Es ist eine Szene wie aus einem Traum. Gerade noch habe ich im klaren Wasser keinen Fisch gesehen, jetzt rollen Bugwellen auf mich zu. Große Mäuler öffnen sich und saugen schmatzend die Brotkruste ein. Meine Hände zittern, während ich das Schwimmbrot auf den Haken ziehe und die Wasserkugel mit einem leichten Unterhand-Schwung auswerfe. Ich befische diesen Fluss seit Jahrzehnten. Bislang bin ich davon ausgegangen, dass der Bestand sich in Grenzen hält. Hätte mir jemand gesagt, dass an einem einzigen Platz über 20 große Döbel aus dem Nichts auftauchen können – ich hätte ihn für verrückt erklärt.
Nur dem Zufall ist es zu verdanken, dass ich auf dieses Verhalten in meinem Fluss gestoßen bin. Ich saß am Ufer und aß eine Semmel. Aus dem Augenwinkel sah ich eine Bewegung an der Oberfläche des Flusses. War das ein Fisch? Ich warf ein Stück Semmel ins Wasser. Und was jetzt geschah, brachte mich völlig aus der Fassung: Aus mehren Richtungen rollten Bugwellen auf das Brot zu. Zwei große Döbel balgten sich um den Brocken.
Bild: E. Hartwich
Kaum landete das Brot im Wasser, waren die Döbel auch schon zur Stelle und kämpften regelrecht um das Futter.
Die Schleusen öffnen sich: Plötzlich Döbel en masse
Faszinierte beobachtete ich das Schauspiel. Ich warf noch mehr ins Wasser. Und jetzt schien sich eine unsichtbare Schleuse zu öffnen: Von allen Seiten stürmten Döbel auf meinen Köder zu. Ich zählte vier Fische, sieben Fische, zehn Fische – und es wurden mehr. Sie schoben ihre Dickköpfe auf das Brot zu, öffnen ihre Mäuler, saugten es ein. Und wer zu langsam war, der stürzte sich auf die langsam absinkenden Krumen. Nun denken Sie vielleicht, dass ich an einem Platz geangelt habe, wo sonst Enten gefüttert werden und die Döbel an Brot gewöhnt sind. Im Gegenteil! Der Angelplatz liegt auf einer Naturstrecke, wo keine Passanten unterwegs sind.
Die Döbel waren nicht an Brot gewöhnt, hatten aber offenbar die Chance auf eine schnelle Mahlzeit erkannt. Sobald Döbel einen Menschen sehen, werden sie vorsichtig. Schon manches Mal bin ich wie ein Indianer ans Ufer geschlichen, habe kaum geatmet – aber trotz perfekter Deckung haben die Döbel mich bemerkt und verschwanden auf nimmer Wiedersehen. Jetzt kommt die durchsichtige Wasserkugel zum Einsatz – eine traditionelle Methode, die immer noch vorzüglich funktioniert. Ich verwende eine 0,18er Monoschnur. Damit bin ich perfekt gerüstet, auch für Fische der Vier-Pfund-Klasse.
Bild: E. Hartwich
Damit das Angelbrot die ideale Konsistenz erreicht, wandert es für 1-2 Tage in einen Beutel – danach ist es viel zäher und hält dadurch um einiges besser am Haken.
Der perfekte Döbel-Köder für die Wasserkugel
Als Köder verwende ich für Döbel mit der Wasserkugel gekauftes Schwimmbrot aus dem Angelladen oder eigens präparierte Semmel. Man kann auch Weizenbrötchen verwenden. Nur muss das Brot zäh sein. Je gummiartiger, desto besser. Ich gebe die frische Semmel und einen kleinen Spritzer Wasser in einen Gefrierbeutel, verschließe ihn – und am nächsten Tag – oder noch besser, nach 2 Tagen – ist der Top-Köder einsatzfähig. Jetzt hält man ein extrem zähes Brötchen in der Hand. Nun noch ein kleines Stück rausreißen, die Kruste zwischen Daumen und Zeigefinger zusammendrücken und über den Hakenbogen aufziehen.
So geht die Montage
Die Wasserkugel-Montage für Döbel ist kinderleicht. Um die Kugel mit Wasser zu füllen, müssen die beiden Gummipropfen geöffnet werden. Dann bis zur Hälfte mit Wasser füllen und wieder verschließen. Ein Gummistopper oder zwei kleine Bleischrote fixieren den Abstand der Wasserkugel zum Haken. Fertig! Wer möchte, kann die Schnur auch noch ein wenig einfetten, dann schwimmt die Montage. Gerne verwende ich dazu einen Goldhaken mit nicht zu kleinem Hakenbogen.
Bild: E. Hartwich
Die Montage ist sehr unauffällig, doch sie funktioniert nur, wenn sich der Angler am Wasser ebenso vorsichtig verhält.
Wasserkugel-Taktik: Döbel angeln wie ein Ninja
Halten Sie ausreichend Abstand und nutzen Sie jede Deckung, die sich bietet. Achten Sie darauf, dass Ihr Schatten nicht aufs Wasser fällt. Bewegen Sie sich leise und werfen Sie den Köder nie direkt vor die Dickköpfe aus. Mindestens fünf Meter sollte der Köder oberhalb eingeworfen werden, um die hochstehenden Fische nicht sofort zu vergrämen.Von allen Seiten bewegen sich große und kleine Fischkörper mit einer Schnelligkeit auf das Semmelstück zu, dass das Wasser nur so spritzt. Nehmen Sie zur Pirsch zwei oder drei Semmeln zum Anfüttern mit. Ich breche einzelne Stücke heraus und lasse sie vorab mit der Strömung abtreiben. Das bringt die Fische in Beißlaune und das abtreibende Brot lockt sie zum Angelplatz, weil sie ihm entgegen schwimmen.
Wie mein Angeltag weiterging? Alles guten Dinge sind 3!
Wenige Sekunden nach meinem Wurf sah ich, wie mein Schwimmbrot im Maul eines dicken Döbes verschwand. Der Anhieb saß, meine Rute bog sich durch. Ich drillte den Fisch so schnell wie möglich aus dem Schwarm und landete ihn ein Stück stromab, um den Schwarm möglichst wenig zu stören. Nächster Wurf. Wieder ein Biss, wieder ein prächtiger Döbel. Aber dann passierte, was beim Döbel-Angeln typisch ist: Der Drill der Artgenossen machte den Schwarm skeptisch. Mit großer Mühe konnte ich noch einen weiteren Fisch zum Biss verleiten.
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