So, nach einer ganzen Weile Angelabstinenz ist es mal wieder Zeit einen Bericht einzustellen. Zwei Wochen Deutschland und anschliessend 2 Wochen Brasilien mit Fussball WM hatten mich vom Angeln fern gehalten. Aber auch auf dieser Weltreise konnte ich nicht ganz ohne Fischberuehrungspunkte auskommen; so haben mir meine Freunde in Bayern an der Saalach gezeigt, dass man auch in Deutschland in schoener Umgebung tolle Fische fangen kann! Und am Strand zwischen Rio und Sao Paulo habe ich lange einem Brandungsangler zugeschaut der Fisch auf Fisch aus den Wogen holte – alle erdenklichen Aquarienfischarten, die aber angeblich lecker schmeckten. Leider war die Verstaendigung mit den Brasilianern ohne Portugiesischkenntnissen sehr schwierig.
Kaum zurueck, rief mich mein Freund Dave an und ueberredete mich total begeistert zu einem 3 taegigen Angeltrip nach Bamfield, zur Tyee Lodge an der Vancouver Island Westkueste. Er hatte da ein Angebot zu sehr attraktiven Preisen bekommen. Weil es doch immer heisst, dass BC Lodges und Resorts so unverschaemt teuer sind (sind einige auch!) – hier mal eine Idee was wir bezahlten: pro Person (wir waren zu viert): 3 Uebernachtungen in komfortablen Doppelzimmern, gute Vollverpflegung von Sonntag Nachmittag bis Mittwoch Morgen (kein Alk inkl.), 2 x 8 stuendige Angelausfahrten mit Guide auf geraeumigen 26 Fuss Booten, Schlachten- Filetieren-Vakuumverpacken-Frieren dabei, schoene Zedernholzlodge direkt am Meer mit Whirlpool im Freien = $700 pro Person. Mit Trinkgeldern und Steuern und meinem Anteil an der von uns extra gebuchten Sonnenuntergangstour habe ich reichlich $800 fuer den ganzen Spass bezahlt. Das finde ich sehr anstaendig fuer was einem dafuer geboten wird. Hier ist der link falls sich einer dafuer interessiert: http://www.tyeeresort.com
Bamfield ist ein wirklich reizvoller Fischerort und lebt vom Angeltourismus – vorallem der BC’ler. Da es nur ueber Schotterpisten zu erreichen ist (ca. 1,5 Stunden von Port Alberni), wagen sich viele internationale Touristen mit Mietwagen da nicht hin. Die Schotterpiste dahin war auch wirklich nicht im Sahnezustand – wir hatten doch auch direkt einen Platten auf der Hinfahrt. Man kann aber auch Glueck haben, dass die Forstbetriebe, die die Schotterpisten nutzen und auch unterhalten, gerade die Strecke nachgebessert haben und dann faehrt es sich eigentlich ganz gut darauf. Es ist aber zu empfehlen einen SUV oder Pickup auf diesen Strecken zu fahren. Somit hat Bamfield eben einen noch einheimischen und authentischen Fischerortcharme. Es liegt in einer geschuetzten Bucht am Suedende des Barkley Sounds. Von Bamfield aus hat man die Moeglichkeit zu den produktiven Offshorebaenken zu booten oder aber wenn Wind-und Wellen das nicht zulassen, dann kann man in die endlose Inselwelt der Broken Islands im Barkley Sound eindringen und dort mit der fantastischen Kulisse der Kueste und der Inselwelt im Hintergrund eine tolle Inshoreangelei geniessen. Ausserdem beliebt sind Waletouren oder mehrtaegige Kayaktrips durch die Broken Islands.
Die Angelei vor Bamfield hat fuer jeden was dabei: Schleppangeln auf Lachs, offshore Schleppen auf Heilbutt, pilken auf Felsenbarsch und Ling Cod offshore und inshore, pilken auf Lachs, Grundangeln auf Heilbutt, Plattfischangeln an sandigen Buchten, Flugangeln auf Coho vor den Krautfeldern….
Tag 1:
Wir verstaendigten uns gleich Sonntag abend mit unserem Guide Rick, dass wir puenktlich um 5:30 am naechsten Morgen am Bootsdock vor der Lodge sein wuerden. Es wuerde windig werden die naechsten Tage, meinte Rick und wenn es eine Moeglichkeit offshore zu kommen gaebe, dann nur frueh morgens. Wir wollten es probieren. Wir liessen den Anreisetag im Whirlpool auf der Meeresblickterasse ausklingen und um unser Angelfieber noch weiter anzustacheln, konnten wir zwei Boote direkt vor der Lodge ein paar schoene Lachse einsacken sehen waehrend wir im Whirlpool sassen! Wir konnten es kaum erwarten!
Frueh schnell das bereitgestellte Fruehstueck verspachtelt, dann ruck zuck in die Anzuege und Stiefel, den bereitgestellten Mittagssnack eingepackt und los zum Dock. Ich nahm wieder meine eigene Rute mit damit ich mir nicht mit den hier typischen Rechtskubelrollen die Angellaune verderben musste. Dann legten wir ab und Rick steuerte das halboffene Aluboot auf den offenen Pazifik raus. Kaum waren wir aus dem Wind-und Wellenschutz des Fjordes und der Inselwelt heraus, zeigte sich der Ozean von seiner rauhen Seite. Kurzfrequentige 3-4 m Duenung und noch einen halben Meter Windwellen obendrauf… Jerrod, Dave, Glenn und ich draengten uns hinter den kleinen Steuerstand als das Wasser uns entgegengeflogen kam. Nach ca. 15 Minuten stoppte Rick und schaute nachdenklich in die Runde und wir nickten alle zustimmend als er 180 Grad wendete und wir nun mit den Wellen wieder Richtung Inselwelt duesten. Das waere mehr Krampf als Angeln geworden. Wir wollten ja schliesslich Spass haben.
Nach weiteren 15 Minuten stoppte Rick vor einer Kette von Inselchen und herausragenden Felsbrocken ueber die die Brandung nur so rueberkrachte. So im Halbnebel sah das gespenstig und unheimlich aus. Das Wasser auf der windabgewandten Seite der Inselkette war jedoch relativ ruhig und gut zu beangeln. Rick gab uns zwei Flasher und 2 Plastikkoeder – Squirts – die Sandaale imitierten – glow gruen mit blauem Streifen. Killer – wie er meinte. Wir vier waren alles erfahrene Schleppangler und handhabten das Angelgeraet natuerlich selber. Rick steuerte uns nur zu den Stellen und schlug hin und wieder eine Angeltiefe vor.
Es dauerte keine volle Minute und die erste Rute loeste aus. Und so ging das die ersten 2 Stunden nach Sonnenaufgang! Wir vier wechselten uns bei jedem Biss an den 2 Schleppruten ab. Die Bisse kamen hart und erbarmungslos. Viele kleinere Chinooks dabei – wir wollten alles unter 10 Pfund wieder freilassen. Glenn erwiess sich als Cohoexperte. Gleich seine ersten beiden gelandeten Fische waren schoene Cohos zwischen 8 und 12 Pfund. Kein anderer von uns erwischte einen Coho an diesem Tag obwohl wir das gleiche Geschirr benutzten. Dave sprang einmal zu seiner Rute als die wieder ausgeloest hatte und gleich brutal hinuntergerissen wurde. Der Fisch riss sofort 50m Schnur von der Rolle – das musste was Besseres sein. Aber in dem Moment als Dave den Fisch gedreht bekam, sah man einen Ruck an der Rute und die Schnur wurde schlaff. Und das Dave!!!
Jetzt war Jerrod dran. Rick drehte eine Kurve ueber die gleiche Stelle. Jerrod hatte seine Rute noch in der Hand als sie ausloeste und wieder ein D-Zug mit dem Koeder auf Tauchstation ging. Ein toller Drill spielte sich nun ab und der schoener Chinook zeigte sich paar mal an der Oberflaeche. Schliesslich konnte Rick den ca. 15 Pfuender keschern. Rick zog immer wieder enge Kreise ueber die Stelle und wir konnten nun auch auf dem Echolot erkennen was da unten los war. Ein dicker Futterfischschwarm und grosse Sicheln herum.
Ich war dran und liess meine Rute ein. Bis jetzt hatte ich schon einen ca. 12 pfuendigen Chinook im Boot. Wir sahen wie unsere Angelschnuere zu zittern anfingen als diese durch die dicke und dichte Futterwolke schnitten. Aber nun zuckte meine Rutenspitze etwas heftiger….hm….ein kleiner Winzling? Ich nahm die Rute auf und ruckte die Schnur aus dem Clip. Heftiger und sturer Widerstand begegnete mir! Und nach ein paar Sekunden konnte ich gleich die Finger von der Rollenkurbel nehmen da der Fisch mit Mach 3 davonzog. Aha, ein richtiger Fisch! Meine Kumpels groelten und feuerten mich an. Es war ein zaehes Hin und Her und ich spuerte heftige Kopfstoesse. Selbst dicht am Boot zog der Fisch noch ein paar Mal tief bis ihm dann wohl endlich die Puste ausging. Der Haken hing gut und so konnte ich ihn letztendlich problemlos ueber den Kescher schliddern. Geschafft! Knapp 18 Pfund wie sich spaeter herausstellte. Es geht doch nichts ueber einen Drill eines grossen Fisches – Mann, wie hatte ich das vermisst!
Glenn packet wenig spaeter noch einen 11 pfuendigen Chinook dazu und dann wurde es auf einmal ruhig. Die Beiszeit war vorrueber. Das waren aber tolle 2 Stunden gewesen auch wenn die Mehrzahl der gehakten Fische ziemlich klein war und damit wieder schwimmen durfte. Und ein paar groessere hatten sich leider wieder verabschiedet bevor der Kescher es richten konnte. War trotzdem viel Spass!
Rick funkte zu ein paar anderen Guides und meinte schliesslich, dass wir eine Heilbuttstelle ca. 5 km vor der Kueste probieren sollten. Der Wellengang haette sich etwas gemaessigt. So packten wir das Lachszeug ein und dampften auf das offene Meer. Es war eine ungemuetliche Fahrt und das leichte Aluboot schlug mehrmals heftig auf das Wasser auf als wir einen Wellenberg ueberquerten. Nichts fuer Nierengeschaedigte! Als wir aber an der Untiefe ankamen, stellten sich die Bedingungen als machbar heraus und Rick liess den Anker ‘raus.
Im Nu waren 4 Heilbutt-Grundruten fertig. Der Vorteil eines Center-Console offenen Boot ist es, dass man im Bug unheimlich viel Platz zum Angeln hat und auch raeumlich genug Entfernung zu den Heckanglern hat, dass man keine Verhedderungen befuerchten muss. Rick liess, wie ich auch immer zu Hause, einen Duftsack am Downrigger in die Tiefe. Dann hiess es warten.
Ich nickte in der nun durch den Nebel durchbrechenden Sonne etwas ein; meine Hand am Rutengriff um sofort jeden Ruck zu fuehlen. Es tat sich aber mindestens eine Stunde nichts. Ich blinzelte hin und wieder zu Jerrods Rute am Heck. Der quatschte gerade mit Glenn als ich eine tiefe Verneigung seiner Rute bemerkte. Ich rief “Aufpassen!”. Alle starrten zu der Rute – keiner hatte es bemerkt und jetzt verhielt sich die Rute wieder still. Da! Langsam zog die Rutenspitze ein paar cm nach unten, blieb so kurz stehen um dann ploetzlich bis zur Wasseroberflaeche herunterzuziehen. Fish On!
Jerrod arbeitete sich die Rute aus dem Halter und begann mit dem Drill. Es schien kein Grosser zu sein denn er nahm keine Schnur. Jetzt spuerte ich einen Ruck an meiner Hand. Ich stand auf und starrte wie gebannt auf meine Rute. Ploetzlich riss es die Rutenspitze nach unten und ich kurbelte kraeftig dagegen um den Haken zu setzen. Der schien zu haengen! Ich nahm die Rute auf und begann zu pumpen. Meiner schien ein besseres Kaliber zu sein denn kaum hatte ich 5-10 m gewonnen, zog er stur wieder bis zum Grund. Das ging so 3-4 Male und ploetzlich war der Widerstand weg. Ah, Mist. Ich liess den Koeder – oder was davon noch uebrig war, direkt wieder zum Grund, konnte aber keinen Abnehmer mehr finden. Jerrod hatte inzwischen einen ca. 20 pfuendigen Butt gelandet.
Ich holte das Geschirr hoch und verbesserte meinen Koeder. Wir fischten mit Lachsbauchlappen und die zaehe Lachshaut hielt prima am Haken so das es fast unmoeglich war den kompletten Koeder vom Haken zu stehlen. Ich liess wieder herunter. Nach einer Weile bemerkte ich ein zoegerliches Ziehen an meiner Rutenspitze und nur Sekunden danach war die Rute krumm. Wieder kurbelte ich in den Fisch hinein bis ich soliden Widerstand spuerte und begann dann mit dem Drill. Dieser war nicht ganz so sportlich wie der vorher und so blieb es bei einer langen Pump-und Kurbeleinheit von 100 m Tiefe. Mein Butt war etwas kleiner als Jerrods. Schade, ich hatte eigentlich gehofft, das wir ein paar groessere Platten hier and der Westkueste erwischen wuerden.
Mittlerweile verbuchte Dave einen Biss neben mir und brachte kurz darauf einen fetten Felsenbarsch herauf. Der hatte mit Sicherheit gute 4 Pfund! Lecker! Dann war erstmal wieder ein bisschen Ruhe an Bord. Zeit fuer ein Nickerchen, dachte ich mir.
Nach einer Weile verlangte die Natur ihr Recht und ich schaelte mich neben meiner Rute aus den Jacken und der Latzhose. Ich war noch nicht ganz fertig und die Hosen noch auf halb Acht, da riss es meine Rute brutal nach unten. Oje, hetzend und wenigstens das Noetigste wieder einpackend - und schon nahm ich die Rute auf. Schnur lief schon kreischend von der Rolle. Die Jungs groelten vor Vergnuegen als sie mich so mit den Hosen um die Knie schlotternd an der Rute arbeiten sahen. Leider sollte auch dieser Fisch kurz darauf wieder aussteigen – vielleicht auch besser so bei dem zu erwartenden ersten Eindruck von mir !
Es dauerte nicht lange bis sich dann Daves Rute verneigte. Dave rannte gerade am Heck herum und demzufolge sprang nun Glenn zu der Rute und war am Fisch. Dann ging es im sekundentakt Schlag auf Schlag. Ich hatte gerade meinen Posten verlassen um vom drillenden Glenn Fotos zu machen und Rick stand Glenn bei. Da zog wieder meine nun verwaiste Rute ab und Dave sprang hinzu. Jerrod stand dicht bei Dave als nur Augenblicke nach Daves Biss Jerrods Rute auf Tauchfahrt ging. Ich war nicht darauf gefasst und bis ich die Kamera weggpackt hatte und Jerrod alarmiert hatte, war der Fisch weg. Ich ruckte nur kurz an und suchte Fuehlung, als ich im Augenwinkel nun Glenns verwaiste Rute rucken sah – Mensch das ist ja zum Verruecktwerden! Wie beim Spiel Reise nach Jerusalem rannten wir den Bissen hinterher – und verloren doch. Auch der Fisch an Glenns Rute war futsch bis ich da war. Zu allem Aerger stieg dann auch noch Daves Butt kurz vor der Landung aus und der einzige, der seinen Fisch landen konnte war Glenn.
Glenns Butt hatte etwas mehr Fleisch auf den Rippen – wir schaetzten auf knapp 30 Pfund. Nach diesem Beiss-und Verlustfest warteten wir nun vergebens auf weitere hungrige Platten. Nur noch ein Dornhai vergriff sich an Jerrods Koeder. Etwa um 13:30 Uhr machten wir uns auf den Rueckweg. Es war zwar nicht das groesste Schlachtfest und auch keine Kapitalen aber wir hatten genuegend Action gehabt und viel Spass dabei. Rick war ausserdem ein sehr angenehmer Guide gewesen und hatte uns machen lassen was wir wollten.
So richtig ausgeangelt waren wir scheinbar aber noch nicht denn als wir mit den anderen Lodgeguides am Dock bei einem Bier ins Gespraech kamen, verabredeten wir und mit einem anderen Guide Doug gleich noch fuer eine Sonnenuntergangtour direkt vor der Lodge. Der Wind hatte sich gelegt und wir bekamen einen tollen Sonnenuntergang auf dem Boot. Leider wurde es nichts mit einem Abendlachs.






















