Streetfishing: So Spannend kann Angeln in der City sein!

Angeln mitten in der Stadt? Nein danke, war bis vor einpaar Jahren, die einhellige Meinung. Doch der Trend flaut nicht ab, immer mehr junge Angler zieht es in die Stadtgewässer. Streetfishing ist und bleibt ein Trend. David Pierrot aus Frankreich, dem Land, in dem das Streetfishing schon lange ein Trend ist, erklärt uns warum diese Angelei so faszinierend ist.

Am betonierten Ufer eines Flusses wirft ein junger Angler seinen Wobbler aus. Nach ein paar Würfen reißt er plötzlich die leichte Spinnrute nach oben. Ein Fisch ist auf den Köder geknallt – mitten in der Großstadt. Nach kurzem Drill ist der Räuber, ein mittlerer Barsch, ausgedrillt. Der Angler macht noch drei Würfe, dann steckt er die Rute zusammen, packt die Köderbox in seinen Rucksack und geht zielstrebig zur nächsten U-Bahnstation, um zum nächsten Hotspot am Fluss zu gelangen.

Früher verpönt

Was vor einigen Jahren noch undenkbar war, sieht man heute immer häufiger: Angler, die mitten in der City ihre Köder auswerfen – und Fische fangen. Streetfishing heißt der Trend, der vor allem junge Angler in ganz Europa fasziniert. Seinen Ursprung hat das Streetfishing in den französischen Städten Paris, Toulouse und Straßburg. Was dort Ende der 1990er Jahre von wenigen Pionieren betrieben wurde, breitete sich schnell aus. Heute findet man Street­fisher in vielen französischen, belgischen und niederländischen Städten. Auch nach Deutschland und sogar Russland ist diese Welle übergeschwappt. In einigen Ländern werden sogar Wettbewerbe im Streetfishing durchgeführt. Warum wird Angeln zwischen Hochhäusern, an den Verkehrsadern der Großstädte und an betonierten Kanalufern immer populärer? Schließlich ist es genau das Gegenteil von dem, was der normale Angler sucht: Ruhe und Erholung in der Natur. Aber gerade für Menschen, die in den immer größer werdenden Städten leben, ist die Angelei an naturbelassenen Gewässern mit einem großen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Das gilt besonders für Jugendliche. Sie haben nicht die Möglichkeit, viele Kilometer ans Wasser zu fahren. Also suchen sie sich Gewässer, die in unmittelbarer Nähe liegen: Flüsse, Kanäle und Häfen mitten in der Stadt. Wer glaubt, dass in den oftmals trüben Fluten nichts zu holen sei, ist auf dem falschen Dampfer: Barsche, Zander, Döbel und Rapfen, manchmal auch Hechte und sogar Welse gehen an den Haken. Um zu den guten Stellen zu gelangen, braucht man kein eigenes Auto: Man kann sie mit dem Fahrrad, der U-Bahn oder der Straßenbahn anfahren. Sollte es an einem Platz nicht beißen, ist eine neue Stelle innerhalb kurzer Zeit zu erreichen.

Leichtes Gepäck

An die mobile Angelei haben Streetfisher ihre Ausrüstung angepasst: sperrige Sitzkiepen und überdimensionierte Taschen wird man bei ihnen vergeblich suchen. Eine 2,10 Meter lange mittlere Spinnrute, eine mit dünnem Geflecht oder 0,20er bis 0,25er Monofilschnur bespulte Stationär- oder Multirolle, eine Köderbox und ein paar Hilfsmittel wie eine Hakenlösezange oder ein Boga-Grip – mehr braucht der moderne Stadtangler nicht. Dieser Minimalismus erstreckt sich allerdings nicht auf die Köder. Klassiker wie Blinker oder Spinner gehören zum alten Eisen. Angesagt sind hingegen moderne Wobblertypen, auch Hardbaits genannt, und Gummiköder in allen erdenklichen Farben und Formen. Sie sind für den Streetfisher genauso wichtig wie das Angeln. Sich in Katalogen oder im Internet über neue Köder zu informieren, sie auszuprobieren und zu vergleichen, ist genau so spannend wie der Drill eines Fisches. Viele junge Angler sammeln sogar Köder. Ihr Ziel ist es bespielsweise, alle Farbvarianten eines bestimmten Wobblermodells zu besitzen. Manchmal kommt man sich am Ufer eines Kanals vor wie bei den Pariser Modewochen. Nur dass anstelle von Kleidern Köder vorgeführt werden. Man diskutiert über verschiedene Wobblermodelle und entwickelt gemeinsam Ideen für neue Designs und Formen. Köderschmieden wie Illex, Lucky Craft, Berkley, Strike Pro oder Rapala kennt jeder ernsthafte Streetfisher.

Ködervielfalt

Zur Standard-Ausrüstung gehören Kunstköder für unterschiedliche Fischarten und Angelmethoden. Besonders im Sommer ist das Oberflächenangeln beliebt. Knapp unter der Wasseroberfläche laufende Stickbaits bringen Bisse, wenn man sie mit regelmäßigen Spinnstopps über Krautteppichen führt. Auf einen Popper fallen gerade im Sommer größere Döbel herein. Bauchige Wobbler, sogenannte Crankbaits, sind oft mit einer Rassel­kugel ausgerüstet und erzeugen Vibrationen, die von den Raubfischen sehr gut wahrgenommen werden. Auch schwimmende, schlanke Wobbler, von Spezialisten als Minnows oder Twitchbaits bezeichnet, sind sehr beliebt. Nicht nur weil sie von den Fischen gerne attackiert, sondern weil man mit ihnen Stadtgewässer sehr gut befischen kann. Oft hat man in den Kanälen nämlich mit zahlreichen Hindernissen zu kämpfen. Auf dem Boden liegende Fahrräder und Einkaufswagen sind echte Köderfallen. Stößt man beim Angeln mit einem schwimmenden Twitchbait auf ein Unterwasserhindernis, hört man auf zu kurbeln. Der Köder steigt auf und bleibt mit etwas Glück nicht hängen. Ein sinkender Wobbler würde sich garantiert festsetzen. Wenn Fische den Köder zwar verfolgen, ihn aber nicht richtig attackieren, kommen Jerkbaits zum Einsatz. Durch Schläge mit der Rute kann man diese Köder seitlich ausbrechen lassen. Oft provoziert diese Köderführung den Räuber doch noch zum Biss. An Kaimauern und in Häfen ist das Vertikalangeln aussichtsreich. Häufig halten sich Zander und Barsche am Fuß der Spundwand auf.

Hart und weich

Aber nicht nur Köder aus hartem Plastik kommen in der Stadt zum Einsatz. Auch Würmer und Fischchen aus Weichplastik stehen bei den Streetfishern und den Räubern hoch im Kurs. Allerdings werden die Softbaits nicht nur auf herkömmliche Weise am Bleikopf angeboten. Man präsentiert den Gummiköder an der Dropshot-Montage oder am Texas- und Carolina-Rig. An diesen Montagen kann sich der Köder frei bewegen und lässt sich variabler führen. Außerdem spüren die Fische beim Biss kaum Widerstand. Voll im Trend liegen leichte Fransen-Jigs, die mit einem Borstenbüschel ausgestattet sind und solo oder mit einem Gummiköder garniert gefischt werden können. Insgesamt lässt sich beobachten, dass beim Streetfishing die Entwicklung zu kleinen Ködern geht: Ein nur zwei bis drei Zentimeter langer Gummiköder wird an einem kleinen Bleikopf mit einem Haken der Größe 10 angeboten. Ultra Finesse nennen das die Profis. Dazu passt natürlich eine ultraleichte Rute. Sie sollten allerdings nicht glauben, dass die Fische zwangsläufig klein und der Spaßfaktor beim Streetfishing gering ist. Diese Angelei ist eine neue, spannende Erfahrung in einer ungewohnten Umgebung. Sie werden sehen: Streetfishing macht süchtig.

Was sagt ihr zu diesem Thema – angelt ihr auch gerne in der Stadt?


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