1.7.2021; Nootka Sound – Tag 4
Unser 4. und letzter Tag sollte mehr den Lachsen gewidmet werden. Die Windvorhersage war ok fuer den Morgen und dann etwas sportlicher fuer den Nachmittag. Ueber die letzten Tage hatten wir mehrere Charterboote innerhalb des Fjordes fischen sehen. Am Schlachttisch waren deren Faenge mit unseren verglichen eher mager. Ich sah ein paar der Gaeste neidisch auf unsere Butthaufen schielen. Die Guides wollten wohl die Gaeste, die meist wie Familien mit kleinen Kindern aussahen, nicht den schaukeligen Bedingungen vor der offenen Kueste aussetzen und begnuegten sich dann lieber mit zwei oder drei 8 pfuendigen Fresslachsen die im Fjord ihr Unwesen trieben. Heilbutt ging schwer im Fjord. Die grossen Laichlachse kamen erst Ende Juli tief in den Fjord. Der Conuma River, der ja direkt vor dem Moutcha Bay Resort in the Fjord muendete, war ein Lebensraum von Chinooks, Cohos und Chums. Im spaeten August und September bis Oktober tummelten sich dann einige tausend Lachse direkt vor dem Resort um dann beim ersten schweren Regenfall in den anschwellenden Conuma aufzusteigen. Das Resort haelt am letzten Augustwochenende immer ein Kajak-Lachsderby bei dem man mit allen Schwimmhilfen inklusive einer Luftmatraze einen Lachs fangen kann. Irgendwann muss ich da mal mitmachen! Wer aber denkt das Lachse, die ueberall um’s Boot herumspringen, leicht zu fangen waeren, der taeuscht sich sehr. Die Lachse haben in dieser Phase keine Fresslust mehr und beissen nur noch aus Reflex oder Wut. Da einen zu haken braucht Geduld und Ausdauer, gute Nerven und eine Menge greller Koeder.
Jedenfalls war jetzt noch Lachsfischen an der Aussenseite angesagt. Im Fjord ging noch nichts. Daher waren wir immer auf brauchbare Windverhaeltnisse angewiesen. Am Donnerstag sah es fuer den Morgen gut aus und wir wollten ein bisschen an unserer Lachsquote arbeiten. Wir waren alle heiss und hofften auf eine neue, hungrige Chinookschule, die hoffentlich ueber Nacht angekommen war. Wir fingen wieder am Leuchtturm an und hatten gleich Kleinlachsalarm. Die flache Bucht war diesmal nur halb verkrautet und so drehten wir ein paar Runden dicht unter Land und zwischen einzelnen Felsinseln. Ploetzlich riss es hart an der Squidrute und diesmal war ich schneller als die Jungs. Ich hatte auf einen grossen Chinook gehofft, merkte aber bald dass das nichts werden wuerde. Der Fisch machte ordentlich Alarm aber nahm keine Schnur und als er einmal vielleicht einen Meter aus dem Wasser geschossen kam, war klar: das war ein Coho. Aber fuer einen Coho um diese Jahreszeit war er nicht schlecht und ich genoss den kurzen aber wilden Drill. Ricardo sackte ihn dann ein und das erste 5-6 Pfund Silber war an Bord heute.
Wir verbuchten noch zwei Fehlbisse an dieser Stelle aber dann zogen wir weiter. In der naechsten Bucht zwischen den Wash Rocks (mehrere kleine Felsinseln) schleppten schon eine Menge andere Boote. Einer winkte uns zu und begruesste mich beim Namen. Den Norm hatte ich gestern beim Filetieren kennengelernt. Ein netter Kerl der sogar ein bisschen Deutsch sprach – seine Mutter war Deutsche. Sie hatten noch nichts in der Kiste. So zogen wir weiter raus. Ricardo und Alec fingen beiden ein paar Shakers bis dann ploetzlich die Blinkerrute hart ausloeste. Alec war an der Reihe und schon nach wenigen Sekunden deutete er Grosslachsalarm an! Ricardo und ich holten das ganze Zeug ein und machten das Deck landungsklar. Der Fisch dueste richtig los. Ich glaube erst nach 30 oder 40 Sekunden konnte Alec ueberhaupt erstmal den Finger an die Rolle legen. Aber auch dann hoechstens fuer ein oder zwei Kurbelumdrehungen und dann raste der Fisch wieder davon. Da hier noch 2 oder 3 andere Boote in der Gegend waren, drehte ich lieber um und fuhr etwas im Winkel auf den Fisch zu um jeglichen Booten den Weg ueber unseren Fisch abzuschneiden. Alec musste jetzt kurbeln wie ein Weltmeister um die Schnur straff zu halten. Klappte prima. Dann ging es noch paar Mal hin und her. Ich staune immer wieder wie kraeftig diese Fische hier vor Nootka sind. Die stehen voll im Saft und kaempfen wirklich ueber ihrer Gewichtsklasse. Als wir den Fisch das erste Mal zu Gesicht bekamen, waren wir fast enttaeuscht. Der hatte gekaempft wie weit ueber 20 Pfund, war aber deutlich kleiner.
Ricardo kescherte ihn bald gekonnt ins Boot. Ein feister 16 Pfuender! Nicht schlecht, wenn auch kein Rekordfisch. Alec freute sich, dass er als Spaetkommer nun schon die Heilbutt- und die Lachskategorie anfuehrte. Er hat’s eben drauf! Aber noch waren wir ja nicht fertig heute. Es war erst Mitte des Morgens. Nach 2 bisslosen Schleifen ueber die Fangstelle fuhr ich uns um den am weitesten draussen liegenden Wash Rock herum. Hier fange ich eigentlich immer was aber hier ist es meistens auch am welligsten. Und es war ungemuetlich und schaukelig hier. Als nach einer Weile ausser noch ein oder zwei Shakern nichts ging, schaute ich weit nach Nordwest. Dort war der Beano Creek, der eine groessere Bucht formte, die ein bisschen Windschutz zu versprechen schien. Eine kurze Absprache mit den wachen Jungs und wir raeumten schnell das Geraet rein um zum Beano Creek zu fahren. Nach 15 Minuten waren wir da und trafen auf vielleicht 10 andere Boote. Ob hier was ging?
Das war eine Stelle zum Flachfischen. Die Bucht war hoechstens 20m tief und hatte einige Untiefen die bis auf 10m hochkamen. Ich montierte einen knall-pinken Coho Killer Blinker an die eine Rute und das Squidimitat blieb an der anderen. Der pinke Blinker lief flach auf 10m, der andere Koeder am Grund bei 20m. Da rappelte die Blinkerrute schon los und Ricardo hatte im Nu einen wilden Coho am Band. Der sprang paar Mal wie verrueckt und sausste hin und her neben dem Boot; einmal fast in die Schraube des Schleppmotors. Total durchgeknallt der Fisch. Aber als er dann so fein im Kescher lag, lief mir schon der Saft im Maul zusammen; das wird ein feines Mal. Wieder so um die 6 Pfund. Ich wiederholte die Strecke und prompt zog diesmal die Squidrute ab. Alec vermutete wieder einen Coho aber als sein Widersacher ihm ploetzlich die Kurbel aus den Haenden riss und eine Flucht von vielleicht 20-30m hinlegte, wussten wir, dass das was Groesseres war. Wenn das ein Coho ist, waere es ein neuer 1. Juli-Rekord!
Nach feinem Drill zeigte sich ein feiner vielleicht 12-13 pfuendiger Chinook. Feine Sache! Eingesackt und auf Eis gepackt. Jetzt hatten wir natuerlich Blut geleckt und drehten enge Schleifen ueber der Stelle in der Bucht. Andere Boote waren auf uns aufmerksam geworden und gesellten sich dazu. Das liess nicht viel Platz an der Stelle. Ein Biss kam noch, der auch sofort ausloeste aber der Fisch blieb nicht haengen. Dann wurde es still. Alexander wachte auf und kam mal aus der Koje. Er staunte, dass wir schon 4 Lachse in der Box hatten. Das war jetzt meine Chance mal eine Muetze Schlaf nachzuholen. Die 3 Jungs konnten das schon alleine regeln! Ich legte mich ab und machte ein schoenes Nickerchen. Ich erwartete eigentlich, dass ich von Tumulten aufwachen wuerde wenn die Jungs zu den Bissen springen und Freudengeschrei beim Fang ausstossen wuerden. Aber es blieb ruhig.
Nach einer Stunde schaute ich dann mal nach dem Rechten. Ricardo winkte ab: nichts gefangen. Was? Und wo waren wir denn? Es war wohl in der Bucht etwas windig geworden und alle anderen Boote waeren wieder Richtung Leuchtturm gefahren und so hatten die Jungs beschlossen auch wieder Richtung Heimat zu schleppen. Wir waren irgendwo im Niemandsland an einem einsamem Kuestenabschnitt. Hm, dachte ich. Wenn wir etwas tiefer gehen, koennten wir vielleicht wenigstens unseren letzten Heilbutt abschleppen. Aber hier war es ja nur so 22m tief. Ich uebernahm das Steuer und fuhr uns zur 33m Kontourlinie. Kaum angekommen, loeste die Rute mit dem pinken Blinker aus und verneigte sich tief. Ricardo rief Alexander zu, dass er dran waere. Aber der winkte ab, wollte erst in Ruhe sein Mittagsbrot essen. Na der hatte ja die Ruhe weg! Da nahm sich Ricardo die Rute und vermeldete einen guten Fisch. Alec und ich raeumten wieder das Deck. Alles lief nun wie am Schnuerchen. Ricardo drillte den Fisch trotz des Wellenganges gekonnt und Alec kescherte den Lachs nach ein paar Minuten routiniert. Knapp 14 Pfund. Auch ein schoener Fisch! So kommt es eben wenn der Meister am Steuer sitzt und ahnt wo die Lachse stehen! Ricardo schuettelte nur unglaeubig den Kopf.
Wir schleppten noch eine halbe Stunde weiter ohne groessere Ereignisse. Ein Seeotter kam mal wieder in Sicht und Alex war verzueckt ob des aehnlichen Gebahrens wie seines Frettchens zuhause. Dann juckte es die Jungs nochmal zu pilken. So packten wir die Schleppsachen ein und ich fuhr uns zu dem sandigen Unterwasserberg. Der Wind stand dieses Mal hier voll drauf und ich befuerchtete, dass die Drift zu schnell war. Tatsaechlich beschwerten sich die Jungs, dass sie kaum Boden halten konnten und staendig nur Schnur nachgeben mussten. Ich sagte, wir versuchen es mal mit Backtrolling; das heisst ich hielt uns mit Motorkraft auf der Stelle. Da ich nicht rueckwaerts in die Wellen fahren wollte (was eigentlich das Backtrolling ausmacht), hielt ich den Motor nur sachte im Vorwaertsgang und schaltete hin und wieder mal eine zeitlang in Leerlauf. Ich musste nur die 3 Angelschnuere gut im Blick behalten. Funktionierte einwandfrei.