Am 28.3. hatte ich mich dann nochmal solo auf den Weg zu den Lachsgruenden gemacht. Eine gute Form der Selbstisolation auf meinem Boot. Merkwuerdig leere Strassen, die Marinagebaeude waren verschlossen, der RV Park verriegelt und still. Keiner da um die Rampengebuehr zu kassieren. Ein - zwei andere Boote machten sich auch auf’s Wasser. Man winkte sich still zu. Ein guter Bekannter, Roy, einer der Top Guides in Sooke/Victoria kam von seinem Boot am Dock zurueck und sah mich. Ich schaute ihn nur fragend an; “Was soll ich sagen? Ich bin ruiniert, muss wohl bald das Boot verkaufen. Willst Du es haben?”, fragte er. Kann nicht arbeiten, sitzt arbeitslos zu Hause und schaut ein-zweimal die Woche nach seinem stillgelegten Boot in der Marina. Ein traurige Welt an Land. Brrrr
Auf dem Wasser sah es dann wieder aus wie immer. Und hoffentlich hatten die Lachse auch Lust zum Spielen. Ich wollte eigentlich zur Whirl Bay vor Pedder Bay fahren aber Roy hatte mir Constance Bank ans Herz gelegt. Da wuerde er hinfahren, wenn er raus duerfte. Hm, den Tipp eines Top Guides kann man nicht so einfach in den Wind schiessen. Er hatte recht; bei Ebbe fischt sich die Westseite der Bank gut: die Stroemung schob allerlei Futter von der Oberseite der Bank ueber die Kante ins Tiefe im Westen. Da standen die Fische an der Kante und liessen sich das Futter in die Maeuler spuelen. Ok, ich war ueberzeugt. Musste sowieso den Motor etwas bewegen.
Ich dueste ueber das leicht gekraeuselte Wasser und nach 15 Minuten kam ich an der Bank an. Ein grosses Containerschiff ankerte genau oben im Flachen. Die Warenabfertigung im Vancouver Hafen war arg gedrosselt und so parkten die wartenden Frachtschiffe ueberall im kuestennahen Bereich an guenstigen Stellen. Zwei-drei andere Boote bearbeiteten schon die Kanten. Eines driftete lautlos in der Stroemung und Mann und Frau pilkten friedlich Seite and Seite. Das sah auch erholsam aus. Die anderen Boote schleppten – wie ueblicherweise mit Downriggern. Im Winter/Fruehling fischt man noch tief – mindestens 30m tief.
Ich liess wieder die gleichen schlanken Blinker wie letztes Mal runter nachdem ich die Glow-Streifen aufgeladen und die Blinker mit Heringsoel eingesprueht hatte. Kein Trick auslassen! Den Cohokillerblinker liess ich direkt auf den Grund ab, den anderen etwa 5 m darueber. Dann drehte ich die Bootsnase in die Stroemung und tuckerte stromauf gaaanz langsam an der Kante entlang. Manchmal zog ich ein bisschen weiter ins Flache wo ich dann die Koedertiefen nachstellen musste und hin und wieder schoss ich mal ueber die Kante ins Tiefe hinaus wo es schnell von 30 m auf fast 100m abfiel. Bequehmer war zwar genau die gleiche Tiefenlinie beizubehalten da man so die Ruten unveraendert lassen konnte aber wenn nun die Fische nicht genau bei 40 m standen? Ich wollte heute nicht faul sein.
Als ich nach einer halben Stunde mal wieder einen kleinen Abstecher ins Flache machte, sah ich die tiefe Rute auf dem Boden auftreffen aber gleich danach kam ein noch kraeftigerer Ruck, noch einer und dann loeste die Rute aus. Whoaaa, fish on! Ich schnappte mir die Rute und schlug an und fuehlte sofort guten Widerstand. Ich drehte die Bremse auf Drillstellung und liess den Fisch ersteinmal abziehen. Ich stellte den Downrigger auf hochkommen und machte schon den Kescher griffbereit – musste die Augenblicke nutzen um alles auf Sololandung vorzubreiten – ich konnte die ersten Sekunden eh nichts anderes machen als den Fisch sich austoben lassen. Das war ein guter Fisch, das war mir hier schon klar. Dann blieb der Fisch stehen und ich konnte Druck machen. Gelegentliche Kopfstoesse liessen mich wissen, dass der Fisch noch dran war. Wieder ein Ruck und….ich kurbelte schneller, und schneller…und konnte keinen Widerstand mehr finden. Mist! Losgekommen! Das schmeckte mir gar nicht – das war mein bester Fisch dieses Jahr – bis jetzt.
Aber eines hatte mir der Biss gezeigt, meine Strategie schien nicht ganz falsch zu sein. Also machte ich weiter. Vielleicht eine weitere halbe Stunde spaeter driftete ich mal ins Tiefe und ich war gerade dabei die bodennahe Rute etwas herabzulassen, als ich im Augenwinkel ploetzlich die andere Rute wie wild rucken sah. Es riss fast die Rute aus dem Halter! Ich hechtete zur anderen Bootsseite und riss die Rute raus. Anschlagen ging gar nicht mehr - ich konnte nur die Bremse lockern und die Schnur losrasen lassen. Wow, der hatte Power! Nach vielleicht 15 Sekunden stoppte der Fisch und ich begann zu kurbeln. Wurde aber gleich wieder unterbrochen von einer weiteren rasanten Flucht. Der war sicher ueber 10 Pfund; vielleicht so gar viel groesser. Dann drehte der Fisch ploetzlich und kam auf’s Boot zu geschossen.
Ich musste in diesem Moment aufpassen denn ich hatte vollkommen Kurs verloren und kam wieder ueber flacheres Wasser und meine erst kuerzlich tiefergestellte andere Rute schlug hart am Grund auf und es bestand die Gefahr, dass sich das Downriggergewicht irgendwo am Grund festhakte. So war ich kurz abgelenkt und brachte das Geraet in Sicherheit wahrend ich die fischlastige Rute einfach nur in der linken Hand hielt. Als ich mich wieder um meinen Fisch kuemmern konnte, war kein Druck mehr auf der Rute. So ein Sch….! Jetzt war ich aber wirklich aergerlich! 2 schoene Fische hintereinander zu verlieren? Was war denn nur mit meinen Haken los? Eine Kontrolle ergab – sauscharf und vollkommen ok. Bedienungsfehler? Pech? Coronaseuche?
Ich machte weiter wo ich unterbrochen worden war. Ich zog jetzt mal eine groessere Schleife ins Flache dicht an das Frachtschiff heran. Wenn man mal so dicht neben so einem Ozeanriesen steht, merkt man erstmal wie riessig so ein Schiff ist. 5m von dessen Ankerkette wuerde mein Boot warscheinlich schon ueberladen. Hungrige Lachse schien es hier aber nicht zu geben. Ich sah zwar hin und wieder mal vielversprechende Einzelechos in Bodennaehe, hatte aber keine Anfasser. So schwenkte ich schliesslich wieder zur Kante hin wo 2 andere Boote dicht hintereinander schleppten. Ich fuhr gerade wieder ueber die Kante als die flachere Rute wieder kurz ruckte, und dann sofort aus dem Clip ausloeste und wild zu reissen anfing.
Gibt’s ja nicht – heute kamen alle Bisse hammerhart. Kein Rumzuckeln und so – Biss und ab! Ich schlug ordentlich an und die Rute bog sich anstaendig durch. Der Fisch setzte zwar nicht zu einer laengeren Flucht an aber sausste hin und her – mal musste ich paar Meter Schnur geben, dann wieder einholen, dann stand er stur tief und schuettelte nur den Kopf. Nach und nach arbeitete ich den Fisch hoch. Die anderen beiden nahen Boote machten einen Bogen um mich und feuerten mich an. Diesmal hielt ich mein Boot im tiefen Wasser und ich musste mich nicht um die zweite noch eingesetzte Rute sorgen. Mir war schon bisschen mulmig vor der Sololandung – den konnte ich einfach nicht vergeigen! Da der Lachs nicht viel gefluechtet war, kam er noch relativ frisch neben das Boot. Kein Riese aber ein schoener Kerl, dachte ich als ich ihn das erste Mal sah. Und nun tobte er kurz hinter oder neben dem Boot. Ich hatte die Kescherstange auf 1.5 m ausgefahren aber immer wenn ich den Kescher ueber den Bootsrand schob, erschrak der Lachs und raste wieder davon. Das ging 4 oder 5 Mal so und mir wurde schon bange, dass irgendwann bald mir der Haken um die Ohren fliegen wuerde und der Fisch verloren ginge. Jetzt, jetzt hielt er fuer eine Sekunde still und schnappte Luft. Ich kurbelte Schnur bis der Flasher fast am Spitzenring sass, zog die Rute steil hoch und zurueck und riss den Fisch so ans Boot heran. Mit meiner rechten Hand schob ich den Kescher blitzschnell dem Fisch entgegen – schaufelte Rahmen und Netz darunter und wippte die Stange an der Bordwand nach oben. Der Lachs war im Netz! Jawoll! Gewonnen!
Ich tanzte erstmal ein paar Huepfer um dem schoenen Lachs. Nicht sehr lang aber kraeftig war er! 66 cm und knapp 8 Pfund. Dafuer hatte er ganz schoen Betrieb gemacht oder ich hatte vergessen wie sportlich Lachse kaempfen! Nachdem ich den Fisch versorgt hatte, machte ich noch ein Weilchen weiter, konnte aber nichts mehr erwischen. Bald dueste ich wieder zurueck zur Pedder Bay aber anstatt direkt in den Fjord zur Marina zu fahren, machte ich noch einen Stopp an der Fljordmuendung und schleppte noch ein Stueck des Weges. Alles war ruhig bis das Echolot ploetzlich einen Stapel Fische an einem kleinen Unterwasserberg anzeigte. Bestimmt Felsenbarsche, dachte ich. Meine Koeder mussten bald direkt durch diesen Stapel durchgezogen werden. Und da ging es los – erst die rechte Rute die losruckelte und dann auch noch die zweite obwohl beide um die 10 m versetzt waren. Leider nur halbwuechsige Felsenbarsche die wieder schwimmen durften. Aber gut zu wissen, dass die Technik funktioniert! Ich packte dann aber zufrieden ein. Auch wenn es kein Action gepackter Tag gewesen war, die paar Bisse die ich gehabt hatte, waren alle ein kleiner Thriller gewesen. Mit einem Helfer an Bord waeren sicher ein oder sogar zwei Fische mehr in der Kiste gewesen. Aber 3 Stunden Ablenkung von der unschoenen Situation an Land waren eine angenehme Abwechslung fuer meine Seele gewesen. Bald wieder, hoffe ich!