Wenn ich gefragt werde, warum ich mit der Fliege auf Meerforelle angle und dabei meinen Wurfradius gegenüber der Spinnrute so drastisch verringere, fallen die Antworten leicht. Viele Fische halten sich viel dichter am Ufer in der ersten Rinne auf, als die meisten Angler denken. Deswegen sehe ich noch immer reihenweise Watangler, die zuerst mal bis zum Hals ins Wasser stapfen und dann erst den ersten Wurf wagen. Da haben sie in vielen Fällen bereits die ersten Forellen verjagt, die in der Rinne nach Nahrung suchten. Die Fische sind also in vielen Fällen gar nicht so weit entfernt von uns auf. Ergo muss ich auch dann keine 100 m werfen, um meinen Köder in ihre Nähe zu bringen. 20 m reichen. Natürlich gibts Angelstellen, die Wurfweite erfordern, etwa weit vor dem Ufer wachsende Seegraswiesen – da greife ich dann zur Sbirolinorute. Aber ehrlich, diese Plätze sind an der deutschen und dänischen Küste extrem selten.
Bild: R. Korn
Autor Rainer Korn mit strammer 62er Meerforelle, gefangen auf eine Pattegrisen (Garnelen-Imitation) vom Belly-Boat.
Eine Meerforelle auf Fliege vergisst man nicht!
Ein anderer Grund, warum ich so gern mit der Fliege auf Mefo fische: Diese Unmittelbarkeit beim Biss, wenn die Schnur zwischen Zeigefinger und Daumen Richtung Wasser gezogen wird – unbezahlbar! Das vergisst man nie wieder. Ein weiterer ist das Werfen: Es macht einfach mehr Spaß als stundenlang den Blinker in immer derselben Bewegung gen Horizont zu schmeißen – „Automatenangeln“ nennen wir das ironisch.
Bild: Jahr Media
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Um es einmal mit der Fliege auf Meerforelle zu versuchen, ist keine 1.000-Euro-Ausrüstung nötig. Es gibt heute günstige Fliegenruten, die auch ihren Zweck erfüllen. Ebenso sind günstige Rollen auf dem Markt. Bei dieser Angelei dient die Rolle sowieso meist nur dazu, die Fliegenschnur sowie die Nachschnur, das Backing, aufzunehmen. Groß gekurbelt wird damit nicht. Ein bisschen mehr sollte in die Fliegenschnur investiert werden, denn sie entscheidet mit darüber, wie gut meine Würfe an der Küste gelingen. Eine WF-Schnur (weight forward) besitzt auf den ersten rund 10 m eine Art Keule, die es ermöglicht, unseren Streamer weit hinauszubefördern, auch wenn mal ein bisschen Wind weht, was an der Küste ja der Normalfall ist. Gute Schnüre verfügen außerdem über eine sehr glatte Oberfläche, das Coating, was ebenfalls dabei hilft, die Schnur „schießen“ zu lassen – also weit hinauszukatapultieren. Das Backing, die Nachschnur, kann dagegen eine 0,25er Geflochtene sein, 100 m reichen. Die Fliegenschnur ist in der Regel um 30 m lang.
Bild: R. Korn
Fängige Küstenfliegen (v. unten): Tangläufer, Juletrae, Garnele (Pattegrisen), Polar Magnus, Fischstreamer.
Der Streamer und seine Führung
Die meisten Küstenwerfer erreichen nicht mehr als 25 m – nur wenige Asse werfen regelmäßig ihre gesamte Fliegenschnur von der Rolle. Deswegen um die eigene Wurfweite erst einmal keinen großen Kopf machen. Sicherlich macht es Sinn, von einem gestandenen Küstenflugangler bei den ersten Versuchen begleitet zu werden. An der Küste bieten einige Guides solche Einsteigerkurse an.
Bild: R. Korn
Ein Schnurkorb hilft, die lose Fliegenschnur für den Wurf zu sortieren.
Und die Fliege für die Meerforelle? In vielen Angelshops, vor allem in der Nähe der Küste, finden Sie viele fängige Fliegenmuster. Grob gesagt sollten sich Garnelen- und Sandaalmuster in Ihrer Box befinden, dazu Klassiker wie die Polar Magnus und ihre Farb-Varianten sowie Wurmimitationen wie den Wooly Bugger. Für kaltes Wasser ist der glitzernde Juletrae (Weihnachtsbaum) ein absolutes Muss in der Box. Manchmal fressen selbst große Forellen ausschließlich kleine Nahrung wie Tangläufer und Minigarnelen – da werden große Fliegen dann links liegen gelassen und kleine Muster wie der Kobberbassen und Gammarus müssen ran. Streamer am besten mit dem auch als Rapalaknoten bekannten Knoten ans Vorfach binden, so bewegt sich der Köder natürlicher. Über das Tempo und die Art des Einstrippens der Fliege gehen die Meinungen weit auseinander. Meist bekommt man den Tipp, bei kaltem Wasser unter 6 Grad langsamer und bei höheren Temperaturen schneller einzustrippen. Nun, ich kenne Flugangler, die immer – egal bei welchen Wassertemperaturen – ultraschnell die Fliege einholen und trotzdem gut fangen, auch im tiefsten Winter. Andere bevorzugen lange Einholbewegungen mit Absinkphasen. Es hängt auch vom Köder ab, den Sie fischen. Ein kleiner Tangläufer bewegt sich sicherlich nicht wie ein Sprinter durchs Wasser, die Imitation sollte daher eher mit kurzen Zupfern geführt werden, mit kleinen Pausen zwischendurch.
Bild: R. Korn
An Steilküsten befinden sich gute Stellen für die Meerforelle dicht am Ufer – ideal für Fliegenfischen-
Einsteiger!
Bild: R. Korn
Dänischer Klassiker: die Pattegrisen.
Geschwindigkeit fängt
Einen Streamer, der einen schlanken kleinen Beutefisch imitiert, können Sie dagegen mit ordentlich Speed durchs Wasser hetzen lassen. So schnell, wie beispielsweise ein Spinnfischer seinen Blinker durchs Wasser jagt, werden Sie nie den Streamer einstrippen können – egal wie schnell Sie dabei sind! Es kann auch tagesabhängig sein, worauf die zickigen Meerforellen stehen. Deswegen probiere ich an „schwierigen“ Tagen verschiedene Einholmuster und –geschwindigkeiten aus, um zum Erfolg zu kommen.
In der Regel strippe ich beim Angeln mit Fliege auf Meerforelle eher schnell ein, weil ich meine, dass eine interessierte Forelle sich so schneller entscheiden muss und nicht so viel Zeit zum Abchecken der vermeintlichen Beute hat. Sie sollten sich auf alle Fälle einen sogenannten Schnurkorb zulegen, in dem die eingeholte Flugschnur bis zum nächsten Wurf abgelegt wird– oder während des Drills! Denn wie es geht, das wissen Sie jetzt – also ab an die Ostsee, die Mefos warten!