Nach meinem vorwoechentlichem Erfolg in der Fruehe, beschloss ich diese Taktik nochmals zuversuchen. Es ist zwar nicht gerade meine Lieblingsbeschaeftigung um 3:30 Uhr frueh aufzustehen, jedoch fuer solche Sternstunden am Wasser bin ich zu allem bereit. Es war Kanada-Tag langes Wochenende und Samstag konnte ich den Morgen von allen haeuslichen und familiaeren Pflichten freibekommen. Ich stahl mich noch im Dunkeln aus dem Hause; das Boot und Auto waren schon bereit und gepackt.
Beim ersten Daemmerlicht kam ich bei der Trap Shack an und montierte meine beiden Ruten. Beide wurden mit Koederfisch am System bestueckt und in jeweils 15 bzw. 20 m Tiefe herabgelassen. Das eine Koederfischsystem war glow-gruen und das andere UV-violett. Damit konnten die Lachse die Koeder auch bei dem spaerlichen Daemmerlicht gut von weitem sehen.
Es war ganz still und das Wasser ruhig. Kein Wind; nur eine leichte Flutstroemung kraeuselte das Wasser leicht an den Strukturstellen. Weiter draussen sass eine dichte Nebelbank. Hin und wieder zog eine Nebelschwade bis zu meinem Ufer herueber und erzeugte fantastische Lichtspiele. Eigentlich fischte ich die Trap Shack Stelle nicht haeufig bei Flut sondern eher bei Ebbe, aber der gute Erfolg die Woche zuvor liess mich hoffen, dass die Fische sich hier immer noch tummelten.
Es tat sich aber erstmal nicht viel. Dreimal ruckelte es leicht an den Ruten und jedesmal kam ein fetter aber viel zu kleiner Chinook zum Vorschein. Wo waren nur die Grossen? Ich sah an verschiedenen Stellen einige grosse Fischsicheln am Echolot aber konnte keinen davon zum Snack ueberreden. Die magische erste Stunde ging fruchtlos vorbei und bald gesellten sich mehr und mehr Boote dazu. Ich sah auch bei anderen Booten keine Kescher in Aktion. Die Flut wurde staerker und ich kreuzte mehrfach ueber das oestliche Trap Shack Reef um vielleicht an der stromabwaerts Kante etwas zu erwischen. Ich setzte jetzt bei vollem Sonnenlicht, allerdings leichtem Nebel, auf etwas tiefere Gefilde und fischte eine Rute nun um die 35 m Tiefe.
Da ruckte es kraeftig an der tiefe Rute mit dem Glow-System. Waehrend ich das Boot in die Stroemung hielt um die Stelle zu halten, drillte ich einen kraeftigen Fisch. Erst blieb er stur im Tiefen und dann kam er regelrecht nach oben geschossen. Und stoppte gar nicht erst an der Oberflaeche sonder schoss mindestens einen halben Meter aus dem Wasser! Ein Nachbarboot verfolgte den Drill mit Vergnuegen und feuerte mich oder vielleicht auch den Lachs an! Es war kein Chinook, das war klar. Als ich den Fisch nach allerlei Eskapaden in Greifweite neben dem Boot hatte, erkannte ich einen wunderschoenen Sockeye (Rotlachs) – vielleicht 8 Pfund. Vorsichtig hebelte ich ihm den Haken heraus und der Fisch schoss augenblicklich davon und gab mir zum Abschied eine schoen kuehle Gesichtsdusche.
Nun ja, nicht der Zielfisch aber Spass hatte es gemacht. Nun kreiste ich ein paar Mal ueber die gleiche Stelle mit einem Koeder in gleicher Tiefe. Ich konnte so noch 2 unmarkierte ca. 5-6 pfuendige Coho fangen, die natuerlich beide wieder schwimmen durften. Aber Chinooks schienen hier keine zu sein.
Die Sonne war nun voll auf und es wurde warm. Aber auch die Nebelschwaden kamen naeher und wurden dichter. Weiter westlich , in Sooke selber, musste es dick wie ein Milchglas sein. Ich liess mich von der Flut oestlich bis vor Beechey Head treiben. Das ist eine felsige Auskragung ins Meer die die Stroemung ordentlich durcheinanderwirbelt und dabei Kehrstroemungen und damit gute Fischstandplaetze erzeugt. Eine kleine Bucht auf der Westseite der Landspitze war schon immer eine faengige Stelle fuer mich gewesen. Einige grosse Lachse hatten dort schon ‘dran glauben muessen. Ich liess mich an der Landspitze vorbeitreiben, drehte dann 180 Grad um und tuckerte ganz langsam wieder zurueck zur Landspitze und um die Spitze herum in die Bucht hinein. Ich hatte die dem Ufer zugewandte Rute in 27 m Tiefe. Die Flut drueckte mein Boot hart an die Felskueste heran und waehrend ich dagegensteuerte und gebannt auf das Echolot schaute sah ich den Boden hochkommen: 35 m, 30 m – da, grosse Fischsicheln direkt an der Kante und dicht am Boden! Als ich gerade wieder zum Downrigger schaute, sah ich den Riggerarm zweimal hart rucken. Mist dachte ich, Bodenkontakt, und drueckte sofort auf den Einholknopf. Im selben Moment loeste die Rute aus. Ich dachte immernoch dass sich der Koeder nun auch irgendwo an einem Felsen verhakt haben muste, war ich doch hoechstens 1-2 m ueber Grund gewesen.
Aber da riss es an der Rute und die Rolle heulte auf. Nanu? Fish On! Und es musste ein guter sein denn der Zug war hart und stetig. Aber das war keine gemuetliche Stelle einen grossen Fisch zu drillen. Keine 10 m neben mir rauschten die Wellen auf die Klippen, eine harte Stroemung drueckte mich auf die Klippen zu und ich hatte noch eine zweite Rute etwa in 20 m Tiefe draussen. Ich drehte den Schleppmotor etwas weiter auf um ersteinmal von den Klippen wegzukommen. Der Fisch zog mir weiterhin noch Schnur von der Rolle und es bestand nun die Gefahr dass er aus der Bucht hinausschwomm, um die felsige Landspitze herum und die Schnur an den Felsen zerrieb.
Endlich stoppte der Fisch mal. Ich machte sofort Druck um ihn wieder in die Bucht hinein und weg vom Ufer zu kriegen. Ausserhalb der Bucht kamen auch schon einige andere Schleppangler heran und jede weitere Flucht hinaus wuerde den Fisch wenn nicht an den Klippen so doch an den Downriggerkabeln anderer Boote verloren gehen lassen. Und um das Kraut noch fett zu machen, steckte etwa 20 m entfernt ein neugieriger Seeloewe sein Kopf aus dem Wasser und aeugte umher. Nicht auch noch das, dachte ich!
Hier schien alles gegen mich zu spielen. Ich setzte alles auf eine Karte, Ich drehte die Bremse fast zu und kurbelte so hart ich konnte. Mochte der Haken ausreissen oder das Vorfach brechen aber ich war nicht gewillt den Lachs dem Seeloewen zu verfuettern. Tatsaechlich kam der Lachs auch willig hinter meinem kompromisslosem Zug heran. Es schien gut zu gehen und erstmal hatte ich den Fisch aus der Klippen- und Bootsgefahr. Vom Seeloewen war erstmal keine Spur mehr zu sehen aber das hiess nichts. Er konnte meinen Lachs schon unter Wasser anpeilen. Ich zog hart weiter und der Lachs schien nichts dagegen einzuwenden zu haben. Es war nur sauschwer.
Da tauchte ein breiter Ruecken ca. 4 m neben dem Boot auf. Ich nahm den Gang des Schleppmotor heraus, langte nach dem Netz und versuchte den Lachs mit Schwung in Kescherreichweite zu ziehen. Es schien zu funktioneren – aber in dem Moment als der Kescher die Wasseroberflaeche beruehrte drehte der Lachs durch! Er sprang halb aus dem Wasser, waelzte sich und schoss davon. Und der Haken flog mir entgegen. Arrgh, so knapp ‘dran! Ich schaetze er war knapp 20 Pfund gewesen. Waere mein groesster Chinook dieses Jahr bisher gewesen. Nun ja.
Ich drehte noch ein paar Runden mit der gleichen gefaehrlichen Anfahrt am Buchteingang. Aber ein Kumpel von dem Losgerissenen liess sich nicht ueberreden.
Dann versuchte ich es etwas weiter vor der Landspitze ueber tieferem Wasser. Die Flut war mittlerweile auf ihrem Hoehepunkt und musste immer mehr Cohoschwaerme dicht unter Land druecken denn es kamen immer mehr Bisse, vorallem an der 30 m tiefen Rute. Ich landete und hakte vielleicht noch 3 oder 4 unmarkierte Cohos ab. Wiedereinmal hatte sich ein feister Coho meinen tiefen Koederfisch geschnappt und ich drillte dieses Energiebuendel zum Boot als ich die zweite Rute zwei Verneigungen machen sah. Ha, Doppelpack! Ich war aber entschlossen meinen ersten Coho erst einmal zu versorgen und mich erst dann um den zweiten zu kuemmern – der ja hoechstwahrscheinlich auch ein Coho der selben Guete sein wuerde.
Weit gefehlt! Nur Sekunden spaeter hatte ich den Coho ca. 5 m hinter dem Boot als ich sah wie sich die andere Rute zusammenfaltete und die Rolle hoellisch aufkreischte und nicht wieder aufhoerte. Das war kein Coho! Sofort steckte ich die Coho-Rute in den Halter, oeffnete die Bremse etwas mehr und kuemmerte mich nun um die arg gebeutelte andere Rute. Der Fisch hatte schon um die 50 m Schnur abgezogen und das obwohl die Rollenbremse im Schleppmodus eigentlich sehr hart eingestellt ist. Ich drehte das Boot herum und fuhr dem Fisch hinterher. Das brachte mich in die nebelige Zone und machte es viel schwerer sich zu orientieren waehrend dem Drill.
Ich sah ploetzlich ein Boot auftauchen und auf meine Heckseite abdrehen als er mich sah. Doch dort hatte ich den Fisch sicher immer noch 30-40 m hinter dem Boot. Ich winkte dem Boot zu abzudrehen und Gott sei Dank hatte er meine Gestik und meine krumme Rute rechtzeitig bemerkt und richtig gedeutet und drehte hart ab. Huch, das war knapp. Der Fisch war aeusserst stur und zog immer wieder unaufhaltsam ab. Aber ich hatte jetzt Platz und Zeit und konnte geduldig parieren. Irgendwann hatte ich ihn am Boot und musste ihn nur noch auf die freie Bootseite dirigieren. Auf der anderen hing immer noch die anderen Schnur im Wasser – jetzt schlaff da der Coho sich irgendwann freigestrampelt hatte. Ein paar Fluchtversuche noch Richtung unter das Boot und Richtung Motor und dann hatte ich ihn muede und konnte ihn einsacken. Geschafft! Besiegt! Ein schoener fetter Chinook von knapp 17 Pfund lag nun im Boot. Klasse!
Die Flut hatte mich soweit ostwaerts abgetrieben, dass ich gar nicht erst versuchte wieder zur Stelle zurueckzuschleppen. Das haette eine Stunde gedauert. Ich warf den grossen Motor an und dueste schnell zurueck zum Beechey Head. Dort bemerkte ich, dass ich nur noch 2 Koederfische hatte. So stellte ich eine auf Squidimitat um – purple haze farbig. Was dann folgte spottet jeder Beschreibung. Ich stand mitten in einem riesigen Schwarm Silberlachse (Coho). Vielleicht kann man das in Deutschland gar nicht glauben aber ich fing nun non-stop und landete in den naechsten 2 Stunden mindestens 30 Lachse. Ich verlor bestimmt nochmal soviele. Zuerst biss es hauptsaechlich nur an der 30 m tiefen Rute mit Squidimitat. Als ich aber dem Schwarm etwas weiter hinausfolgte, sah ich Cohos an der Oberflaeche rauben und wechselte die zweite Rute zu einem Blinker mit Miniflasher und nur 5-10 m tief und es rappelte von da an auch flach. Viele Doppelbisse und chaotische Szenen. Ich war total kaputt nach 2 Stunden und meine Arme schmerzten. Aber es machte einen Riesenspass!
Verwunderlich und auch ein wenig aergerlich war die Tatsache, dass aber auch wirklich keiner dieser Cohos markiert war! So musste ich alle wieder freilassen. Es waren einige schoene Kaliber von knapp 10 Pfund dabei. Durch die Einzel-und Schonhaken konnten die allermeisten recht unbeschadet wieder freigelassen werden. Nur einer hatte sich den 2. Einzelhaken durch’s Auge gerammt und ich haette den gerne behalten. Hoffentlich hat er’s gepackt aber er musste ja auch nur noch ein paar Wochen durchhalten bis zur Hochzeit im Fluss. Wenn er sich da durch Sehschwierigkeiten bedingt nicht mehr die schoenste Cohodame aussuchen kann, so what?
Ich wuenschte ich haette eine Spinnrute dabei und haette mal versuchen koennen die raubenden Cohos anzuwerfen. Wette, dass haette gut geklappt und waere sicher ein Mordsspass am leichten Spinngeraet. Es ging so schnell, dass ich, als ich versuchen wollte mal ein oder zwei Anbisse zu filmen, nur zwei oder drei Takes brauchte um es zu dokumentieren. Ich wartete kaum mehr als 2 Minuten auf einen Biss, oftmals nur Sekunden.
Als ich ca. 11:00 Uhr fix und fertig Richtung Marina schleppte, kreuzte ich wohl noch einen anderen Cohostamm’s Wege denn ploetzlich fing ich zwei markierte Cohos kurz hintereinander. Einer ca. 8 und einer 6 Pfund blankes Silber. Das war ein erfolgreicher Abschluss eines tollen Angeltages! Das war so ein Tag an dem ich wuenschte ich haette ein paar Touristen oder Kinder an Bord gehabt um den mal zu zeigen wieviel Spass es machen kann hier zu angeln. Ein Tag an dem man Nichtangler zu Anglern haette machen koennen!
Woher diese ganze Fuelle an Cohos kommt, da streiten sich hier die Gelehrten. Die Alten berichten, dass es in frueheren Zeiten (50, 60, 70ger Jahren) praktisch immer so war. Damals waren auch die Chinooks noch viel zahlreicher. Erst seit letztem Jahr sind die Cohos wieder so stark aufgetaucht nach dem es seit den 90gern fuer die Silberlachse recht truebe aussah. Woran es auch immer liegt, wir Angler, die Wale, Robben, Adler, Baeren – das ganze Oekosystem – alle begruessen es sehr und wir Angler bekommen einen vielleicht nur noch seltenen Einblick wie die Angelei noch vor einigen Jahrzehnten ausgesehen haben muss. Ich nehme so ein Geschenk gerne an. Wir erwarten demnaechst ausser den Cohos noch ca. 16 Millionen Pinks (Buckellachse). Ich kann mir gar nicht vorstellen wie verrueckt das Angeln dann erst noch wird. Also, wenn Ihr jemals Lachs auf Lachs fangen wolltet und sowieso eine Reise nach BC geplant habt – genau jetzt ist es goldrichtig vor Victoria/Sooke! Wer weiss wie lange das anhaelt! Ich nehme Euch gerne mal mit auf’s Boot.