„In etwa 15 Minuten sehen wir die ersten Fische“, erklärt JB, unser selbstbewusster Guide, während wir am Ufer eines Gezeitenflusses stehen. Wir wollen Wolfsbarsch mit der Fliege fangen. Das Wasser zieht sich zurück und enthüllt unebenes Terrain aus Felsen und sandigen Flächen, die mit Blasentang übersät sind. Ich bin hier, um die Kunst des Sichtfischens zu erlernen – eine Technik, die an die Jagd auf Bonefish in der Karibik erinnert. JB hatte mir diese Methode empfohlen, und ich war sofort Feuer und Flamme. Die ersten Minuten sind voller Spannung. Plötzlich ruft JB: „Hier ist ein aktiver Fisch! Schnell!“ Mein Herz schlägt schneller, als ich versuche, den Fisch zu lokalisieren. Ich werfe meine Krebsimitation, doch meine Nervosität lässt mich im Baum hinter mir hängen bleiben. „Kein Problem“, sagt JB beruhigend, „wir bekommen noch viele Chancen.“ Die Suche führt uns weiter entlang des Ufers, wo die Kulisse des bretonischen Waldes mich verzaubert. Jean-Baptiste, ein erfahrener Fliegenfischer, kennt die besten Spots, und ich bewundere jedes Mal aufs Neue seine Fähigkeit, die Gezeiten und Strömungen zu lesen. Es ist ein Lernprozess, der Geduld erfordert, aber mein Vertrauen in seine Kenntnisse wächst. Nach einigen Minuten des Beobachtens erkenne auch ich die Unterschiede zwischen Meeräschen und Wolfsbarschen. Es ist eine Kunst, die Schwimmweise und die Position im Wasser zu deuten.
Bild: B. Wormuth
Neben Streamern sind vor allem Krebs- und Garnelenimitationen fängige Muster. Diese Fliegen haben schon den einen oder anderen Fisch gefangen.
Wolfsbarsch mit der Fliege: Eine spannende Herausforderung
Der Tidenhub in der Bretagne ist beeindruckend – regional bis zu 14 Meter! Das kann die Bedingungen innerhalb von Minuten verändern. Wolfsbarsche sind übrigens nicht nur in der Bretagne, sondern in weiten Teilen der Nordsee und entlang der europäischen Atlantikküste heimisch, von Marokko bis Norwegen – doch die schroffe Schönheit der Bretagne hat es uns besonders angetan. Wir fahren zu einem neuen Spot und entdecken bald mehrere Fische, die in der Strömung stehen. Adrenalin pumpt durch meine Adern, als ich einen Wurf mache, der perfekt landet. JB gibt Anweisungen, und als der Fisch zuschnappt, spüre ich den Druck. Nach einigen Stunden des intensiven Fischens habe ich meinen ersten Wolfsbarsch gefangen – ein Baby mit 45 cm, aber ein Erfolg, der mich beflügelt. Der erste Wolfsbarsch mit der Fliege! Die Freude am Sight-Fishing ist unbeschreiblich. Diese Technik erfordert Konzentration und Geschick, und der Nervenkitzel, wenn ein großer Fisch zuschlägt, ist unvergesslich. Die Bretagne bietet nicht nur erstklassige Angelmöglichkeiten, sondern auch eine reiche Kultur und hervorragende Küche. Ob die köstlichen Austern oder die herzhaften Galettes – hier kommt jeder Gourmet auf seine Kosten. Packt eure Angelausrüstung und erlebt die Faszination der bretonischen Küste – die Wolfsbarsche warten bereits auf euch! Wer Wolfsbarsch mit der Fliege fangen will, muss genau hierhin kommen.
Bild: B. Wormuth
Die Unterschiede zwischen Ebbe und Flut sind in der Bretagne gewaltig – bei niedrigem Wasser liegen oft ganze Unterwasser-Landschaften trocken.
Tackle für die Wolfsjagd
Im Sommer braucht es keine Wathose, um Wolfsbarsch mit der Fliege zu fangen: Badeshorts, UV-Shirt, Kopfbedeckung und alte Watschuhe mit Neoprensocken genügen für das Wet-Wading. Watschuhe mit Spikes bieten noch besseren Halt. Eine günstige Alternative sind knöchelhohe Neoprenschuhe mit fester Sohle. Sonnencreme und eine hochwertige Polbrille sind essentiell, um Fische frühzeitig zu erkennen. Als Köder sind Krebsimitationen (Hakengröße 2-4) auf Wolfsbarsch top. Einfache Muster bestehen aus dunkelgrünen EP-Fibern (EP 3D, Farbe Eel Green oder Mullet) für den Körper, Augen wie für Garnelen, Beine und Scheren aus Chenille oder Gummi, und einer Beschwerung am Hakenöhr, um den Haken mit dem Bogen nach oben auf dem Boden ablegen zu können. Die Fliege soll beim Auftreffen auf der Wasseroberfläche wenig Lärm machen, aber schnell sinken. Manchmal jagen Wolfsbarsche Garnelen im flachen Wasser und drängen sie Richtung Ufer. Dann funktioniert die Sichtfischerei gut. Diese Spots sind jedoch schwer vorherzusagen. Für solche Situationen eignen sich Garnelenmuster in dezenten Farben. Wenn Wolfsbarsche an der Oberfläche Kleinfische oder Garnelen jagen, sind Fliegen wie kleine Popper oder Gurgler erfolgreich.
Bild: Jahr Media
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Für tieferes Wasser sind Streamer an der Sinkschnur ideal, buschige Muster aus EP-Fibern oder Sandaalimitationen. Schwere „Krebsfliegen“ lassen sich am besten mit schnellen Ruten der Klasse 8 oder 9 werfen. In sehr flachem Wasser sind konische (Salzwasser-)Vorfächer etwas über rutenlang ratsam. Für knietiefes oder tieferes Wasser empfiehlt sich ein längeres Tippet, um das Absinken zu beschleunigen. Wegen der Austern auf den Steinen ist Fluorocarbon (FC) die beste Wahl, um Vorfachschäden zu vermeiden. Nah an Austernbänken eignet sich 0,30 mm FC, um ein Verfangen unter den Bänken zu verhindern; unter normalen Bedingungen reichen 0,24 oder 0,27 mm aus. Für das Sichtfischen auf Wolfsbarsche ist ein Schusskopf nicht erforderlich, da die Aktion meist in der Nähe stattfindet und seltener als 10 m geworfen wird. Beim Fischen mit Garnelenmustern oder Streamern für Wolfsbarsche ist ein Schusskopf jedoch nützlich, um durch weite Würfe mehr Fläche abzudecken.