31.8. 2025; Sooke
Der dritte Tag meines Angelmarathons stand an. Diesmal hatte ich Sven und seinen 12 jaehrigen Sohn Konstantin mit auf dem Boot. Die beiden hatten schon eine grosse Reise entlang der Kueste vom Festland BC und Vancouver Island hinter sich. Sven hatte mich schon vor Monaten mal angeschrieben und nach Ratschlaegen gefragt, wie er seinen Sohn an einen oder noch besser mehrere Lachse kriegen koennte. Ich hatte ihm fuer die Saison passend ein paar Tipps und Vorschlaege gemacht und die beiden dann natuerlich auch auf mein Boot zum Meeresangeln eingeladen. Dafuer bot sich das lange Wochenende Ende August an, fuer das wir 2 Tage Lachsangeln vor Sooke ausgemacht hatten.
Auf ihrer 3 woechigen Reise vorher erlebten die beiden viel und sahen spektakulaere Ecken dieser Kueste. Sven schickte mir einen Link zu einem Reise-Blog auf einer mir bis dahin unbekannten Reise App (Find Penguins) mit welcher ich deren Reisefortschritt, Abenteuer und auch Angelerfolg klasse verfolgen konnte. Leider stellte sich die Lachsangelei an Fluessen und Baechen als sehr schwierig heraus. Einmal war es noch sehr trocken und viele Fluesse hatten noch zu wenig und zu warmes Wasser als das die Lachse da hineinziehen koennten. Und an dem Nordinselfluss auf den ich gewettet haette das sie was fangen, dort stellte sich heraus, dass die Elterngeneration der Pinks vor zwei Jahren wegen Duerre nicht zum Laichen gekommen waren und daher die diesjaehrige Generation praktisch ausfiel. Das wusste ich auch nicht. Statt Lachs fing Konstantin an der Cluxewe Muendung mit grosser Ausdauer fette Seeskorpione und einen Dolly Varden Saibling. Einen Pink hatte er wohl kurz an der Fliege dran gehabt, aber der schlug sich wieder los. Dann hatten sie noch Pech das eines ihrer Ziele an der Westkueste wegen Waldbraenden nicht erreichbar war. Am Campbell und Quinsam River fingen die beiden dann aber endlich ihre ersten Lachse, auch wenn sie der Schwarzbaer hin und wieder von ihrer Stelle vertrieb.
Waehrend die beiden so durch die Kuestenwaelder zogen, rappelte es hier vor Victoria so richtig im Meer und ich wuenschte die ganze Zeit die beiden waeren zuerst zu mir gekommen. In der Woche vor ihrer Ankunft nahmen dann die Fangerfolge auf den hiessigen Booten merklich ab und die zwei Touren mit Christian und Gabriel bestaetigten den abnehmenden Trend. Aber ich war mir sicher das wir zumindest Etwas fangen wuerden. Verwoehnt von Massenfaengen waren die beiden ja nicht auf ihrer bisherigen Tour. Aber das bestaetigte wieder was ich immer wieder sage wenn mich Touristenangler kontaktieren: Lachse fangen ist nicht einfach. Im Gegenteil, fuer Touristen ohne Boot und einem kurzem Zeitfenster ist Lachse fangen eine sehr komplizierte und unberechenbare Aufgabe. Das haengt erst einmal von der Saison ab – Lachse sind fuer Touristen natuerlich am leichtesten im Suesswasser erreichbar. Aber dort sind sie eben nur eine kurze Zeit im Jahr und dieses Zeitfenster ist von Fluss zu Fluss verschieden – von Regen/Wasserstand aber auch von der Lachsart abhaengig. Und selbst in wasserstandsregulierten Systemen wie dem Campbell River koennen die Lachse mal ein Jahr 2 Wochen frueher oder spaeter in den Fluss kommen. Solche zeitlichen Aenderungen koennen durch Bedingungen im Pazifik verursacht werden, die keiner der besten Wissenschaftler auf dem Schirm hat. Damit wird eine Flussangelreise immer zu einem Gluecksspiel. Und ausser Lachsen sind in den meisten naehrstoffarmen Kuestenfluessen und Baechen nicht viele andere lohnenswerte Angelziele.
Und selbst wenn man die Aufstiegszeit der Lachse gluecklich abgepasst hat, ist das Lachse fangen im Fluss zum Teil aeusserst frustrierend und gewoehnungsbeduerftig. Wie die meisten von Euch wissen, fressen Lachse nicht mehr im Fluss. Damit sind die ganzen Fangstrategien die sonst fuer alle Angelarten gelten – Nahrung imitieren, Fressverhalten lernen, naturgetreu anbieten etc – praktisch ungueltig fuer die Lachsangelei im Fluss. Man kann stundenlang vor einem Schwarm stehen und den Fischen alles in der Koederbox vor den Maeulern entlang fuehren und nichts. Kann einen verrueckt machen! Und dann, ploetzlich und voellig unergruendlich warum, schnappt dann einer zu. Reiner Reflex – oder Aggressionsbiss. Aber einige Angler haben da schon verzweifelt abgebrochen und aufgegeben. Es kann natuerlich auch mal anders gehen wenn ein frischer Schwarm vom Meer einzieht und viele aggressive Milchner dabei sind. Dann kann es auch mal Sternstunden mit Biss auf Biss geben. In der Regel ist das allerdings selten.
Oder man verschreibt sich einer anderen Methode, die allerdings nicht Jedermann’s Geschmack ist; das ist das sogenannte Flossing. Damit spekuliert man ueberhaupt nicht mehr auf eine Bissreaktion des Lachses sondern laesst sein langes Vorfach so geschickt durch die Stroemung treiben, dass es sich im Maul der atmenden Lachse verfaengt und dann der durchgezogene Haken aussen am Maul haengenbleibt. Ist auch nicht einfach diese Technik zu meistern und es gehoert viel Geschick und Gewaesserkenntnis dazu. Allerdings hat das mit der traditionellen Idee einen Fisch zum Anbeissen zu verleiten nichts mehr zu tun. Eher verwandt mit dem Reissen eines Fisches – frueher kannte man das von der Skrei-Angelei in Norwegen oder in der Ostsee. Oder eben wie Jagen: an die Beute anschleichen, anpeilen und den Abzug druecken. Daher ist das Meeresangeln auf die noch fressenden Lachse generell einfacher wenn man denn ein Boot zur Verfuegung hat und gute Stellen kennt. Frueher gab es viele Bootsverleihe auf Vancouver Island die dieses Unterfangen fuer Touristen einfacher gemacht hatten. Jetzt kenne ich nur noch 2 Stellen mit Motorbootsverleih: Pedder Bay Marina vor Victoria und Moutcha Bay Resort im Nootka Sound. Letzteres nicht ganz billig, aber dafuer top Boote.
Da Sven und Konstantin mit ihrem Camper auf einem Campingplatz in Sooke standen, verabredeten wir uns gleich an der Sunny Shores Marina in Sooke. Nach einer kurzen Begruessung ging es gleich los. Wir legten noch die Krabbenfalle aus in der Hoffnung dem Krabbenkloster voller Nonnen hier tief im Sooke Inlet zu entgehen. Dann duesten wir vor Secretary Island wo es ja gestern ziemlich gut lief. Hoffnungsvoll liessen wir die zwei Schleppruten runter und ich erklaerte den beiden das Geraet und Bedienung. Und von da an brauchte ich mich auch im Prinzip nicht mehr darum kuemmern. Konstantin hatte das alles ganz schnell raus und bediente das Geraet bald wie ein Experte. Die ersten Bisse liessen aber auf sich warten. Gestern fing die Beisszeit ja auch erst tief in die Flut hinein an. Die ersten Zuppler kamen von Mini-Cohos. Konstantin war super konzentriert und kriegte die vorsichtigen Zupfer alle mit und rettete so wohl einigen der Winzlinge das Leben.
Dann tauchte ploetzlich ein Buckelwal hinter dem Boot auf und schwamm dicht an unserem Boot vorbei Richtung offshore. Der war wohl auch auf Suche nach Futter und Action. Und so liess ich mich inspirieren und schleppte langsam auch in tiefere Gefilde. Erst eine ganze Weile spaeter und weiter draussen kam der erste richtige Biss und Konstantin drillte gekonnt seinen ersten Meereslachs ans Boot; ein Pink! Also ein paar davon waren also immer noch da. Ich wollte heute aber nur Fische mitnehmen die eventuell verletzt waren. Der hier liess sich prima wieder freilassen. Sven wollte auch keine Lachse behalten – sie waren ja schon am Ende ihrer Tour und er hatte nicht vor Lachs mit nach Deutschland zu nehmen.
Nach diesem Anfang ging nun regelmaessig was auf unsere Koeder. Mal auf die flachere Rute, mal tiefer. Es war ein bunter Mix aus Cohos und Pinks oder kleinen Chinooks. Die Cohos zogen flach und waren aggressiv und rissen hart an den Ruten. Aber so richtig grosse Exemplare waren noch nicht dabei. Einmal half ich Konstantin sein Geschirr wieder einzubringen, da rappelte die andere Rute los und Sven schnappte sich die Rute. Der machte schon etwas mehr Alarm und sprang auch einmal. Als Sven ihn neben dem Boot hatte, sah ich das einer der Haken hinten im Kiemenbogen hing und eine Blutfahne herauszog. Ein banger Blick zur Fettflosse: Gott sei Dank, keine dran! Den konnten wir mitnehmen. Waere schade gewesen den wieder reinschmeissen zu muessen. Ein feiner vielleicht 8 pfuendiger Coho! Sven fuehlte sich ein bisschen schuldig das er den bisher groessten Lachs nun selber gefangen hatte. Aber Konstantin nahm es sportlich.