wird gefischt? Wurde schon etwas gefangen? Auch das Gerät wird dabei begutachtet und es können sich durchaus interessante Gesprächsthemen rund ums Angeln entwickeln. Nicht selten äußern Männer ihr Erstaunen darüber, dass eine Frau Ahnung vom Angeln nachweisen kann.

Den hat sie doch nie selbst gefangen

Aber es gibt auch Männer, die kapitale Fangerfolge von Anglerinnen nicht nachvollziehen können. Michaela erlebte folgende Geschichte: Ich angelte mit einem Kollegen am Vereinsgewässer in unmittelbarer Nähe zu einem Campingplatz. Der Koch des dortigen Restaurants, selbst ernannter Spezialist in Sachen Angelsport, stattete uns hin und wieder einen Besuch ab. Zufälligerweise tauchte dieser Spezi just in dem Moment auf, als ich einen ein Meter langen Amur zum Fotografieren auf den Händen trug.

Den hat die doch nie selbst gefangen! Der wurde ihr doch nur in den Armen gelegt…! Das waren seine laut gerufenen Aussagen mit Blick zu seinen Gästen. Die Restaurantbesucher auf der nahe gelegenen Terrasse schüttelten verständnislos mit dem Kopf, immerhin sahen die Gäste, dass ich diesen Fisch allein fing. Nachdem ich laut äußerte: Die Suppe, die Sie da essen, hat nicht dieser Koch für Sie zubereitet!, wurde meine Schlagfertigkeit mit leisem Gelächter belohnt. Jetzt müssen wir nur noch aufklären, dass Frauen auch rückwärts einparken können. Für Michaela Brandt ist das Angel ein großer Teil ihres Lebens: Ich habe dadurch viel Lebenserfahrung sammeln können. Man lebt in und mit der Natur, lernt diese zu respektieren und zu schätzen. Ein Leben ohne Rute in der Hand ist für mich unvorstellbar geworden.

Fishing Ladies – Teil I: Felicitas Krause
Fishing Ladies – Teil II: Constanze Laudage
Fishing Ladies – Teil III: Claudia Knauer
Fishing Ladies – Teil V: Najwa Hussein
Fishing Ladies – Teil VI: Doris Sell
Fishing Ladies – Teil VII: Ivonne Schumacher
Fishing Ladies – Teil VIII: Silke Hahn-Heß
Fishing Ladies – Teil IX: Tina Rottmann
Fishing Ladies – Teil X: Babs Kijewski
Auch im Blinker-Forum wird über die Fishing Ladies diskutiert. Hier geht’s zum Thread…


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