Vor unserem 3. Tag sassen wir abends noch eine Weile und diskuierten den Plan fuer den naechsten Tag. Wir beschlossen, den Morgen auf Lachs und den Nachmittag auf Butt zu probieren. Wir kamen diesmal recht frueh aus den Betten; es war noch stock-dunkel beim Fruehstueck. Wir wollten bei Sonnenaufgang schon am Angelplatz sein. Wir und MyTyee entschieden zu einem neuen Platz, bei den Daphne Point bei den Masterman Islands zu fahren waehrend die Therapy in den Gordon Channel etwas weiter weg fuhr. Ueber Funk konnte man dann berichten und umdisponieren wenn es anderswo rappelte.
Am Daphne Point und vor den Masterman Island herrschte schon etwas Betrieb. Die meisten der Boote konzentrierten sich auf einen felsigen Vorsprung der von einem Kelpguertel umrandet war. Sah auch fischig aus die Stelle! Wir reihten uns ein um so allen mal ein Pass an der vermeintlich heissen Stelle zu erlauben. Wir fischten nur zwei Ruten da mein Sohn wieder fuer den ganzen Morgen in der Koje verschwand. Beide Rute waren mit Koederfisch am System bestueckt. Ich fischte irgendwo zwischen 15 und 25 m tief, Dave probierte es hoch und runter. Er war hochmotiviert und wollte nun endlich auch einen grossen Chinook auf seine Lizenz schreiben. Normalerweise hatten wir immer eine kleine Gruppenwette um ein paar Dollar, wer den groessten Lachs, Ling und Butt fing. Dieser finanzielle Anreiz liess Dave, als Freizeitspieler, ueblicherweise in den hoechsten Gang schalten und normalerweise die meisten Wetten gewinnen. Dieses Jahr hatte wohl keiner von uns Lust schon wieder eine Gebuehr in Dave’s Rentenfont abzugeben. Obwohl wir diese Mal kein Geld im Spiel hatten, war Dave heute heiss!
Vielleicht eine halbe Stunde spaeter, ich hatte gerade den Ruecken zu den Ruten gedreht, sprang Dave ploetzlich an mir vorbei und zu seiner Rute. Er riss die Rute aus dem Halter und hieb an. Seine Rute blieb im Halbkreis gebogen trotzdem die Schnur schon aus dem Clip war. Das war erstmal noch kein Grund zur Aufregung fuer mich da Dave eine Rute so schlaff wie ein gekochtes Spaghetti benutzte und diese Nudel sich auch bei kleinen Fischen beachtlich durchbog. Aber dann zog etwas gewaltig an seiner Schnur und die Rolle kraehte los. Das war ein richtiger Fisch. Und er lief und lief! Wir hatten vor und hinter uns Boote und ich brach’ aus unserer Reihe aus um Platz zum Drillen weiter draussen zu finden. Nur der Fisch spielte nicht mit und rannte Richtung Ufer und zwischen die dort schleppenden Boote. Ok, Strategiewechsel um den Fisch nur nicht noch an anderen Schnueren und Downriggerkabeln zu verlieren denn es schien, dass keiner der anderen Boote bemerkt hatte, was bei uns los war. Besonders das Boot hinter uns kam Dave’s Schnur schon gefaehrlich nahe.
Ich drehte das Boot kurzentschlossen um und fuhr dem Fisch hart hinterher und draengelte mich so vor das naechste Boot. Dave musste kurbeln wie verrrueckt um den Kontakt zum Fisch zu halten waehrend ich den Abstand zum Fisch deutlich verkuerzte. Das andere Boot schien immer noch nicht zu begreifen dass wir einen Fisch dicht vor seinem Bug hatten aber ich hielt weiterhin voll auf ihn zu bis wir endlich fast ueber dem Fisch standen. Jetzt sah ich panisches Hantieren auf dem anderen Boot und es drehte hart ab. Ahhh, endlich! Manche koennen mitten in einer Flotte voll am Schlafen sein. Dave’s Fisch machte noch ordentlich Kapriolen und riss noch ein- zweimal kurz aus aber die erste lange Flucht hatte ihm den Zahn gezogen. Ich war mir meiner Verantwortung bewusst – ich durfte das Keschern von Dave’s ersten ordentlichen Fisch nicht versauen. Er brachte ihn das erste Mal ans Boot, konnte ihn aber nicht richtig zur Oberflaeche ziehen obwohl seine Rute schon fast barst. Einer der Gruende warum ich solche Nudelruten nicht leiden kann; es fehlt eben einfach das Rueckgrat um den Fisch auch mal mit Kraft zu dirigieren. “Zu tief”, rief ich Dave zu. Bei der naechsten Bootsannaeherung hievte und zerrte Dave was er konnte und der Lachs kam hoch. Ich schob den Kescher vor den Kopf des Lachses und er schwamm einfach hinein. Geschafft! Dave freute sich und wir klatschten uns ab. Der Lachs war bestimmt 17 Pfund, kein Riese aber ein schoener Fisch!
85 Fuss tief, war Dave’s Erfolgstiefe. Er liess sofort seinen Koederfisch wieder dahin hinab. Ich blieb nur ein paar Meter flacher. Wir meldeten den Erfolg ueber Funk an unsere anderen Boote und setzten unsere Schleife fort. Wir sahen ein anderes Boot abdrehen und einen der Insassen einen feisten Fisch drillen. Es war Beisszeit! Es ging auf den Gezeitenwechsel zu, immer eine vielversprechende Angelzeit. Vielleicht eine weitere halbe Stunde verging ohne weitere Ereignisse, dann sah ich ploetzlich wieder Dave’s Rute eine tiefe Verneigung machen und zurueckspringen als der Clip ausloeste. Wieder stuerzte Dave wie von einer Tarantel gestochen los und griff sich die Rute. Schon sang die Rolle los und gab mir das Signal zum Vorbereiten fuer eine Grossfischlandung. Diesmal waren wir am oberen Ende unserer Schleife und nicht so dicht bedraengt von Booten. Hier konnten wir gleich freies Feld gewinnen und Dave konnte seinen Drill ohne Panik geniessen. Dieser Lachs machte lieber kurze aber kraeftige Sprints statt einer superlangen Flucht. Wir sahen ihn schon ein paar Mal in Bootsnaehe und immer wieder schoss er stur davon; etliche Male. Er wollte einfach nicht aufgeben. Selbst Dave musste doch schon langsam muede werden aber er hatte einen Heidenspass an dem Drill; der erste Druck war ja schon weg mit dem Fang seines vorherigen Fisches. Dieser FIsch war Bonus fuer ihn. Irgendwann kam der Lachs dann mal in Kescherreichweite und ich sackte ihn ein. Wieder ein feiner Fisch, vielleicht einen Tick kleiner als der davor. So schnell dreht sich das Fangglueck – heute war Dave’s Tag!
Alexander wachte auf und wir schleppten noch ein paar Runden um die gleiche Stelle. Bis auf ein paar Shakers war aber auf keinem Boot irgendwelche Action zu sehen. Jerrod und Demario hatten noch keinen Biss gehabt! Die Therapy Crew hatte ein paar mittelpraechtige Cohos aufgestoebert aber keinen markierten gefunden. Zum Mittag verabredeten wir uns alle zu einem Trip zu den Kiesbaenken vor dem Port Hardy Flughafen. Dieses Kiesplateau war immer gut fuer einen Butt und man konnte dort unbedenklich ankern. Gesagt, getan. Die Fahrt war nur so 15 Minuten lang und wir verstreuten uns in Sichtweite entlang der 100 m Kontourlinie. Ich machte auch einen Duftsack fertig und hoffte, dass das eine hungrige Buttgruppe anlockte. Es dauerte auch nicht lange bis unsere Duftspur Aufmerksamkeit fand; allerdings nicht von der Zielfischart. Die Dornhaie hatten uns gefunden und waren unablaesslich an unseren Koedern so dass ich bald eine Rute auf einen grossen Dufttwister umstellte. Aber auch da knabberten die Haie daran herum wenn sie auch den Koeder nicht inhalierten. Nach 2 Stunden und unzaehligen Haien hatten wir genug. Auf den anderen Boote sah es aehnlich aus. Jerrod wollte wieder zum Lachsfischen zurueck. Die Therapy kam mit uns mit Richtung Malcolm Island. Ich hatte auf meinem GPS ein paar alte Markierungen gefunden; nur ein paar km von unser jetztigen Position entfernt. Dort hatte ich mit den Sunds Lodge Guides 2011 ein paar Butte gefangen. Vielleicht klappte das ja wieder? Das Wasser war ruhig und wir waren noch unternehmungslustig. 20 Minuten brauchten wir bis dahin. Dort ankerten wir aber nicht sondern drifteten nur. Ich setzte mich auf den Bug und pilkte etwas mit der leichteren Rute. Es war schoen hier, bei null Wind, kaum Stroemung mitten in der Queen Charlotte Strait zu sitzen, die hohen Gipfel des Kuestengebirges hinter uns und das Strathcona Gebirge auf der Insel vor uns und tausende Inselchen rechts und links neben uns. Wir mitten drin, umgeben von Walen und Delfinen. Man konnte sie ueber Kilometer weg atmen und prusten hoeren. Hier und da sah man eine Fontaene oder eine Schwanz- oder Rueckenflosse. Aber das einzig fischige was ich die Oberflaeche brachte war wieder nur ein Dornhai. Alexander hatte ein bisschen mehr Glueck am Pilker und fing noch einen Greenling und ein paar kleinere Felsenbarsche. Ross erwischte eine kleinen Sable Fish, was nicht sehr haeufig vorkam, aber von Butten oder anderen Game-Fischen war keine Spur. Das Kleingemuese durfte alles wieder schwimmen.
Ohne vorzeigbaren Fischerfolg aber gut erholt fuhren wir wieder zurueck. Ich war mit Abendbrotmachen dran und dafuer wollte ich etwas frueher zur Unterkunft. Die Therapy gesellte sich nochmal am Daphne Point zu Jerrod zum Lachsschleppen. Als alle hungrig zur Unterkunft kamen, sprachen alle aufgeregt von Jerrods verlorenen Riesenfisch. Nach stundenlangem erfolglosem Schleppen bekam Jerrod einen harten Biss und war dann in einen Thriller – Drill verwickelt. Carl und Ross waren in der Naehe und konnten das Drama verfolgen. Nach einiger Zeit hatte Jerrod seinen Gegner ans Boot gedrillt aber Demario – 12 Jahre alt – konnte den Fisch nicht in den Kescher kriegen. Der Fisch war wohl riesig – alle meinten mindestens mitte 30 Pfund! Schliesslich gab Jerrod Demario die Rute und versuchte sich selbst am Kescher. Er hatte ihn halb im Kescher als sich der lose Angsthaken im Netz verfing und der Fisch so nicht tiefer ins Netz gleiten konnte. Der Fisch wand sich und riss sich den Drilling dabei heraus und kam rueckwaerts wieder in die Freiheit. Jerrod stiess wohl ein paar laute, wilde, kinderuntaugliche Flueche aus. Aber wie das Sprinchwort eben so geht: “Always the big one gets away!” Jerrod brauchte ein paar Bierchen und Jaegermeister zum Abendbrot!