Das Neckarfischwasser zwischen Rottenburg und Neckartenzlingen liegt in der sogenannten oberen Barbenregion – einem Neckar-Flussabschnitt, der von Natur aus besonders vielfältige Lebensräume bietet. Naturnahe Flüsse sind in diesem Bereich stark mäandrierend. Zwischen Prallhang (stark erodierende Uferseite) und Gleithang (ruhigere Seite) wechseln sich Strömungs- und Tiefenverhältnisse auf engem Raum ab. Diese Dynamik sorgt für Sauerstoff im Wasser und hält den Kies in Bewegung – ideale Bedingungen für kiesliebende Fischarten.
Schon 1995 beschrieb das Ministerium für Ländlichen Raum Baden-Württemberg in der Schrift „Fische in Baden-Württemberg – Gefährdung und Schutz“ diese Region als Lebensraum mit besonderer Bedeutung für Kieslaicher. Arten wie Barbe, Nase und Äsche benötigen sauberen, gut durchströmten Kies, damit ihre Eier sich entwickeln können.
Realität am heutigen Neckar
Von diesen Idealbedingungen ist im Neckar heute jedenfalls kaum etwas geblieben. Staubereiche reihen sich aneinander, begradigte Ufer verhindern das Mäandrieren. Die Folge ist Tiefenerosion: In den Strömungsbereichen liegt meist nur noch Felssohle frei, in den Staubereichen lagern sich Feinsedimente ab.
Nur unterhalb von Staustufen finden sich noch kurze Abschnitte mit variierender Strömung. Doch eine saubere, durchströmte Kiessohle, wie sie die Fische der Barbenregion brauchen, gibt es nur noch an wenigen Stellen.
Teilabschnitt als wertvoller Laichplatz
Eine dieser wenigen Laichstellen liegt im Bereich einer unscheinbaren Bacheinmündung. Dort befindet sich „dank“ zweier rauer Rampen ein flacher Strömungsabschnitt zwischen zwei Kolken, der regelmäßig von Äschen, Nasen und Barben genutzt wird. Die angrenzenden, ruhigeren Kolke bieten den Fischen Rückzugsmöglichkeiten zwischen den Laichakten.
Die Qualität des Kieses hängt dabei direkt von der Strömungsgeschwindigkeit ab: Je stärker die Strömung, desto weniger Feinsediment lagert sich ab. Während Bachforellen ihre Eier 20 bis 40 Zentimeter tief in den Kies einbringen, legen Äschen ihren Laich nur rund 4 Zentimeter tief ab. Dadurch ist er zwar wesentlich anfälliger gegenüber Hochwasserereignissen, jedoch reicht auch eine geringere Kiesauflage aus, um Laicherfolg zu ermöglichen.
Im Frühjahr 2021 konnten wir im besagten Flussabschnitt erstmals wieder Äschenbrut entdecken – ein deutliches Zeichen für erfolgreiche Naturverlaichung.
Wir Angler müssen nachhelfen!
Die Entdeckung führte zu einer Frage: Wie lässt sich die Naturverlaichung unserer Äschen unterstützen, wenn die natürliche Umlagerung des Kiesgeschiebes gestört ist? Die Antwort lag auf der Hand: Wir Angler müssen nachhelfen und fehlenden Kies einbringen.
Christian Geitz informierte das Regierungspräsidium Tübingen (Bereich Gewässerökologie) sowie den Fischereisachverständigen des RPT, über seine Beobachtungen und den Plan zur Laichplatzverbesserung. Da der Neckar ein Gewässer erster Ordnung ist, liegt seine Unterhaltungspflicht beim Regierungspräsidium. Dieses stellte den benötigten Kies für die Aktion des Kreisfischereivereins zur Verfügung.

Bild: Christian Geiz
Äschenlarve aus dem Frühjahr 2021 – deutliche Zeichen für erfolgreiche Naturverlaichung im Neckar.
Bau einer Rutsche für den Kies
Doch es stellte sich eine praktische Frage: Wie bringt man 15 Tonnen Kies, die oben an der Böschung angeliefert wurden, hinunter zum Fluss – und von dort weiter zum Laichplatz?
Die Lösung erwies sich als ebenso einfach wie effektiv: Aus Baudielen entstand eine provisorische Rutsche, über die Kunststoffwannen kontrolliert in den Neckar gleiten konnten. So ließ sich das Material gezielt und ohne großen Kraftaufwand an die richtige Stelle bringen.
Einsatz im Februar 2022
Am Freitagnachmittag wurde die Rutsche installiert. Das Regierungspräsidium hatte zuvor bereits Sträucher und Gehölze entfernt, um den Zugang zum Wasser zu freizumachen.
Am nächsten Morgen, Samstag, den 12. Februar 2022, trafen sich knapp 20 Vereinsmitglieder, um die 15 Tonnen Kies in den Neckar einzubringen. Doch ein Defekt am Stauwehr Hirschau hatte über Nacht den Wasserstand stark ansteigen lassen – ein Waten in die Flussmitte war unmöglich.
Die Helfer reagierten flexibel: Statt den Kies direkt am Laichplatz zu platzieren, schütteten sie vom Ufer aus ein Kiesplateau bis fast zur Flussmitte auf. Von dort übergab man das Material der Strömung, die es weiter verteilte.
Während ein Teil der Mannschaft die Wannen befüllte, transportierten andere sie über die Rutsche, und wiederum andere übergaben den Kies in Wathosen der Strömung. Nach weniger als zwei Stunden war der gesamte Vorrat verarbeitet.
25 Tonnen Kies für die Fische im Neckar
Um den Tag optimal zu nutzen, bestellten wir weitere zehn Tonnen Kies nach. Der neue Kies wurde direkt aus dem Betonmischer in die Wannen gefüllt, über die Rutsche ins Wasser gebracht und verteilt. Insgesamt konnten so 25 Tonnen Kies als Laichhilfe in den Neckar eingebracht werden.
Nach fünf Stunden intensiver Arbeit endete der Einsatz – erschöpft, aber zufrieden.

Bild: M. Schneider
Schon im Frühnebel bei Minusgraden wurden die Wannen mit Kies befüllt – sogar der Vorstand packte tatkräftig mit an.
Ein starkes Signal für die Zukunft
Dieser Arbeitstag diente nicht nur dem Wohl unserer Kieslaicher – er zeigte auch, wie viel erreicht werden kann, wenn viele Hände zusammenarbeiten. Unser Dank gilt allen Helfern sowie Herrn Krieg und seinem Team vom Regierungspräsidium Tübingen, die die Aktion finanziell, organisatorisch und tatkräftig unterstützt haben.
Wir sind überzeugt: Projekte wie dieses stärken die Fischbestände nachhaltig – und sind die bessere Alternative zu herkömmlichen Besatzmaßnahmen. Weitere Einsätze sollen folgen, damit der Neckar auch künftig ein wertvoller Lebensraum für Barbe, Nase und Äsche bleibt.
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