Angelfischer und die IBKF diskutierten über die Fischerei am Bodensee

Anglerin am Bodensee. Dieses internationale Gewässer steht fischereilich gesehen vor besonderen Herausforderungen. © Olaf Lindner

Am Donnerstag den 28.01.2016 trafen sich – unter reger internationaler Beteiligung – die in der IABS (Internationale Arbeitsgemeinschaft der Bodensee Angelfischervereine) organisierten Angelfischer rund um den Bodensee mit dem Rat der Sachverständigen der IBKF (Internationale Bevollmächtigten Konferenz für die Bodenseefischerei) im Landesfischereizentrum Vorarlberg in Hard.

Anglerin am Bodensee. Dieses internationale Gewässer steht fischereilich gesehen vor besonderen Herausforderungen. © Olaf Lindner

Anglerin am Bodensee. Dieses internationale Gewässer steht fischereilich gesehen vor besonderen Herausforderungen.
© Olaf Lindner

Die IBKF ist das internationale Gremium für die Angelegenheiten der Bodenseefischerei. Mitte dieses Jahres hat Österreich den Vorsitz in der IBKF für drei Jahre von Bayern übernommen. Die Zusammenarbeit Baden-Württembergs, Bayerns, Liechtensteins, Österreichs und der Schweiz in der IBKF dient zur Festlegung gleichartiger Regelungen zur Ausübung der Angel- und Berufsfischerei auf der Grundlage gemeinsamer Bewirtschaftungsgrundsätze und Beschlüsse. Es war nach übereinstimmender Meinung ein Austausch in angenehmer Atmosphäre, wobei in der Sache kontrovers, aber durchwegs sachlich argumentiert wurde.

Die Angelfischer bewerten den Rückgang der Nährstoffe im Bodensee nicht so kritisch wie die Berufsfischer

Der Nährstoffrückgang im Bodensee war unter allen Beteiligten unbestritten der hauptsächliche Grund, warum die Fische (insbesondere die Felchen) im Bodensee nicht mehr so groß werden wie früher. Phosphor ist der limitierende Faktor für die pflanzliche Primärproduktion und in der Folge für die Nahrungskette. So ist es naheliegend über eine Erhöhung der Phosphorkonzentration das Größenwachstum der Fische im Sinne der Fischerei „positiv“ zu beeinflussen.
Gegenüber den Forderungen seitens der Berufsfischer für eine allgemeine Erhöhung der Nährstoffkonzentration im Bodensee haben sich die Angelfischer in der Vergangenheit neutral verhalten.
Aus Sicht der Angelfischer bleibt es schwer vorherzusagen, wie sich eine Erhöhung der Nährstoffe auf die Fischbestände und das Gesamtsystem auswirkt. Dazu reagiert der Bodensee durch seine Größe auf Veränderungen sehr träge. Gebietsfremde Arten (Neozoen), Klimawandel, gebundene Nährstoffe auf dem Seegrund und zahlreiche weitere Faktoren haben den Bodensee grundlegend verändert. Dazu entspricht der heutige Phosphorwert in etwa der Situation in der Mitte des letzten Jahrhunderts (4 – 6 µg/l um 1930).

Intensive Netzbefischung

Sorge äußerten die Angelfischer vor allem über die intensive Netzfischerei und verschiedene Ausnahmeregelungen am Bodensee. „Maximaler nachhaltiger Ertrag“ lautet das Ziel der fischereilichen Bewirtschaftung auch für den Bodensee-Obersee. Die Fischbestände werden jedes Jahr durch Versuchsfischerei so gut es geht nach Anzahl, Wachstum und Altersstruktur bestimmt. Auf Grundlage der Ergebnisse aus der Versuchsfischerei werden die Maschenweiten und die Anzahl der Netze festgesetzt. Damit wird sichergestellt, dass z.B. die Felchen sich mindestens einmal im Leben fortpflanzen können. Im Unterschied zur marinen Fischerei werden am Bodensee keine Fangkontingente festgelegt, sondern der Fang eben primär anhand der erlaubten Maschenweiten der eingesetzten Netze gesteuert. Bei den Blaufelchen wird durch die Berufsfischerei jedes Jahr ein großer Teil der fangfähigen Fische als Ertrag abgeschöpft. Die meisten Felchen werden nach Erreichen des Schonmaßes von 30 cm im Mittel mit 270 g im Alter von 3+ und 4+ Jahren entnommen. Spätestens im 7. Lebensjahr (6+) ist ein Jahrgang zur Gänze ausgefischt. Die Fangzeit reicht von 10. Januar bis zum 15. Oktober. Dazu kommen Ausnahmeregelungen für den Laichfischfang und die so genannte Weihnachtsfischerei während der Laichzeit der Felchen. Der Laichfischfang dient in erster Linie der Gewinnung von möglichst viel und qualitativ gutem Eimaterial und nicht dem Fischfang. Die anschließende Weihnachtsfischerei wird daher auch innerhalb der IBKF durchaus kritisch bewertet. Die Vertreter der IBKF führten aus, dass ein mehrjähriges Untersuchungsprogramm die Effektivität des Felchenbesatzes rund um den Bodensee unter den veränderten Rahmenbedingungen klären soll. Maschenweite und Mindestmaß für Angelfischer Die Maschenweiten der Netzfischerei wurde in den letzten Jahren an das verlangsamte Größenwachstum angepasst: wurden zur Zeit der Eutrophierung ausschließlich mit 44er Maschen gefischt, kommen heute – abhängig von der Jahreszeit – vor allem 38 und 40 mm Maschen zum Einsatz. Dies entspricht den Maschenweiten, die vor hundert Jahren im Einsatz waren. Mittlerweile verfangen sich wieder Felchen ab einer Größe von 30 cm in den Kiemennetzen der Berufsfischer. Für die Angelfischer beträgt das Mindestmaß für Felchen ebenfalls 30 cm. Dieser Umstand spiegelt sich aus Sicht der Angelfischer auch in der Fangstatistik 2014 mit einem überdurchschnittlichen Rückgang bei den Felchenfängen durch Angelfischer um -58,3% wider. -allerdings auf niedrigem Niveau: am Bodensee-Obersee wird von den Angelfischern nur in vergleichsweise geringem Umfang auf Felchen gefischt. Der Felchen macht nur rund 12 % des Gesamtertrages der Angelfischer aus, während er der „Brotfisch“ der Berufsfischerei am See ist. So haben 12.640 Angelfischer nur rund 1,7 % vom Gesamtertrag der Felchen am Bodensee-Obersee gefangen (301,7 t Berufsfischer gegenüber 5 t Angelfischer). Wenn man ein Durchschnittsgewicht von 300 g pro Felchen annimmt, wurden 2014 von jedem Angelfischer am Bodensee-Obersee im Schnitt nur 4 Felchen pro Jahr entnommen. Die Angelfischer haben sich dafür ausgesprochen, das jeweils geltende Mindestmaß für Felchen am Bodensee-Obersee unterhalb der Fischgröße anzusetzen, welche in der kleinsten Maschenweite der Netze der Berufsfischer gefangen wird.

Selektion auf Kleinwüchsigkeit

Die Befischung mit Netzen einer festgelegten Maschenweite begünstigt kleinwüchsige Fische in ihrem Fortpflanzungserfolg. Langfristig findet so eine künstliche Selektion auf Kleinwüchsigkeit statt. Eine Studie (Prof. Eckmann, Universität Konstanz) führt das geringere Wachstum der Blaufelchen am Bodensee-Obersee neben dem Nährstoffrückgang auch auf diesen langfristigen Selektionsprozess durch intensive Netzbefischung zurück. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass u.a. auch deshalb bisher beim Laichfischfang zusätzlich immer die größeren Maschenweiten bis 44 mm zum Einsatz kamen. Die Vertreter der IBKF haben noch einmal bekräftigt, das zentrale Element der Nachhaltigkeit bei der Bewirtschaftung am Bodensee weiterhin zu verfolgen, und den Einfluss einer möglichen Selektion auf Kleinwüchsigkeit in der Zukunft weiter zu beachten.

Schonzeit und Schonmaß für den Hecht

 Vor über 15 Jahren wurde am Bodensee-Obersee die Schonzeit und das Schonmaß für den Hecht abgeschafft. Zudem wurde der Hechtbesatz völlig eingestellt. Ziel der Maßnahme war die Eindämmung des Hechtbandwurmes. Ob die Maßnahme ihre erhoffte Wirkung erzielt hat, blieb in der Diskussion umstritten. Trotzdem wurde die Regelung bis heute beibehalten. Die Angelfischer fürchten um das Ansehen in der öffentlichen Meinung und befürchten durch die gezielte Befischung der Hechte während der Laichzeit einen Sekundärschaden für andere Fischarten beim Laichgeschäft (z.B. dem Zander). Die Sachverständigen der IBKF sehen dagegen weiterhin den negativen Einfluss eines starken Hechtbestandes auf die Verbreitung von Parasiten als Endwirt. Zudem zeigt die Fangstatistik in den Jahren seit 2007 einen kontinuierlichen Anstieg des Hechtertrages – und dies ganz ohne Schonbestimmungen und Besatz. Erklärt wird dies durch die veränderten Lebensraumbedingungen – insbesondere die Entwicklung der Unterwasserpflanzen, die dem Hecht entgegenkommt. Die Sachverständigen sehen nach eigenem Bekunden in dieser Frage derzeit keinen Handlungsbedarf.

Übergreifendes Kormoranmanagement

Einig war man sich über die Notwendigkeit eines bodenseeweiten Kormoranmanagements mit Einbezug des Hinterlandes. Nur ein gemeinsames Management angepasst an den Aktivitätsradius dieser Vogelart kann nach übereinstimmender Meinung die Abwendung der fischereiwirtschaftlichen Schäden unter Berücksichtigung des Schutzbedarfes der Kormorane in Einklang bringen. Zum Abschluss wurde noch einmal der dringende Wunsch geäußert, dass die Vertretung der 13.000 Angelfischer in Zukunft gleichberechtigt mit den Berufsfischern an den Entscheidungsprozessen der IBKF beteiligt wird. Diesbezüglich wurde auf die Geschäftsordnung verwiesen, wonach der Ansprechpartner für die IBKF die gemeinsame Interessenvertretung der gesamten Fischerei am Bodensee-Obersee, der Internationale Bodenseefischereiverband (IBF), ist.

 Kontakt: Vorsitzender IABS: Karl Geyer, [email protected] Tel: 07544 / 8660

PM

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