Hallo Leute,
wer keine Geschichteleins mag: bitte nicht weiterlesen 
Mit der Meerforelle auf Augenhöhe: Ein Angelwochenende auf Fehmarn
Zeit: Erstes Novemberwochenende. Ort: Fehmarn. Das Ferien-Gefühl meines Meerforellen-Kurses fing mit den atemberaubenden Farben des Himmels bei der Anfahrt an. Alle Farben waren vertreten, wenn man mal von denen absieht, die nur in Textmarkern zu finden sind. Die Wetteraussichten waren viel versprechend: Genauer gesagt verhießen sie Regen und „mollige“ drei bis fünf Grad, immerhin im Plus-Bereich des Thermometers. Eindrucksvoll: Die Windmess-Säcke auf der Fehmarnsund-Brücke zitterten nicht mal. Konnten sie auch nicht, denn sie wiesen ohne jedes Schwächeln und wie eingefroren straff horizontal vom Mast weg. Auch die Ostsee zeigte überschäumende Freude auf den weißbekrönten Wellenkämmen. Na, das konnte ja heiter werden! Noch war ich mir ganz und gar nicht sicher, ob meine Freundin Annett mir mit Ihrem Geschenk - dem Mefo-Kurs - tatsächlich einen Gefallen getan hatte. Sie hatte mein Dauergrinsen nach dem Zanderkurs bei Jörg im Sommer sehr genau registriert. Ich war jetzt - wie immer - skeptisch.
Im Ferienhaus angekommen, war keine Zeit mehr, es sich noch mal anders zu überlegen. Außerdem gab es sofort heißen Kaffee - schon mal ein guter Grund zu bleiben. Große Freude dann bei der Begrüßung, als Jörgs Zander-Guide Axel auftauchte - diesmal als Mitangler. Weil diesmal das NDR-Fernsehen Jörgs Angelschule abfilmte, wurde die Einweisung direkt ans Wasser verlegt. Das versprach bessere Bedingungen für die Kamera. Jörg hatte die Wetter- und Strömungsbedingungen studiert und einen sehr malerischen Platz an der Ostküste ausgewählt: direkt an einer Steilküste, mit teils recht großen Felsen im Wasser.
Insgesamt standen wir bald nach abgefilmter Köder- und Knotenkunde zu siebt im Wasser und ließen uns nicht weiter beeindrucken, denn jetzt ging es schließlich um wichtigeres als ums Filmen, nämlich um Meerforellen! Wenn die das nasse Element gegen das trockene eintauschen sollten, mussten wir uns schon ziemlich anstrengen. Mitangler Klaus warnte mich: "Mach im Wasser nur kleine Schritte, sonst rutschst du auf den glatten Steinen aus!". Ich hielt mich dran. Jeder erlebte dabei sein persönliches Wunder: Meins war, dass meine Wathose wirklich dicht und sogar warm war. So ging das Auswerfen los. Ein ums andere Mal feuerten wir die blanken Metallplättchen in die Weite der Ostsee und kurbelten sie ein ums andere Mal schnell wieder ein.
Das spornte auch die Männer vom Kamera-Team an - sie zogen Wathosen an und gingen mit ihrer 50.000 Euro teuren Filmausrüstung ebenfalls ins Nass, filmten Angeln hautnah. Das war nicht ungefährlich, denn ein hastiger Schritt hätte schnell zum Sturz (und zur desaströsen Notwasserung der Kamera) führen können. Respekt also! Schade: Die Herren konnten keinen Angelerfolg mehr ablichten - obwohl es insgesamt vier Fischkontakte gegeben hatte. Leider wollte keiner von den Verursachern ernsthaft Streit mit uns anfangen.
Wir fischten bis kurz nach Sonnenuntergang. Ich würde wohl heute noch im Wasser stehen. Ich orientierte mich nämlich an einem - wie ich fand - sturen Nachbarangler, den ich im Augenwinkel noch zu sehen glaubte. Der bewegte sich stundenlang um keinen Zentimeter! Irgendwann sah ich ein, dass er auf jeden Fall entschieden mehr Geduld haben würde als ich - für einen ausgewachsenen Stein sind zehntausend Jahre ein Klacks! Also ging ich auch aus dem Wasser - als Letzter, wie ich feststellen musste. 
In unserer gemeinsamen Unterkunft am Abend wurden nicht nur Spaghetti heiß gemacht, sondern auch wir Angler: mit einer Bilderschau die tolle Fische und glückliche Angler zeigte. Die Nacht sollte lang werden, aber schon um 7 Uhr früh wollten wir wieder am Wasser sein. Etwas später waren wir dort - diesmal an der Westküste. Es war noch ein bisschen kälter geworden, und die Müdigkeit steckte mir noch in den Knochen.
Nach rund zweieinhalb Stunden hatte ich die Nase voll: Während sich noch am Vortag eine Art Trance einstellte, als sich der Rhythmus aus Auswerfen und bewusster Köderführung beim Einholen ergab, so ärgerte ich mich heute früh nur herum: Immer wieder hing Kraut im Küstenwobbler, ganz egal, ob ich ihn schnell oder langsam durchs Wasser zog. Außerdem waren die Finger meiner Wurfhand blasig geworden. taten viehisch weh. Ich wusste nicht mehr, wie ich noch werfen sollte. Ich empfand das alles als so hochgradig sinnlos: Wieso sollte ich hier Kraut mit meiner Angeln sammeln? Wieso, wenn ich doch weiß, dass dann nichts drauf beißt!
Jörg riet zur Pause, nötigte mir Kaffee, Brote und Süßes aus der wohlgefüllten Lunch-Box auf. Nach einer halben Stunde war ich wieder "heiß"
und marschierte los.
Den ganzen Tag lang versuchte ich wechselnde Plätze und schnell hatte ich es wieder: Das Gefühl, dass alles, aber wirklich alles völlig in Ordnung ist und gar nicht besser sein könnte. Bis zum Bauchnabel, sozusagen in Augenhöhe mit dem Fisch - die unverhofft wärmende Novembersonne von der Seite und der beständige Rhythmus aus Auswerfen und Einholen.
Irgendwann zogen wieder einige Wolken, die nichts besseres vorhatten, vor die langsam untergehende Sonne. Da ruckte es in meiner Rute!
Ein Anschlag war nicht mehr nötig, um langsam kurbelte ich den Fisch heran, der sich mit seinen Möglichkeiten wehrte. Jörg stand neben mir, und rief: "Ganz ruhig! Ich helfe beim Keschern!" Dann sprang sie. Groß war sie nicht - aber mit ihrem gleißend-silberhellen Schuppenkleid eine für mich perfekte Schönheit (abgesehen von meiner Süßen natürlich!). Nach ein paar Sekunden lag sie dann im Kescher! Das war sie also, meine erste Meerforelle! Und obwohl sie zu klein zum Mitnehmen war: Dafür hat sich jeder der mindestens 1000 Würfe gelohnt. Dieser Fisch verdient die Mühe, die man sich mit ihm machen muss.
Sofort setzten wir nach, und es wurden noch zwei weitere, etwa gleichgroße Meerforellen gefangen. Nach insgesamt zehn Minuten war jedoch alles vorbei. Die Sonne war nun ganz unter den Horizont gerutscht. Auch die Wolken gingen nun anderswo ihren Geschäften nach. Wir packten zusammen - nach einem trotz der wenigen gefangenen Fische unvergesslichen und in jeder Hinsicht perfekten Angelwochenende.
Grüße,
Michael