Man darf das Thema Belastbarkeit von Schnüren auch nicht zu sehr am Durchmesser und der reinen, linearen Tragkraft festmachen. Ganz abgesehen von der Bremseinstellung der Rolle, ist auch die Art der Rute von erheblicher Bedeutung. Einmal kurz und bockhart und einmal lang und mit parabolischer Aktion. Was wird wohl eher zu einem Schnurbruch im Drill führen, was puffert Belastungsspitzen besser ab?
Die Tendenz zu immer weiter werfenden, härteren und schnelleren Ruten und Aktionen verstärkt auch die Tendenz zu Schnurbrüchen. Wo man mit einer klasssichen Matchrute aus den 80ern noch problemlos mit 0,10er Vorfächern arbeiten kann und auch einem Bonusfisch Herr wird, ist mit heutigen Matchruten teilweise schon beim Anhieb Feierabend, da sie die Kraft des Anhiebes, bedingt durch Bauart und die Werkstoffe, wesentlich schlagartiger auf das Vorfach übertragen.
Das Wallerfischen ist ein gutes Beispiel. Die durchschnittlichen Wallerschnüre, 60er geflochten, sind grundsätzlich gesehen schon zu stark für die Fischgewichte. Prinzipiell aber unbedingt nötig, da Waller sehr explosiv sein können und nur so die Belastungsspitzen abgefangen werden können. So wie beim legendären One-Inch-Punch. Theoretisch kann man aus 2,54 cm Entfernung zum Ziel keinen effektiven Schlag ausführen, höchstens einen Schupser. Bruce Lee schaffte es trotzdem seine Kontrahenten damit sauber umzuhauen.
Besonders die Angler, die schwerpunktmäßig Spinnangler sind, haben dann mit solchen Zusammenstellungen beim gelegentlichen Friedfischfang ihre regelmäßigen Probleme. Nicht nur wegen dem Gerät an sich, sondern auch wegen dem Anhieb, der nun mal mit einer leichten Matchrute ganz anders, viel weicher und gezogener ausfallen muss, als mit der gewohnten Spinnrute. Im umgekehrten Fall kann das ebenso zu Problemen führen, wenn der Matcher beim Spinnfischen nicht richtig pariert. Nur hängt halt dann der Raubfisch einfach nicht und reißt nicht gleich ab.
Und dann der Drill selber. Drillt man den Fisch behutsam aus, oder gibt man ihm die Kante. Welchen Fisch drillt man? Ein Rapfen macht zu Anfang einen mords Radau, gibt dann aber doch ziemlich klein bei. Er tut seine "Arbeit" aber an langer Schnur. Beim Graser ist es genau anders herum. Der ist erst der nasse Sack und zieht seine Show direkt unter der Rutenspitze an ganz kurzer Schnur ab. Ganz unterschiedliche Belastungen treten somit auf.
Ob und wann die Schnur möglicherweise bricht, hängt also von ungleich mehr Faktoren ab, als nur vom schieren Druchmesser und dem Laborwert ihrer linearen Tragkraft!