27.6. 2022; Dore Lake, Sask, Tag 1
Der erste Blick auf den See am Morgen verhiess nichts Gutes – vor unserer Huette krachten noch ziemlich hohe Wellen ans Ufer. Mit kleinen Booten war hier nichts zu machen. Paul schlug vor sein Boot zu einer etwas geschuetzteren Bucht zu schleppen und dort zu slippen. Gesagt, getan. Auch in der Bucht war es pfiffig aber die Wellen nicht so hoch und Pauls 6.1 m Bass Boot mit 225PS konnte einiges ab. Wir machten ein paar Driften mit Spinnangeln im Flachen wobei wir unsere Koeder bis vor die Krautzone schleuderten. Nicht ein Biss. Ich versuchte alle moeglichen Koeder die ich in der Vergangenheit oft erfolgreich in Praerieseen auf Hecht benutzt hatte. Nichts. Paul schlug vor bei ein paar Inselchen Wobbler ueber Grund zu schleppen. Das waere besonders fuer Zander eine erfolgreiche Methode. Er zeigte uns auch gleich noch seinen Lieblings-Crankbait und alle ausser mir montierten ihn auch gleich. Ich hing einen tieflaufenden grell-gelben Wobbler an das Stahlvorfach. Und dann schleppten wir 4 Ruten. Ich war angenehm ueberrascht wie problemlos das funktionierte. Pauls Boot war sehr breit und erlaubte so ein tueddelfreies Schleppen wenn man etwas ruecksichtsvoll die Ruten bediente.
Alec hatte den ersten Biss und brachte einen tollen Zander ans Boot. Laura hatte uns aufgetragen Fisch fuer’s Abendbrot mitzubringen. Ich hatte angeboten den Fisch zu backen. Feiner als Zanderfilet kann man es ja kaum bekommen. Der ging mit. Mit 60cm Laenge war das schon ein Prachtzander im nordamerikanischen Masstab. Der Walleye – ein enger Verwandter des europaeischen Zanders – wird nicht ganz so gross wie dieser. An anderen Seen, die ich im mittleren Westen der USA und Kanada beangelt habe, ist ein Zander ueber 50 cm ein schoener Fang. Hier am Dore Lake war das Mindestmass 55 cm! Und es schien kein Problem zu sein, eine Rutsche von massigen Zandern zu bekommen. Denn jetzt lief mein Wobbler heiss und ich hatte in kurzem Abstand 3 Zander, wovon einer locker das Mass hatte.
Dann legte der Wind weiter zu und machte unsere Zanderstrecke zu ungemuetlich. Paul verlegte uns hinter eine Insel in den Windschatten wo wir an Krautfeldern vorbeidrifteten und Hechtkoeder in alle Richtungen warfen. Ein paar kleinere Hechte packten hier und da mal zu aber es blieb ziemlich mau fuer so eine hechtverdaechtige Stelle. Dann rief ploetzlich Ricardo auf und hieb an und seine Rute bog sich ordentlich. Das musste was Besseres sein! Kurz darauf tobte etwas neben dem Boot – ein besserer Hecht. Der hatte schon etwas ueber 70cm und durfte mit zur Abendbrotsgestaltung. Ob ich noch wusste wie man einen Hecht graetenfrei filetierte? Interessanterweise war das taegliche Limit fuer Hechte sehr grosszuegig: 5 pro Angler. Dagegen war das Limit fuer Zander nur 1 pro Tag. Es schien als ob die Fischereibehoerde die Hechtbestaende etwas zu Gunsten der Zander reduzieren wollte. Inwieweit die paar Angler auf dem riesigen See hier da wirklich einen messbaren Einfluss haben, wage ich mal dahinzustellen. Aber so hatten wir auf dem ganzen Trip auch keine Skrupel ein paar Hechte zum Verzehr mitzunehmen.
Bei einer Bootsverlegung zu einer neuen Drift hatten wir einen ungluecklichen Unfall. Obwohl Paul schon einige Jahre diesen See befischte, waren ihm aber wegen der Groesse viele Ecken noch recht unbekannt. Ausserdem war er mit 69 Jahren nicht der elektronisch Versierteste und obendrauf war die verfuegbare Navionics GPS-Karte nicht allzu detailliert in dieser abgelegenen Gegend. Wir fuhren, Gott sei Dank langsam, um eine Landzunge und ploetzlich gab es einen lauten Schlag und das Boot bockte auf. Wir kamen sofort wieder los und ich sah im Heckwasser helle Schatten von Steinen dicht unter der Wasseroberflaeche auftauchen. Wir waren auf ein Riff aufgefahren! Erschrocken checkten wir die untere Motoreinheit aber der Antriebsschaft schien ok, nur der Edelstahlpropeller angefressen. Durch die Unwucht lief der Motor etwas unrund. Wir brachen die Tour ab und holten das Boot auf den Haenger. Das Boot hatte gluecklicherweise gar nichts abbekommen – ein Aluboot ist bei solchen Missgeschicken aber auch nicht ganz so anfaellig – es wuerde schon einiges brauchen um wirklich ein Loch in ein Aluboot zu stossen. Und gluecklicherweise konnten wir den Propeller an der Huette mit einer Flex und ein paar Rohrzangen wieder soweit herstellen, dass er fuer die naechsten Tage benutzbar war. Er funktionierte sogar einwandfrei, muss man sagen. Glueck gehabt, aber eine kleine Erinnerung dass man immer aufmerksam sein muss wenn man in unbekannten Gefilden mit dem Boot unterwegs ist. Und ein Ersatzpropeller ist immer eine gute Idee.
Abends gab es lecker Backfisch von den Zander- und Hechtfilets. Feine Sache. Nach dem Abendbrot liess der Wind merklich nach und wir wagten einen Ausflug mit den kleinen Booten vor der Huette. Ian kam mit auf mein Boot und Alec und Ricardo benutzten Paul’s kleines Aluboot. Es war ein langer Sandstrand der eine interessante Scharkante bei etwa 2 m Tiefe hatte wo der Grund schnell auf 3-4m abfiel. Paul empfahl uns an dieser Kante entlang mit Wobblern zu schleppen. Ian und ich machten das auch; die Jungs zickzackten ueber die Kante hin und her. Das war wohl die bessere Strategie denn die Jungs fingen ein paar feine Hechte und vorallem klotzige Zander. Alec fuehrte nun schon in der Zanderkategorie mit 62 cm. Ricardo beim Hecht mit 79 cm. Ian hatte bisher noch nichtmal einen Biss gehabt. Er erwischte nun auf unserer Schlepptour auch seinen ersten Fisch – einen kleineren Hecht. Und ich erwischte auf den letzten Metern vor dem Ufer in vielleicht 1.5m Wassertiefe auch noch einen proppen Hecht von vielleicht 75 cm. Alle Fische an diesem Abend durften wieder schwimmen. Bei herrlichem Sonnenuntergang um ca. 22:30 Uhr machten wir Schluss. Morgen sollte es windstill werden!